Drei Freundinnen, die unterschiedlicher nicht sein können, fahren nach dem Beenden des letzten Schuljahres auf ihre eigene Abschlussfahrt. Sie wollen etwas erleben, an das sie sich noch längere Zeit erinnern können. Dass es aber ein Ausflug wird, de...
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Ich schaute immer wieder von meiner Zeitschrift auf und sah rüber zu Mary, die gedankenverloren aus dem Fenster starrte. Ich konnte sie noch nie nachvollziehen. Wie konnte sie nur ihr gesamtes Leben immer durchplanen? Wollte sie denn keine Abenteuer erleben?
Mich würden keine zehn Pferde dazu bekommen, jetzt schon zu heiraten oder tagein, tagaus in einem verstaubten Büro zu sitzen, um täglich immer nur denselben Tätigkeiten
nachzukommen. Dafür war die Welt zu groß und ich zu eingenommen von meiner Gier nach Adrenalin.
Ich wollte in Alaska Eisangeln lernen, nach Paris den Eiffelturm sehen, nach Italien, um am Schiefen Turm von Pisa lustige Fotos von mir zu schießen und noch so vieles mehr.
Ich möchte meine Freiheit noch genießen, mir keine Gedanken um Beziehungsprobleme machen und schon gar nicht wollte ich mich auf nur einen einzigen Mann fokussieren.
Allein der Gedanke daran, mich an nur einen einzigen Mann zu binden, mit ihm in ein Haus zu ziehen und einmal Kinder zu bekommen, schnürte mir den Atem ab und ließ mich panisch nach Luft schnappen.
»Was hast du?«, riss mich Tessa aus meinen Gedanken und musterte mich mit ihren schönen blauen Augen.
»Ach, ich hatte nur einen schrecklichen Tagtraum«, sagte ich mit einem Grinsen und schaute abermals zu Mary, die aber eingeschlafen zu sein schien.
»Und was für ein Traum lässt dich so hastig Luft ziehen?«, bohrte Tessa weiter nach und ließ ihr Buch bei der Frage zurück in ihren braunen Rucksack gleiten.
»Der Gedanke daran, an einen einzigen Mann gebunden zu sein«, antwortete ich ihr ehrlich und lächelte sie an, während sie nur dämlich zurückgrinste.
Tessa war wirklich nicht die Art von Freundin, mit der man über Männer sprechen konnte, außer es ging um irgendwelche berühmten Schriftsteller oder Physiker, von denen ich aber keinen kannte. Ihr war es eher unangenehm über das Thema Jungs zu reden, was mich allerdings immer wieder belustigte, wenn ich mal einen anstößigen Kommentar abgelassen habe und Tessas Wangen sich tiefrot färbten.
Sie verbrachte ihre Zeit hauptsächlich mit lesen und hätten Mary und ich, sie nicht schon mehrfach auf Partys gezwungen, wäre sie bis heute noch auf keiner einzigen gewesen.
Auch so hielt sie nicht viel davon, wenn es um das Thema Jungs ging. Sie verkroch sich lieber hinter eines ihrer dicken Bücher. Dies war wiederum ein Thema, über das man sich mit ihr gut unterhalten konnte. Genauso wie ihre Pflanzen, womit sie mich bei dem einen oder anderen Spaziergang bereits verrückt gemacht hat.
Sie wusste einfach alles über dieses Grünzeug, das mich nicht mal ansatzweise interessierte. Sie wusste, welche Pflanzen giftig waren, welche man davon essen konnte und sonst jedes kleine Detail.
»Ihr mit euren Männern«, erwiderte sie und schüttelte dabei ihren Kopf, ehe sie einige Schlücke aus ihrer Wasserflasche trank und dabei auf ihre kleine Armbanduhr sah.
»Wir müssten bald da sein«, stellt sie fest, weshalb ich mir mein Handy nahm und ebenfalls auf die Uhrzeit schaute. Sie hatte recht, wir müssten in weniger als 40 Minuten in den Bahnhof von Kunerad einfahren.
Voller Vorfreude holte ich einen Zettel aus meiner schwarzen Handtasche, welchen ich vor der Reise ausgedruckt hatte, auf dem alle Informationen standen.
