Sechs

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„Diese verdammten..", Iwaizumi's Knurren war beängstigend und ließ dich endlich wieder aufsehen. Ohne weiter darüber nachzudenken, hatte er sich neben dich auf die kalten Fliesen gesetzt und deiner Erzählung gelauscht. Dass er ganz und gar nicht begeistert war, hätte dir von Anfang an bewusst sein dürfen.

Du legtest deine Hand auf die geballte Faust deines Sitznachbarn und schon stockte er in seiner Bewegung und vor allem in seiner Rage.

„Bitte sag Tōru nichts..", es war nur ein Wispern, doch verstanden hatte er es trotzdem. Eine Furche bildete sich auf seiner Stirn und ungläubig sah er dich an.

„Wieso nicht, immerh-"

„Bitte Iwaizumi.. ich bitte dich, sag es ihm nicht..", du flehtest ihn regelrecht an und auch wenn es unangebracht war, färbten sich die Wangen des Asses in ein tiefes Rot.

Auch wenn er sauer auf seinen Freund war, da er dich offensichtlich in diese Sache reingeritten hatte, erweichte sein Blick.. sobald er auf dich herabsah.

„Du willst nicht, dass er sich Sorgen macht, hm?"

Du nickst leicht.

Er lehnte sich zurück und seufzte laut hörbar.

„Auch wenn du nach außen oft das Gegenteil zeigen willst, hast du den Volltrottel ziemlich gern, nicht wahr?", ein kleines Schmunzeln schlich sich auf seine Lippen. Das war ihm sofort aufgefallen. Vor allem vor anderen, hieltst du deine Sympathie dem Setter gegenüber diskret. Was wohl hauptsächlich daran lag, dass du dessen Ego nicht weiter pushen wolltest.

Verwundert sahst du deinen Senpai an, doch auch deine Mundwinkel zuckten kurz nach oben, ehe du den Blick wieder auf deine sich knetenden Hände richtetest.

„Da haben wir wohl was gemeinsam, nicht?", grinst du leicht in dich hinein und brachtest deinen Nebenmann zum Glucksen.

Doch deine Gesichtszüge wurden schnell durch Traurigkeit ersetzt und brachten Iwaizumi dazu, so etwas wie Sorge zu empfinden. Und das auch noch für jemanden, den er kaum kannte..

Irgendwas an dir, schien seinen Beschützerinstinkt zu wecken.

„Weißt du.. er ist der einzige der mich wirklich versteht..", du lehntest dich mit dem Kopf an die Fliesenwand hinter dir und schlosst bedacht deine Augen.

„Jeder denkt, dass es toll sein muss junge Eltern zu haben.. ja, es hat seine Vor- und Nachteile.. doch manchmal hatte ich das Gefühl, dass Okāsan das Ganze nicht wollte.."

„Was wollte?", irritiert sah dich Iwaizumi an und versuchte jede Regung deinerseits wahrzunehmen, da ihm der Blick in deine Seelenspiegel verwehrt wurde.

„Mich", hauchtest du und darin schwang so viel Schmerz mit, dass es Iwaizumi eine Gänsehaut verpasste. Er war schockiert und bedrückt zugleich. Er kannte deine Mutter und hatte ihr so einen Charakterzug gar nicht zugetraut.

„W-Wie kommst du darauf?", fragte er dich immer noch benommen und wirkte nicht so gefasst, wie er es zu versuchen meinte.


Rückblende:

„Ich halte das alles nicht mehr aus!", schrie er deiner Mutter entgegen. Wie immer hieltst du dir die Ohren zu, wenn sie mal wieder stritten.

Dein Blick fiel automatisch zu dem niedlichen Geschöpf, welches sich seit einigen Monaten dein Bruder nannte.

Seit der Oberschule waren deine Eltern ein Paar, doch bis heute kanntest du die ganze Geschichte nicht. Bis jetzt-

„Schön für dich. Dann hättest du mich halt nicht schwängern dürfen!"

Diese Worte waren definitiv nicht für die Ohren eines Kindes gedacht. Doch in diesem Moment nahmen sie keine Rücksicht darauf. Und auch nicht auf die Konsequenzen, die diese Worte auslösen konnten.. oder sogar schon haben.

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„Sie.. waren damals nicht bereit für ein Kind..", dein Lächeln wirkte so distanziert und traurig.

Deine Mutter war jung, weshalb Iwaizumi auch davon ausgegangen war, dass du ebenfalls ein Kleinkind sein musstest, so wie Takeru. Er wusste auch, dass sich deine Eltern vor vielen Jahren getrennt hatten.. und nun wieder zueinander fanden. Doch die Story dahinter, war ihm nicht bekannt. Da es ihn auch nichts anging.

Dennoch wollte er dir die Sorgen nehmen. Deine Mutter wirkte nicht so, als ob sie nicht glücklich darüber war, dass du da warst. Ganz im Gegenteil. Somit wählte er seine Worte mit Bedacht aus.

„Also wenn ich sie jedes Mal mit Oikawa zusammen besucht habe, hat sie nur darüber reden können, wie sehr sie ihr kleines Mädchen vermisst", lächelte er sanft. Auch solche Aussagen brachten ihn dazu, dich für ein kleines Kind zu halten.

„Und sie hat sich wirklich gefreut, sie war so aufgeregt, dass du zurückkommst."

Du schlosst die Augen ein weiteres Mal, nur um den Tränen keine Chance zu geben. Doch diese liefen dir auch mit geschlossenen Augen, erbarmungslos die Wangen herunter. Kurz lief ein kalter Schweiß an seinen Schläfen herunter. 'Toll gemacht..', dachte er sich. Er wollte dich doch aufmuntern und nicht zum Weinen bringen. Doch dass es Freudentränen waren, würde er noch schnell merken.

„Danke.. Iwaizumi", der zarte Klang deiner Stimme, holte ihn aus den negativen Gedanken und zufrieden zuckten seine Mundwinkel.

Lässig stand er wieder auf seinen Beinen und streckte dir die Hand aus.

„Lass uns nach Hause gehen, Tōkitō!"

Während du es dir auf Iwaizumi's Rücken bequem machtest, schien es dem Ass nicht so leicht zu fallen, dich so nah bei sich zu haben. Auch wenn es seine Idee war, dich Huckepack zu nehmen.. brachte ihn dein Duft, der ihm in die Nase stieg, beinahe um den Verstand.

Dann schmiegtest du dich auch noch in seine Halsbeuge.. Er hoffte wohlbehalten bei dir anzukommen und nicht unterwegs den Tod zu finden.

Du hingegen bekamst von seiner Gefühlsregung nichts mit, denn du schlummertest bereits im tiefsten Traumland.

Blue Castle - Iwaizumi x OC/ReaderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt