Kapitel 49

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Mein Bruder stand hinter mir. Zu nervös, um die Tür zu öffnen und ich nicht bereit, weil ich ihn nicht übergehen wollte. So gern ich die Frau hinter dieser Tür auch zur Rede stellen wollte.
Seine Hände waren geballt an seinen Seiten, sodass ich nach ihnen griff und diese löste.
>>So viele Jahre Aelia. So viele Jahre hatte man uns im Glauben gelassen sie wäre tot und im Endeffekt kann ich ich nicht einmal wütend auf Vater sein, weil er uns letztendlich nur schützen wollte.<<
Er sah mich an, wie das Kind, das er einst war und zog mich abrupt in eine Umarmung. >>Egal was du dort entscheidest über sie. Denk keinen einzigen Moment daran, was ich will. Vertraue nicht auf mich, denn ich weiß nicht ob ich gerecht sein kann.<<
Ich nickte an seine Brust. >>In Ordnung.<< hauchte ich, bevor er mich los ließ und selbst nach der Türklinge griff. Blaise öffnete die Tür, woraufhin und augenblicklich zwei leuchtend bernsteinfarbene Augen ansahen, die etwas trüber wirkten, im Gegensatz zu meinen.

Sie lächelte nicht. Sie war wütend. Ihre Hände schienen noch immer zu versuchen die Fesseln zu lösen und ihr ganzes Gesicht triefte vor Zorn.
>>Ihr werdet diese Welt zugrunde richten, wegen eurer Menschlichkeit.<< knurrte sie, bevor sie ein weiteres mal stärker an den Fesseln rüttelte und es schließlich aufgab.
>>Nicht wir waren diejenigen, die all diese Vampire erschaffen haben.<< erwiderte ich trocken, bevor ich mir einen Stuhl heranzog und diesen genau vor ihr platzierte.
Blaise stand weiter hinter mir und sah ausdruckslos zu unserer Mutter.

>>Dann erzähl doch einmal Mutter. Warum sollten wir dich losbinden und warum sollte ich wie ursprünglich mit dir kommen?<<
>>Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich jetzt noch ein Wort verliere? Du wirst niemals zulassen, dass ich einen Fuß hier raus setze.<<
Ich lehnte mich in meinem Stuhl zurück.
>>Dann sag mir wenigstens warum. Du warst da. Ich kann mich erinnern. Deine Augen waren braun wie meine und du schienst glücklich. Sag, warum bist du gegangen. Warum hat Vater uns belogen. Warum das alles?<<
Unsere Mutter sah zu Blaise und das erste mal schien ein Funke von Sanftheit darin zu schwingen, der bei mir nicht aufkam.
Überraschenderweise begann sie tatsächlich zu reden, auch wenn es nicht die Informationen waren, die wir wirklich brauchten.

>>Ich wollte etwas bewirken. Ich wollte ihnen ihre Macht nehmen. All diesen Männern, die glaubten mächtiger zu sein, als Frauen. Ich wollte all jenen die Macht nehmen, die über mich entschieden haben und dann habe ich endlich die Lösung gefunden, aber ich war mit dir Schwanger.<< sagte sie mit einem Ton, der Gift geglichen hätte. >>Du hast so viel von dem genommen, was mir bestimmt war und dann hat er dich versteckt. Mir dir weggenommen, damit ich dein Gehirn nicht rausreißen und die Ursache dafür finden konnte. Im Nachhinein war es besser so, denn ich habe nach jahrelanger Forschung herausfinden können, dass du noch nicht vollendet warst. Esther hat dir Monatelang Tabletten in dein Essen gemischt, bis es endlich soweit war.<< lächelte sie stolz. Der Verrat von Esther saß noch immer tief und das schien meine Mutter zu wissen.

>>Dann hast du nicht vor die Welt zu retten. Du willst nur die Macht, die diese Position inne hätte. Du bist nicht mehr als all diese Männer, die du so abgrundtief hasst.<<

>>Ich bin die einzige Lösung. Wegen mir bist du das was du heute bist. Du bist mir zu dank verpflichtet und das mindeste was du tun kannst ist mir zu geben, was mir bestimmt war. Ich habe dich zu nichts mehr toleriert.<< fauchte sie.
Unbeeindruckt stand ich von meinem Stuhl auf.
>>Ich schulde einer machthungrigen und widerwärtigen Frau, wie du es bist, gar nichts. Mir ist deine Welt egal, die du zugrunde gerichtet hast und mir ist egal, was du zu sagen hast. Denn es wird nur auf eines hinauslaufen. In wenigen Minuten wirst du nicht mehr sein, als verwesender Körper, der in Vergessenheit gerät, während deine Kinder leben werden. Sie werden hier leben, fernab von deiner Welt und wir werden keinen Finger krümmen. Denn ich bin fertig. Wir alle sind fertig mit dem, was ihr uns angetan habt. Ihr verdient uns nicht.<<

Ich kehrte ihr meinen Rücken zu und ignorierte all die hässlichen Worte, die sie mir an den Kopf warf. Mein Bruder verharrte noch einen Moment, bevor auch er an meine Seite trat. Ich schloss die Zelle zu und drückte den Schalter, den Ascher mir gezeigt hatte. Im nächsten Moment traten drei dieser Viecher in den Raum.
Die Schreie meiner Mutter waren das letzte was wir hörten, bevor das Licht erlosch und uns ein Gurgeln den Gang verfolgte.
>>Es war das Richtige.<< hörte ich meinen Bruder brüchig sagen. Als ich ihn umarmte brach der Damm in ihm und er begann zu weinen und drückte mich dabei fest an sich. Für diesen einen Moment ließ er all die Gefühle heraus und ich schwieg. Tröstete das Kind, dass eine grausame Wahrheit erfahren hatte. Tröstete meinen Bruder und verspürte selbst keine Trauer. Die einzige Traurigkeit galt ihm und seinen Tränen. Die einzige Traurigkeit galt seinem Verlust.

KhaosWo Geschichten leben. Entdecke jetzt