Escape Abenteuer Slowakei Drei Personen Gruppe 300 € Treffpunkt am Bahnhof
»Was meinst du? Schaffen wir die 3 Rätsel innerhalb der vorgegebenen Stunde?«, fragte ich und wedelte belustigt mit dem Zettel.
»Natürlich, wenn nicht wir, wer dann? Mich macht es nur stutzig, dass es so teuer ist für drei Rätsel«, warf sie skeptisch ein und schaute dabei gedankenverloren auf den Zettel in meiner Hand.
»Ist doch egal. Hauptsache wir haben unseren Spaß und machen viele Selfies dabei«, grinste ich sie an, während sie noch immer in Gedanken versunken schien.
»Mensch Tessa!«, stupste ich die Blondine sanft mit meinem Ellenbogen an. »Das wird bestimmt super. Mach dir nicht immer so viele Sorgen.«
Darin war Tessa nämlich Weltmeisterin. Sich Sorgen machen. Sie war zu schlau, um einfach etwas spontan zu machen und es dem Zufall zu überlassen. Sie analysierte lieber im Vorfeld und ging schon Wochen vorher gedanklich jede mögliche Abweichung unseres Vorhabens durch, was uns zugegebenermaßen bereits des Öfteren den Arsch gerettet hatte.
Andere hätten Tessa vielleicht als langweilig oder als uninteressant bezeichnet, aber Mary und ich, wir kannten sie besser. Wir wussten, wie sie war und auch wenn sie oftmals komplett anders als wir dachten, konnten wir mit ihr herzhaft lachen.
Ich musste leicht schmunzeln bei dem Gedanken, wie verschieden wir drei doch waren, aber uns doch auf jedwede Weise glichen. Wir waren füreinander da und halfen uns in schwierigen Zeiten und das war es, was zählte und dies war es auch, was wahre Freundschaft ausmachte.
Ich blickte aus der verschmierten Scheibe des alten, heruntergekommenen Zuges und bemerkte, dass dieser langsamer wurde. Er quietschte etwas und es rüttelte leicht, wodurch Mary mit dem Kopf seitlich gegen die Scheibe fiel. Ich unterdrückte mir ein Lachen, als sie dann hochschreckte und verwirrt zu mir und Tessa schaute.
»Halten wir schon?«, fragte Mary überrascht und rieb sich ihre Stirn, woraufhin ich wieder leise kichern musste.
»Keine Ahnung, aber auf jeden Fall werden wir langsamer«, entgegnete Tessa neben mir und sah mit kritischem Blick nach draußen, wo nur Wald und Grün bestehend war.
Wir schauten alle drei nach draußen. Gespannt darauf, wo wir hier gelandet waren. Der alte, klapprige Zug, der definitiv schon bessere Zeiten gesehen hatte, wurde immer langsamer und nach einiger Zeit fuhren wir in den Bahnhof von Kunerad ein.
Vor uns war ein ganz altes Gebäude, welches aussah, als würde es bei dem nächsten kleinen Windzug einfach in sich zusammenstürzen. Ringsherum um das alte Haus war ein Vordach, welches, wenn es noch ein Dach besessen hätte, wahrscheinlich als Unterstand genutzt wurde. Die Wände von der Ruine waren besprüht mit Graffitis und die fehlenden Fenster deuteten darauf hin, dass sich hier nicht viele Menschen mehr hin verirrten.
»Du bist dir sicher, dass wir hier richtig sind?«, fragte Tessa wieder mit dieser Skepsis in ihrer Stimme.
»Das ist hier ja wie eine Geisterstadt!«, stellte Mary daraufhin auch eher ängstlich fest.
»Naja Stadt. Diese Bruchbude vor uns kannst du nicht gerade als Stadt beschimpfen«, meinte ich, allerdings im Gegensatz zu den anderen beiden, eher belustigt über diese Situation.
»Ich weiß nicht. Mir gefällt das ganze hier überhaupt nicht«, sagte Tessa, woraufhin ich nur genervt stöhnte und dann vorausging, um mich an dem Bahnhof umzusehen.
»Kommt ihr denn endlich?«, rief ich den beiden Angsthasen noch zu, ehe ich aus dem klapprigen Zug ausstieg und alles fasziniert betrachtete.