Kapitel 6 - Der Tutor

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England,London, Trafalgar SquareOrden der Sucher von Wahrheit und ErkenntnisSaal der Stille03

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England,
London, Trafalgar Square
Orden der Sucher von Wahrheit und Erkenntnis
Saal der Stille
03. Oktober 1899, 08:53 Uhr

Hinter einem gewaltigen Empfangstisch erwartete ein fein gekleideter Herr Kyle und Dr. Archer, als sie in die Eingangshalle zurückkehrten. Der sogenannte Chamberlain hob die Hand und zog so die Aufmerksamkeit der beiden Herren auf sich, um dann mit einer fließenden, stummen Geste seiner Hände und Gesichtszüge eine lautlose Botschaft zu übermitteln:

Seine rechte Hand mit ausgestrecktem Zeigefinger wanderte zuerst zu seiner linken Schulter, um dann mit einer geschmeidigen Bewegung queer über seinem Brustkorb zu verlaufen und rechts an seiner Hüfte zu enden. So simulierte er eine Schärpe – das Handzeichen, das unverkennbar einen Titel andeutete: "Lord".

Dann folgte ein Name, in einem stummen, aber ebenso präzisen Tanz der Finger: S, U, N, D, E, R, B, R, A, N, D, Y - jeder Buchstabe wurde zwar flink, aber so sorgfältig geformt und nacheinander präsentiert, als schreibe die Hand die Zeichen lesbar in die Luft. Als wolle er sich vergewissern, dass die beiden Sucher auch verstanden hatten, suchte der Chamberlain den Blickkontakt und fuhr erst fort, als beide zum Zeichen ihrer Zustimmung kurz mit dem Kopf genickt hatten.

Um zu zeigen, dass der Lord bereits hier war, formte der Diener dann seine Hände zu einer offenen Haltung mit leicht gespreizten Fingern und hielt sie in Brusthöhe vor sich. Die Hände bewegten sich sanft in einer wellenförmigen Bewegung auf und ab - ein ruhiges Bild des Wartens. Schließlich richtete er seinen ausgestreckten Zeigefinger auf den Besucher, um „Sie" anzusprechen, und zog mit einer leichten Bewegung seine Hand vom Kinn nach vorn, als ob er eine bereits bestehende Situation bestätigen wollte. Dann deutete der stumme Dienstbote auf den großen runden Durchgang hinter ihm, welcher in die Halle der Stille führte.

Die Botschaft war für die beiden Herren klar ersichtlich und wohlbekannt: 'Lord Sunderbrandy wartet auf sie. '

"Wenigstens sind wir diesmal pünktlich", murmelte Benjamin leise und warf seinem Partner einen Seitenblick zu.

"Wir sind fast immer pünktlich", erwiderte Kaylee, wieder so nonchalant, als wäre kurz zuvor nichts vorgefallen und als hätten sie nicht eben noch einen beinahe handfesten Disput gehabt. Kaylee bekam vom Chamberlain ihren Gehstock überreicht, welchen sie diesem vor der Mission in Verwahrung gegeben hatte, und warf dann einen beiläufigen Blick auf das Zifferblatt ihrer Taschenuhr.

Kaylee hatte sich die gängige Attitüde junger Männer angeeignet, es mit der Pünktlichkeit nicht so genau zu nehmen. Eine Eigenschaft, welche die junge Sucherin schon bei ihrer ersten Begegnung mit dem Doktor an den Tag gelegt hatte. Benjamin Archer hingegen, für den es zum guten Ton gehörte, rechtzeitig und planmäßig zu erscheinen, hörte förmlich jedes »Tick« und jedes »Tack« der geöffneten Uhr, die schnell wieder in Kaylees Westentasche verschwand.

Eigentlich stand der Arzt mit Anfang dreißig gerade in der Blüte seines Lebens. Doch seit er in Ägypten tödlich verwundet worden und auf mysteriöse Weise von den Toten zurückgekehrt war, hatte Ben ständig das Gefühl, dass ihm die Zeit durch die Finger rann wie Sand. Es war ein seltsames Ziehen in seiner Brust, fast so, als wolle etwas seine Schritte in eine bestimmte Richtung lenken. Ein beklemmender Gedanke, doch fürs Erste schüttelte er diesen ab.

Die Akte DraculaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt