viii.

200 17 2
                                    

Dass ich in Khat verliebt bin, hat irgendwie immer dazu gehört, und meistens hat es mich nicht sonderlich gestört. Es fühlte sich nie wie etwas Schlimmes an, eher ganz natürlich, ganz selbstverständlich. Wie könnte ich nicht in sie verliebt sein? 

Ich hatte nie das Bedürfnis, diese Gefühle zu unterdrücken oder loszuwerden. Ich hatte auch nie das Bedürfnis, etwas an unserer Freundschaft zu ändern. Klar, habe ich mir ab und zu vorgestellt, sie zu küssen. Aber es hat mich nicht so sehr beschäftigt.

Jetzt ist das anders, und ich weiß nicht genau, warum, aber ich bekomme den Gedanken nicht mehr aus dem Kopf, ihr näher sein zu wollen. Gleichzeitig fühle ich mich die ganze Zeit, als hätte ich etwas Schlimmes gemacht, als wäre ich schuld an irgendetwas – woran genau weiß ich selbst nicht. Ich habe das Gefühl, dass die Art, wie ich über Khat denke, unsere Freundschaft gefährdet. Dass ich uns beiden, ohne es zu wollen, etwas Schlimmes antue.

In den kommenden Tagen gelingt es mir einigermaßen, mich abzulenken. Aber nachts liege ich wach und das Verlangen, ihr näher zu kommen, überkommt mich. Die Vorstellung brennt sich in mein Gehirn und am nächsten Tag fühle ich mich schuldig. Je mehr ich versuche, meine Gefühle zu unterdrücken, desto lauter werden sie. Und ich weiß nicht, was ich tun soll.

Am kommenden Freitag gehen wir auf eine kleine Geburtstagsfeier eines Freundes von Finn. Früher waren Khat und ich die zwei, die niemanden kannten, aber mittlerweile hat sie oft genug mit ihnen rumgehangen, um alle Namen zu kennen. Jetzt werde bloß ich gefragt, wer ich bin, und wenn ich keine Energie mehr für soziale Interaktion habe, antwortet Khat für mich. 

Ich stehe hinter ihr, während sie eine Person nach der anderen begrüßt, und vielleicht würde ich mich komisch fühlen, wenn sie nicht meine Hand halten würde, seit der Sekunde, an der wir angekommen sind, und sie immer wieder drücken würde, wie um zu sagen: Ich bin noch bei dir, auch wenn es gerade nicht so aussieht.

„Sorry Jonas, ich hab mega Hunger, Fia und ich würden mal kurz in die Küche gehen, ja?", unterbricht sie einen Kerl, der ihr gerade das Konzept der Wohnzimmer-Deko erklären wollte. Vielleicht wird sie in solchen Momenten von anderen als unhöflich wahrgenommen, vielleicht ist sie auch wirklich unhöflich, aber ich kann mir ein Grinsen nicht verkneifen, als sie mich in die Küche zieht und mir einen Blick zuwirft, der mir sofort das Gefühl gibt, dass sie immer lieber mit mir allein wäre, als irgendwelchen Jonassen zuzuhören.

Wir stellen unsere aufgebackenen Tiefkühl-Brezeln auf den Buffettisch und machen uns über das deutlich aufwändigere Essen her, das die anderen mitgebracht haben.

„Was willst du trinken?", fragt sie und ich werfe einen Blick auf die verschiedenen Alkoholsorten, mit denen ich nicht sonderlich viel Erfahrungen gemacht habe.

Ich zucke mit den Schultern. „Ich weiß nicht, was gut ist."

„Ich auch nicht. Wir können einfach verschiedene Sachen ausprobieren?"

Etwa eine Stunde später wird uns klar, dass verschiedenen Hartalkohol durcheinander trinken nicht unsere beste Idee war. Ich habe nicht nur meine motorischen Fähigkeiten verloren (was ich spätestens dann unter Beweis stelle, als ich eine der Kerzen umwerfe und beinahe einen Hausbrand verursache), sondern merke auch, wie sich meine Zunge löst. Der Filter, mit dem ich normalerweise beim Sprechen bestimme, was ich sage und was nicht, ist plötzlich winzig klein, und wenn es Khat nicht genauso gehen würde, wäre es mir peinlich.

Statt uns mit irgendjemandem zu unterhalten, bleiben wir zu zweit in der Küche und schenken einander unsere ungeteilte Aufmerksamkeit. Selbst als Finn uns findet, und sich zu uns stellt, sieht Khat fast die ganze Zeit über nur mich an und ich merke, dass ich das mag, so sehr, dass ich nicht weiß, wie ich es aushalten soll, wenn es irgendwann nicht mehr so ist.

Khat (girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt