Kapitel 5

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Nach dem Matheunterricht und dem darauffolgenden Deutsch-Leistungskurs, von dem mein Kopf vor lauter Rauchen beinahe in die Luft gegangen wäre, war es endlich Zeit für die Mittagspause. Die Schüler aus der Mittelstufe, die entweder zuhause nichts zu essen bekamen, oder beinahe verhungerten, gingen in die große Aula, in der es immer etwas Frisches zu essen gab. Allein vom Geruch her wusste ich, dass ich lieber verhungern würde, als diesen Essen auch nur anzurühren. Es war zwar warm, aber laut Freunden war es die reinste Zumutung. Außerdem war es viel zu teuer für Mittelstufenschüler, als dass diese das alleine bezahlen konnten. Aber zum Glück fiel ich nicht mehr unter diesen Menschen und war alt genug, Geld zu verdienen (auch wenn heutzutage die wenigsten verstehen, wie man mit Social Media Geld machte) und ich war in der Lage, mir selbst etwas zu kochen.

Jana und ich saßen zum Glück weit entfernt vom Eingang der Aula, weshalb ich heute diesen Geruch nicht ertragen musste. Wir hatten uns auf einer Holzbank niedergelassen, sie aß ihren frischen Salat, den sie sich fast jeden Tag früh am Morgen zubereitete, und ich schaute mich auf dem Schulhof um, in der Hoffnung, irgendetwas Spannendes mitzubekommen. Die meisten meiner Mitschüler spielten in der Pause Fußball oder unterhielten sich miteinander. Andere gingen zum Kiosk eine Straße weiter und dann gab es noch die Fleißigen aus meinem Jahrgang, die sich auf den bevorstehenden Unterricht vorbereiteten oder ihre Hausaufgabe beendeten. Ich gehörte normalerweise zu keinen dieser Gruppen. Auch wenn ich manchmal mit meinen Freunden auf den Fußballplatz ging, obwohl ich Fußball nicht besonders mochte (ja, kein Scheiß, so etwas gibt es heutzutage auch) oder mich unterhielt, liebte ich es, einfach nur dazusitzen, meist in der Anwesenheit meiner besten Freundin, die gerade lautstark ihre Salatbox geöffnet hatte, und beobachtete. Irgendwie war es mir wichtig, über alles und jeden informiert zu sein, denn wie hieß es so schön? Wissen ist Macht. Ziemlich viele denken heutzutage, dass solche Sprüche nur von Erwachsenen kommen oder dass sie veraltet sind, aber je älter man wird, desto klarer wird einem, wie wahr alle diese Weisheiten doch sind. (Also urteile nicht zu schnell über die Meinungen von Erwachsenen, sondern lass dir das mal durch den Kopf gehen, glaube mir, ich spreche aus Erfahrung)

»Schmeckts?«, fragte ich Jana, die mich wie ein erschrockener Esel anschaute, den Mund voller Eisbergsalat.

»Mhm«, antwortete sie und musste lachen, wodurch sie sich beinahe verschluckte. Sie trank einen Schluck Wasser nach und wischte sich den Mund mit einem Taschentuch ab. »Und, was Interessantes gesehen?«

Ich wollte gerade den Kopf schütteln, da fiel mir etwas ins Auge. Wobei, eigentlich war es jemand. Ein paar Bänke weiter hatte sich Alexandra Stoben niedergelassen. Ganz allein saß sie da, mit Airpods in den Ohren und einem Kugelschreiber in der Hand. Ein wenig tat sie mir leid, aber nicht so sehr, dass ich mich zu ihr setzen würde. Auch Jana hatte sie bemerkt und starrte auffällig in ihre Richtung. Mit meinem Zeigefinger drückte ich gegen ihr Kinn und drehte ihren Kopf somit in eine andere Richtung.

»Schon verrückt, dass sie auf der Party von Carlo war«, murmelte sie. »Als wären sie zwei verschiedene Personen. Die eine völlig aufgedreht und eine Tanzmaus, die andere eine Streberin, die nicht genug von guten Noten und vom Lob der Lehrer bekommen kann.«

Tatsächlich fand ich Menschen wie Alexandra Stoben interessant. Jetzt nicht so interessant, wie man vielleicht in einem Liebesroman erwartet, sondern interessant, weil ich eigentlich jeden Menschen in unserem Jahrgang genaustens kannte und ich nichts über sie wusste. Alles, was ich über sie wusste, war, dass sie die Tochter des Schuldirektors war, in jedem Fach, selbst in Sport, eine Einser-Kandidatin war, und nicht viele Freunde hatte. Über ihre Freundin wusste ich allerdings mehr. Ihre beste Freundin, jedenfalls glaubte ich das, weil sie viel Zeit miteinander in der Schule verbrachten, hieß Luisa. Luisa Knallherz (ja, ein komischer Nachname) war die Ex-Freundin von Marvin, einer meiner besten Freunde. Daher wusste ich auch viel über sie, wie zum Beispiel, dass sie gut im Bett war. Eigentlich war das eine Information, die ich selbst aus erster Hand nachweisen konnte, aber in diesem Fall gab es wohl eine Ausnahme. Mal sehen, was gab es da noch zu erzählen ...

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⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 17, 2023 ⏰

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