Kapitel 4 - Hinter der Maske

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Kyle hatte inzwischen die seidene Krawatte, Frack sowie Weste abgelegt und sein Hemd bis zum Bauchnabel geöffnet

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Kyle hatte inzwischen die seidene Krawatte, Frack sowie Weste abgelegt und sein Hemd bis zum Bauchnabel geöffnet. Die rabenschwarzen Strähnen fielen ihm über die Augen und verdeckten das sonst so klare Blau seiner Augen. Ohne den hohen Hemdkragen wurde sein schlanker Hals sichtbar, der in weichen Linien in die schmalen Schultern überging, die Crowford sonst sorgfältig unter seiner Kleidung verbarg.

Er war gerade dabei, den letzten Knopf seines Hemdes aus der Knopfleiste zu schieben. Der Sprint hatte seinen Tribut gefordert und die Luft fühlte sich auf seiner noch leicht feuchten Haut unangenehm kalt an. Eine Gänsehaut kroch unaufhaltsam über seinen Nacken, seine Arme und stellte die feinen Härchen auf, als er tief seufzte und schließlich das Hemd auseinanderzog, um den Blick auf die Verletzung zu erleichtern.

Als Kyle den Kopf hob, bemerkte er, dass Ben sich ihm zugewandt hatte und auf seinen Körper starrte. Unweigerlich glitt Kyles Blick an sich hinab; genau dorthin, worauf der Doktor seinen Blick geworfen hatte.

Aber da war nichts, außer Bandagen, die seinen Brustkorb fest umschlangen. Bandagen, die er sich jeden Morgen selbst anlegte und die eines seiner größten Geheimnisse verbargen.

'Was zum...?'

Um nichts in der Welt hätte Kyle zugegeben, dass sich sein Puls in diesem Moment beschleunigte und das Klopfen in seiner Brust zu einem donnernden Galopp wurde. Stattdessen hob er fast schon beschämt einen Arm, um sich zu bedecken und die schmalen Augenbrauen des Magiers formten einen empörten Ausdruck, bevor er sich sehr betont räusperte.

"Sie starren schon wieder. Ich dachte, das hätten wir hinter uns?"

Benjamin zuckte zusammen, als hätte man ihn gerade mit den Fingern in der Keksdose erwischt. Ertappt glitt ihm die Pinzette mit dem, in Jod getauchten Wattebausch aus den Fingern und fiel mit einem dumpfen Geräusch zwischen die Utensilien auf den Beistelltisch. Doch der Arzt fing sich schnell wieder.

"Verzeihen Sie bitte, das war äußerst ungebührlich und unprofessionell. So verhält man sich nicht..." Ben schluckte kurz, "... gegenüber einer Dame."

Das der Doktor die Wahrheit kannte; dessen waren sich beide im Stillen stets bewusst. Es war eines dieser sonderbaren Themen, die man besser unangetastet ließ. Trotz Archers fachkundigem Blick und seiner Erfahrung mit der menschlichen Anatomie hatte es ihn erstaunlich lange gebraucht, um zu bemerken, dass Kyle keinen Adamsapfel aufwies. Oder dass er sich, trotz seines Alters von Mitte zwanzig, niemals zu rasieren brauchte...

Kyle Crowfords wahrer Name war Kaylee Ashcroft – und 'er' war in Wahrheit eine junge Frau.

Offen und im wahrsten Sinne des Wortes entblößt lag ihr Geheimnis, welches sie sonst so sorgfältig unter mehreren Kleidungsschichten und Krawatten oder Halstüchern verbarg, nun direkt vor dem Doktor.

Benjamin Archer besaß ein besonderes Talent dafür, Dinge die ihm unangenehm waren, konsequent über einen längeren Zeitraum zu ignorieren. Wenn sich ein Problem jedoch so unverschleiert vor seiner Nase lag, übermannte ihn unweigerlich der Drang, das Offensichtliche anzusprechen, ganz gleich, ob es ihn etwas anging, oder nicht.

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