In meinem Red Room

Krankenhaus

Scheiße. Als ich aufwachte blendete mich ein helles Licht durch meine geschlossenen Augenlider.
Ich wusste weder wo ich war, noch ob ich in Sicherheit war. Ich stöhnte und versuchte mich zu drehen, um meine Augen vor dem Licht zu schützen
Ahh, keine gute Idee.
Alles schmerzte bei dieser Bewegung noch mehr, vorallem meine Beine und mein Rücken.
„Amalia? Hörst du mich?"
Schon wieder diese Frage. Aber von wem?
„Amalia, ich bin's!"
Normalerweise würde ich jetzt überlegen wer "ich" ist, aber mein Kopf war zu kaputt.
„Wie geht es dir?"
Hab ich doch schon gesagt, scheiße.
Warte kurz. Ich kannte die Stimme.
Was macht sie denn hier?
„Kiara?", fragte ich.
Zumindest versuchte ich es, aber das einzige was aus meinem Mund kam, war nicht viel mehr als ein Flüstern.
Ich blinzelte. Irgendjemand berührte mich an der Schulter.
„Bist du wach?"
Hä? Habe ich geschlafen?
Nach ein paar Mal mehr blinzeln konnte ich sie auch erkennen.
Kiara sah sehr müde aus, lächelte mich aber an. Ihre Locken hingen ihr strähnig ins Gesicht und sie hielt eine Tasse -mit wahrscheinlich Kaffee- fest umklammert.
„Ey.", murmelte ich.
„Wo bin ich?"
„Im Krankenhaus."
„Oh..."
„Wie geht es dir? Willst du was trinken?"
„Irgendwie mies. Hast du Wasser?"
„Ja, hier.", Kiara nickte und gab mir ein Glass.
Meine Hände zitterten leicht und mir lief beim Trinken Wasser die Mundwinkel herunter, aber es schien mir zu helfen wieder klar zu denken.
„Ich war in einem Red Room.", sagte ich plötzlich, ohne wirklich darüber nachzudenken.
Kiara schluckte.
„Ja."
„Und dann kam die Polizei..."
Es war nicht so dass ich das vergessen hatte und mir jetzt wieder einfiel, aber es war plötzlich komplett präsent in meinem Kopf.
Ohne Vorwarnung erschienen Bilder im meinem Kopf.
Wie die Masken mit der Nagelschere auf mein Gesicht zukamen.
Das Feuer.
Wie ich durch die Gänge gezerrt wurde.
Der Stuhl.
Ich kniff die Augen zusammen und riss mir die Decke übers Gesicht.
Nein, nein. Geh aus meinen Gedanken! Ich bin hier doch in Sicherheit.
„Was ist los?"
Kiara sah mich verstört an.
Ich schüttelte nur mit dem Kopf.
„Deine Eltern sollten auch gleich wiederkommen. Sie wollten deine Badezimmer Sachen holen."
„Waren sie schon hier?", fragte ich.
„Ja natürlich. Ähm, du bist hier seit fast zwei Tagen..."
„Was?"
„Die Ärzte haben dir Schlafmittel gegeben."
Kiara bückte sich und hob ihre Tasche auf. Sie hatte ihre alte, große und ausgebeulte Handtasche dabei.
Ich weiß nicht genau warum, aber diese bekannten Farben und Muster halfen mir.
Etwas Vertrautes in dieser Umgebung.
Es klopfte.
Erst hoffte ich das es meine Eltern sind, aber es war nur eine Krankenschwester.
„Hallo, ihr Zwei. Tut mir leid das es so lange gedauert hat. Wie geht es dir?"
„Gut. Denke ich. Die Wunden tun noch weh."
„Das kann ich mir vorstellen. Sag Bescheid wenn du noch Schmerzmittel brauchst."
„Okay."
„Ich muss schnell deine Verbände wechseln."
„Okay."
Meine beste Freundin verließ den Raum, ich wusste das sie keine offenen Wunden sehen kann.

„Ist da Amalia?", hörte ich eine kleine Stimme im Gang, wenige Minuten nachdem mir der Verband gewechselt wurde.
„Ja.", hörte ich nun auch meine Mutter sagen.
„Lilien!", rief ich.
Meine kleine Schwester stürmte auf mich zu und ihre kleinen Ärmchen drückten mich fest. Etwas zu fest, es tat höllisch weh.
Trotzdem war für einen Moment alles furchtbare das mit passiert ist vergessen.
„Ich hab dich vermisst. Alle waren traurig und haben geweint. Ich hatte richtig Angst um dich."
„Das tut mir leid Maus. Jetzt bin ich ja wieder da.", versuchte ich sie zu beruhigen.
„Hallo Schatz. Tut mir leid das wir nicht hier waren als du aufgewacht bist.", begrüßte mich meine Mutter. Sie sah so aus als hätte sie drei Nächte durchgeweint.
„Amalia! Mäuschen, wie geht es dir?", mein Vater kniete sich vor das Krankenhausbett.
„Ganz OK, denke ich."
Meine Eltern begrüßten noch Kiara, auf deren Schoß es sich Lilien schon gemütlich gemacht hatte.
„Ist es in Ordnung wenn wir alle hier sind? Oder brauchst du deine Ruhe?", fragte mein Vater.
„Nein bitte geht nicht." Ich versuche gerade krampfhaft die Erinnerungen zu verdrängen...