Kapitel 5- Polizei

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,,Nun Miss Salvatore", fing der Mann an, als sie sich in einem Raum der Polizeistation befanden. Es war schön eingerichtet und strahlte eine angenehme Wärme aus. ,,Ich weiß, das Sie und Ihr Vater in sehr schwierigen Verhältnissen leben, und es tut mir leid, das sagen zu müssen, aber Ihr Vater wurde gestern wegen Körperverletzung angeklagt."

Kurz stand die Welt still, und Sereia wusste nicht was sie tun sollte, wie sie überhaupt reagieren sollte.

,,Oh", war das einzige, was ihre Lippen in dem Moment verließ. Der Polizist nickte, und sah wieder auf das Blatt Papier, das vor ihm lag.

,,Um 22 Uhr hat er einem Barkeeper mit einer Flasche, angeblich den Kopf eingeschlagen." Sereia konnte nicht fassen, was sie da hörte.

Ihr Vater? Der Mann, der mit ihr letzten Winter noch Eislaufen war? Der Mann, der mit ihr immer Disneyfilme geschaut hat? Der Mann, den ihre Mutter geliebt hat?

,,W-wie geht es dem Opfer?" fragte Sereia, überraschte den Polizist und sich selbst mit der Festigkeit ihrer Stimme.

Er räusperte sich, bevor er ihr ein Bild zu schob, welches den Mädchen das Blut in den Adern gefrieren ließ.

,,Das Opfer hatte offenbar einen Schutzengel. Eine Rissquetsch- wunde am Hinterkopf und eine Wunde am rechten Ohr mussten im Krankenhaus genäht werden, zudem wurde eine Gehirnerschütterung diagnostiziert."

Sereia presste ihre Lippen aufeinander, ehe sie nickte. ,,Und was passiert jetzt mit ihm?" Sie konnte dem Polizisten nicht mehr in die Augen sehen, zu groß war ihr Schuldgefühl. Stattdessen haftete sie ihren Blick auf das Foto am Regal hinter dem Mann.

Er war drauf, und eine Frau, und in der Mitte der beiden stand ein kleines Mädchen.

,,Es wird wahrscheinlich noch etwas dauern, doch es wird einen Gerichtsprozess geben, vorher sollen noch weitere Zeugen einvernommen werden. Ich wünschte, ich könnte sagen, dass alles gut werden würde, Miss Salvatore, doch es schaut wirklich schlecht für ihren Vater aus." Ein mitleidiger Blick lag in den Augen des Mannes, als Sereia wieder zu ihm sah.

,,Es ist schon in Ordnung." Sie erhob sich aus dem ungemütlichen Sessel, genau wie der Polizist. ,,Hier stehen noch Einzelheiten drinnen." meinte er, und übergab ihr einen Brief. Sie nickte, und bedankte sich, als ihr noch etwas einfiel.

,,Wäre es möglich ihn zu besuchen?"

.

Nevan stöhnte genervt auf, und sah auf die Uhr. Wie lange dauert das denn noch? Er öffnete auf seinem Handy einen Messenger und tippte eine Nachricht an seinen Freund.

Er war es leid, noch länger hier zu warten. Seine Augen immer noch auf den Handy Bildschirm gerichtet, lief er den langen Gang der Polizeistation entlang, als plötzlich eine Tür aufging, und jemand in ihn reinlief.

,,Huh?" Er sah runter, nur um wieder diesen Augen zu begegnen. ,,Du?" Er lächelte kurz, amüsiert von dem Gesichtsausdruck des Mädchens.

,,Lustig wie uns das Schicksal zusammenführt nicht?" Sereia schüttelte den Kopf, sie fand es ganz und gar nicht lustig.

,,Bis dann, Nevan", sie ging an ihm vorbei, zum Hinterausgang. