Kapitel 2 [Laureen]

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"Laureen", meine Sportlehrerin Mrs Camington musterte mich von oben bis unten. "Du hast deine Schwimmsachen dabei", stellt sie fest. Ich lege meinen Kopf auf die Seite und grinse leicht. "Glauben Sie wirklich, ich würde mich mit einer Zwei zufriedengeben?" 

In der letzten Schwimmstunde hatte Mrs Camington gemeint, dass ich heute meine Schwimmsachen mitbringen solle. Ansonsten würde sie mir eine sechs auf dem Zeugnis geben, und das konnte ich wirklich nicht auf mir sitzen lassen. Ich hatte in Sport immer eine eins auf dem Zeugnis und das würde ich mir sicher nicht durch die nervigste Sportart der Welt versauen lassen. Also hatte ich sie kurzerhand mit ihrer Affäre mit dem Schuldirektor erpresst und, weshalb sie mir nun also doch eine zwei geben wollte. Das wäre schon besser, aber noch immer nicht perfekt. Und Perfektionismus ist Teil meiner Familie. 

Meine ganze Familie ist perfektionistisch. Vielleicht ein wenig zu sehr. Eine zwei auf dem Zeugnis wird respektiert, aber eine einzige drei muss sofort durch Nachhilfe ausgeglichen werden. Auch bei der Arbeit meiner Eltern muss alles perfekt sein und in unserem Haus würde man kein einziges Staubkorn finden.

Trotzdem habe ich nicht vor zu schwimmen. Um eine eins zu kriegen würde es reichen heute meine Schwimmsachen mitzunehmen und zu schwimmen, das beinhaltete unser Deal, den Mrs Camington mit mir eingegangen war, damit ich nichts ausplaudere. Was aber, wenn es unmöglich wäre zu schwimmen? Was wenn es in dem Schwimmbad plötzlich kein Wasser mehr gäbe?

Wieder lächle ich, ehe ich mich zu meinen Freundinnen geselle und auf das klare Wasser hinunterschaue. Bis auf meine Klasse ist niemand anderes in dem Hallenbad. 

Hinter meinem Rücken bewege ich meine Hand und richte sie in Richtung des Wassers, ehe ich meine Finger leicht krümme und mich auf Schlamm und Wurzeln konzentriere. Schon wenige Sekunden später entspanne ich meine Hand wieder. 

"Dann probiert das Mal aus", meint Mrs Camington und blickt zu mir. Ich sehe ihr an, dass sie bezweifelt, dass ich ihr zugehört habe, und das stimmt. Ich habe kein bisschen zugehört.

Ich muss mich gar nicht erst zum Becken umdrehen, um zu bemerken, dass mein Plan aufgegangen ist. Meine Mitschüler stöhnen angewidert und einige Mädchen kreischen auch herum. "Was ist denn los?" frage ich mit gespielter Unwissenheit und drehe mich um. Das Becken ist voller Schlamm. "Wie es aussieht, werden  heute nicht mehr zum Schwimmen kommen", meint Mrs Camington missmutig und sieht mich an. Ich richte meinen Blick auf sie und lächle triumphierend. "Ich freue mich schon auf meine Eins", sage ich, werfe dabei elegant meine orangen Haare zurück und stolziere zur Umkleide, während ich die Blicke meiner Klassenkameraden auf mir spüre. 

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