Kapitel 8

35 8 2
                                    

Einen Tag später tauchte der Junge erneut auf. Diesmal kam er mit einem ganzen Korb voller Fische, wie ich schon von weitem riechen konnte. Mir lief das Wasser im Maul zusammen. Hmmm, das riecht super, ein Frühstück kommt gerade Richtig. Der Junge schleppte den Korb ans Ufer des Sees und rief „Hallo Ohnezahn!" Ohnezahn? Soll das jetzt mein neuer Name werden oder was? fragte ich mich. Naja, neues Leben, neue Freunde... warum dann nicht auch ein neuer Name?  „Ich hab dir Frühstück mitgebracht." Oh, den Jungen hatte ich fast vergessen. Er kickte den Korb mit seinem Fuß um, so dass die Fische herausfielen. Begeistert begann ich, sie zu verschlingen, während der Junge hinter mir verschwand. Doch plötzlich zuckte ich zurück. Aal! Mein Instinkt schrie mich an abzuhauen, während mein neuer Freund vorsichtig näher kam und den Aal hochhob. Ich wich noch weiter zurück, woraufhin er den Aal beiseite warf. Als ich erkannte, dass die Gefahr vorbei war, begann ich erneut zu fressen und achtete nicht weiter auf den Jungen. Auf einmal spürte ich jedoch etwas an meinem Schwanzende. Das kann nicht sein. Oder doch...? Langsam breitete ich meine Flügel aus. Da war sie, meine Chance endlich aus diesem Krater zu kommen! Schwungvoll stieß ich mich vom Boden ab und schoss in den Himmel. Ja, ja, ich hatte recht! Der Junge hatte ein neues Schwanzruder an meinem Schwanz befestigt! Apropos, ich spürte, wie er sich mit aller Kraft festhielt, um nicht herunterzufallen. Zeit meinen blinden Passagier loszuwerden grinste ich, ehe ich ihn mit einem Schwung meines Schwanzes von mir herunter schleuderte. Doch ich musste schnell feststellen, dass sich das Schwanzruder immer wieder zusammenfaltete und ich verlor zusehends an Höhe. Sekunden später stürzten der Junge und ich in den See. „Juhu!", hörte ich ihn rufen.

In den nächsten Tagen besuchte er mich oft. Er erzählte mir viel über sich und ich erfuhr bald, dass sein Name Hicks war, er im Dorf lebte und offenbar viel von den anderen Wikingern geärgert wurde, da er nicht der typische „Drachentöter" war. Ich wünschte, ich hätte ihm sagen können, dass ich ihn super fand, genau so wie er war. Bald hatte er sein Schwanzruder-Modell verbessert und nun einen Sattel für mich angefertigt, der mit dem Schwanzruder verbunden war, so dass Hicks es vom Sattel aus steuern konnte. Unsere ersten Flüge waren jedoch nicht sehr erfolgreich und Hicks veränderte noch einige Dinge am Sattel und am Schwanzruder. Einmal nahm er mich sogar mit ins Dorf, um dort etwas anzupassen. Fast wären wir von einem jungen Wikingermädchen erwischt worden, aber wir konnten gerade so noch entkommen.

Hicks kam nun jeden Tag vorbei, um nach mir zu sehen. Vormittags war er im Dorf und tat was-auch-immer und Nachmittags spielten wir dann zusammen oder flogen eine Runde. Leider konnte ich alleine nicht fliegen, es ging nur, wenn Hicks mein Schwanzruder steuerte, aber das machte mir nicht viel aus. Es machte sowieso mehr Spaß, wenn man zusammen flog. Mittlerweile hatte ich mich an meinen neuen Namen gewöhnt. Ohnezahn und Hicks. Das passte irgendwie zusammen.

Der letzte Nachtschatten - pausiertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt