Kapitel 21

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Als wir wieder auftauchen, fällt er mir schwer die Luft wieder einzuatmen, denn die Umstellung von Wasser zu Luft lässt mich aufwürgen. Nach einem Hustanfall kann ich endlich wieder meine Sinne schärfen und bemerke dass die Sonne bereits verschwunden ist. Tyler sitzt mit den Füssen im Wasser am Rand des Beckens und beobachtet wie Keanu Spielzeuge zusammensammelt und in eine Kiste ausserhalb schmeisst. Tylers Miene verändert sich schlagartig als er mich sieht, aber er schaut mich glücklich an wie immer, denn seine Augen schimmern in einem ganz dunkelblau, fast schwarz. "Ist alles in Ordnung?" Frage ich vorsichtig, denn ich möchte nicht zu aufdringlich wirken. Er blickt weiterhin auf den Grund des Beckens und schaut mir nicht in die Augen. Was ist passiert, dass er so eine Stimmung hat? Ich mache Anstalten ihm näher zu treten, was anscheinend ein grosser Fehler war, denn er weicht aus. "Was ist nur los mit dir?" Fahre ich ihn an. "Ich..ich muss dir etwas erzählen." Was kann denn so schlimm sein, dass seine Stimmung so derartig herunterzieht? "Mein Vater arbeitet bei der Regierung und...und er gibt mir immer wieder Aufträge.." was soll dass den bedeuten? Warum erzählt er mir das? Stumm stehe ich weiterhin im Hüfttiefen Wasser und sehe Tyler zu, wie er mit sich kämpft weiter zu sprechen. "Meine Mom und weiss nichts davon, nur Jake. Ich habe den Auftrag die Forschungsarbeit deiner Eltern zu stehlen." Wie angewurzelt stehe ich da, völlig überfordert mit der ganzen Situation. Warum? Einzelne Tränen kullern mir die Wange entlang, während Tyler meine Nähe sucht. Ohne ein Wort auszusprechen steige ich aus dem Becken und spüre wie mir die Schwerkraft mein Herz schwerer macht. Wie in Trance begebe ich mich zum Ausgang in Hoffnung, dass das alles nur ein Albtraum ist. "Mia, warte!" Das ist jetzt nicht sein Ernst? Denkt er wirklich, dass alles so enden wird wie in einem Teene-film? Dass ich mich ihm um den Hals werfe und ihm verzeihe?
Er umklammert fest mein Handgelenk, sodass ich meinen Arm nicht wegziehen kann. "Mia, bitte hör mir zu." Flüstert er ganz nahe an meinem Ohr. Verdammt. Wenn er so nahe bei mir ist, kann ich nicht recht denken. "Was!" Zische ich vor Wut. "Ich.. verdammt ich liebe dich Mia!" Ich höre wie mein Herz ein zweites mal bricht und schrecke zusammen, als ich seine ernsten tiefblauen Augen sehe. Ich kann nicht mehr hier sein. Ich muss weg von hier und zwar schleunigst! Ich reisse mich von ihm los und sprinte in die Kabinen, wo sich mein Ersatz Skateboard befindet. Ich höre Tylers Fäuste auf eiserne Schränke schlagen als ich los fahre. Wieso macht ein Mensch so was? Ich verstehe die Welt nicht mehr. Ich dachte ich hätte endlich einen Menschen gefunden, der mich ehrlich Liebt und mich nicht anlügt. Wie kann ich nur so dumm sein und ihm trauen? Verdammte scheisse!!!

Endlich zuhause angekommen schmeisse ich mich auf mein Bett und merke sofort das etwas neben mir fehlt. Tyler. Auch wenn es verdammt weh tut dass er mich ausgenutzt hat, verspüre ich einen Drang ihn neben mir zu haben und seine Lippen zu schmecken und...
Ich muss mit diesen Gedanke aufhören, sonst ersticke ich noch daran!
Um einen reinen Kopf zu kriegen schnappe ich mein neues Surfboard, laufe den Strand herunter und lasse mich in die Wellen fallen. Ich spüre wie sich meine Wut und die Trauer sich von mir spülen, wie eine Reinigungs Zeremonie. So aufgewühlt war ich seit dem Tod meiner Eltern nicht mehr, seit sie von einem Hai angegriffen wurden, seit sie mich alleine liessen, seit mit bekam das meine Eltern tod sind.
Meine Tränen tropfen in den weiten Ozean und lassen meine Probleme ganz klein wirken, was mich ein wenig beruhigt.
Ich lege mich rücklings auf mein Surfboard und betrachte die leuchtenden Sterne am Himmel.
Vom Meer ausgesehen strahlen diese vielen Sonnen heller als aus meinem warmen Zimmer aus. Langsam spüre ich meine Fingerkuppen nicht mehr, das ist wahrscheinlich der Zeitpunkt an dem ich zurück in mein Bett kriechen soll, aber alles erinnert mich an Tyler.
Schlussendlich paddele ich zurück an den Strand, laufe die Treppe hoch und verstaue meine Sachen. Im Bad versuche ich nochmals die Herzschmerzen ganz weg zu schrubben, was mit leider nicht gelingt. Als ich im Handtuch eingewickelt in mein Zimmer zurückkehre liegt Tylers Shirt noch an dem Ort, an dem er es zurück gelassen hatte. Vorsichtig hebe ich es auf und schlüpfe hinein, weil ich ihn trotzdem vermisse. Ich weiss das es naiv von mir ist, aber ich kann bei diesem Duft von Minze und Salz einfach nicht wiederstehen.
Meine Erinnerung an Tyler wiegen mich schliesslich in den Schlaf und lassen mich den heutigen Tag ein wenig vergessen, mit dem Hintergrund Gedanken was er mir angetan hat.

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