Eine Freundschaft wächst

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Die ersten, kleinen Schneeflocken rieselten vor ihren Augen in den Vorgarten des Hauses, in dem sie seit vier Wochen festsaßen. Zwei davon alleine wegen ihr, da sie es nicht lassen konnte einem Hubschrauber hinterherzurennen, den sie nicht einmal sehen konnte. Nun musste sie dafür bezahlen und Tag, ein Tag aus vor diesem Fenster sitzen, um alles zu beobachten, was sich vor dem Haus abspielte.

Ihr Knöchel schmerzte zwar weiterhin bei jeder Bewegung, allerdings hatte sie sich in der Zeit so daran gewöhnt, dass sie die Zeit ohne gar nicht mehr in Erinnerung hatte. Das dumpfe Pochen war zu einem ständigen Begleiter geworden, da es so gut wie unmöglich war, den Fuß ohne Gips still zu halten. Nun, da sie von Rick die Aufgabe erhalten hatte, Ausschau nach Beißern oder anderen Gefahren zu halten, musste sie sich jeden Tag aus dem Bett schleppen. Der Weg bis zum Stuhl am Fenster war zwar nicht besonders lange, jedoch lange genug, dass ihr Knöchel protestierte.

Ihr Blick schweifte über den Vorgarten und blieb am Holzzaun hängen. Dieser zog sich komplett um das Haus herum. Bei den Nachbarhäusern waren diese bereits an vielen Stellen eingebrochen und somit nutzlos. Sie könnten dieses zumindest für den Winter sicher machen und sich im Frühling etwas Besseres suchen. Dann würde Loris Baby auf der Welt sein und sie wären freier. Doch fürs Erste müsste dieses Haus genügen.

Wie lange sie nachgrübelte und aus dem Fenster starrte, wusste sie nicht, bis jemand das Zimmer betrat. Die Brünette wandte sich um und erblickte Carol mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Irritiert sah Samantha ihre Freundin an.

„Ich hoffe, du magst Überraschungen", sagte sie und sogar ihre hellblauen Augen schienen vor Freude zu strahlten.

„Du machst mir etwas Angst", gab die Bogenschützin zu und verengte die Augen zu Schlitzen, um Carol endlich zu entlocken, warum sie sich so verhielt.

„Wir dachten, du müsstest mal wieder raus", kam es von der Kurzhaarigen, welche die Hände hinter ihrem Rücken verschränkt hatte, jedoch das breite Grinsen nicht ablegte.

Samantha rutschte auf dem Stuhl so herum, dass sie Carol direkt ansehen konnte.

„Wer ist wir? Rick wäre garantiert nicht einverstanden, wenn ich meinen Posten verlasse."

„Mit Rick ist alles geklärt", warf sie schnell ein, hielt die Brünette allerdings zurück, als sie sich von dem Holzstuhl erheben wollte.

„Warte. Du brauchst erst noch etwas."

Dann wandte sich Carol mit dem Gesicht zur Tür und rief nach Daryl. Dieser betrat sogleich den Raum.

Die Kurzhaarige trat einen Schritt zur Seite, sodass Samantha sehen konnte, was er in Händen hielt. Als sie Krücken erkannte, konnte sie ihren Augen nicht glauben. Die beiden hatten heimlich hinter ihrem Rücken Gehhilfen aufgetrieben, nur damit sie laufen konnte und nicht auf die anderen angewiesen war.

„Ihr seid ja verrückt! Ich komme mir vor, als hätte ich Geburtstag."

„Hast du?", fragte Carol gleich, nahm Daryl die Krücken ab und kam damit zu ihr.

„Nein, da seid ihr ein paar Monate zu früh", lachte Samantha und nahm die Gehhilfen entgegen.

Sofort klemmte die Brünette sie sich unter die Arme und machte sich an die ersten Gehversuche. Da sie nie Krücken gebraucht hatte, sahen die ersten Schritte recht seltsam aus, doch sie hätte genügend Zeit zum Üben.

„Das Lächeln steht dir viel besser", sagte ihre Freundin leise und sah sie mit einem zufriedenen Ausdruck an.

Die Angesprochene nickte nur und konzentrierte sich wieder auf die Krücken. Es klappte immer besser.

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