Lyra und das Geheimnis der Drachenwandler

Kapitel 11 - Eine wichtige Entscheidung

Wenige Minuten später landete ich neben Raven - zwar etwas wackelig, aber es funktionierte. Nachdem ich meine Flügel zusammengefaltet hatte wandte ich den Kopf zu dem anderen Drachen. „Sag mal, Raven...was für eine Drachenart bist du eigentlich?" „Ich bin ein Blitzschweif, einer der aggressivsten Drachenarten, die es im Wandlerreich gibt." Belustigt nickte ich. Mein Wissen über die Drachenwelt war zwar noch sehr begrenzt, aber soviel wusste ich auch - Raven hatte definitiv Recht. „Oh ja, da kann ich nur zustimmen. Blitzschweife sind auf jeden Fall aggressiv!", meinte ich mit einem leichten Lächeln.

Raven nickte nur knapp. „Wenn du nichts dagegen hast, würde ich eine Rückverwandlung vorschlagen. Man muss ja nicht erst noch auf uns aufmerksam werden." Ich hatte zwar noch jede Menge Fragen an ihn, aber ich sah ein, dass er mir vorerst nichts mehr sagen würde. Also nickte ich ergeben und tappte auf eine dicht bewachsene Stelle im Park zu. Dort setzte ich mich auf den Boden, schloss die Augen und atmete tief ein und aus. „Okay, Lyra, jetzt kommt der schwierigste Schritt an diesem ganzen Drachenkram. Die Rückverwandlung. Und jetzt ist auch niemand hier, der dir helfen könnte. Also streng dich an - du willst doch nicht komplett dumm dastehen!", feuerte ich mich in Gedanken an.

Mit größter Mühe entspannte ich mich und blendete alle anderen Geräusche um mich herum aus. „Konzentriere dich!" Unbewusst grub ich meine Drachenkrallen in die lockere Erde. Ich saß mit gesenktem Kopf und dicht an den Körper angelegten Flügeln da, atmete ruhig und fokussierte mich auf mein menschliches Aussehen. Ich hatte zwar keine Ahnung, ob das so korrekt war, aber auf dem anderen Weg hatte es ja funktioniert - ich hatte an einen Drachen gedacht und war einer geworden. Also musste der Rückweg ja nur so sein. Oder? Nach einiger Zeit spürte ich glücklicherweise das wohlbekannte Kribbeln und als ich meine Augen etwas öffnete, bemerkte ich auch das rötliche Flimmern wieder.

Dann fühlte ich, wie ein Energieblitz mich durchfuhr. Meine Schwanzsegel, meine Flügel bildeten sich zurück, ebenso meine Rückenstacheln und meine Krallen. Dann verschwand auch mein Drachenschwanz und meine Schuppen. Mein Körper nahm wieder eine menschliche Form an. Erleichtert seufzte ich einmal und hob testweise meine Hände an. Es funktionierte. Ein Kribbeln auf dem Kopf ließ mich vermuten, dass meine Drachenohren soeben verschwunden waren. Ein letztes Mal schloss ich meine Augen und als ich wenige Sekunden wieder blinzelte, war auch meine Drachensicht nicht mehr vorhanden. Ich war wieder ich selbst - ein Mensch!

Das Ganze hatte höchstens drei Minuten gedauert. Doch als ich zu der Stelle zurückkehrte, wo Raven und ich uns getrennt hatten, staunte ich nicht schlecht. Vor mir im Gras hockte ein ungefähr 15 Jahre alter Junge mit dunkelblonden Haaren und blaugrünen Augen. Er trug einen weißen Kapuzenpulli mit blauen Blitzen darauf, eine blaue Jeans und silbergraue Turnschuhe. „R-Raven?", fragte ich vorsichtshalber nochmal nach. Er hob den Blick, musterte mich kurz und lächelte dann. „Na, das wurde aber auch mal Zeit, Drachenmädchen. Noch nicht so geübt im Verwandeln?", meinte er mit einem leicht spöttischen Unterton. Ich rollte nur mit den Augen, setzte mich zu ihm und entgegnete: „Naja, dafür dass ich noch nicht so lange eine Wandlerin bin, kann ich das schon ganz schön gut, oder?"

Entgegen all meiner Erwartungen nickte Raven und wirkte auf einmal auch gar nicht mehr so feindselig und kampfeslustig. „Stimmt schon, Drachenmädchen. Stimmt schon so." Erstaunt blickte ich ihn an. Er neigte den Kopf leicht zur Seite und ließ seinen Blick erneut über mich gleiten. „So, und du bist also eigentlich Lyra? Was für eine Drachenart bist du?", fragte er dann. Bevor ich antwortete, warf ich noch einen kurzen Blick über mich in den Himmel. Ganz weit entfernt konnte ich einen weißen Streifen über den Himmel gleiten sehen. War das Star? Kam sie klar dort oben? Oder brauchte sie möglicherweise Hilfe? Doch dann wandte ich den Blick wieder Raven zu und erinnerte mich an seine Fragen. „Ja, ich heiße Lyra - und schön dass du dir das sogar noch gemerkt hast! Und ich bin ein Funkenschatten, eine sehr seltene, aber auch starke Drachenart. Ich...naja, ich hab sie indirekt sogar selbst erfunden."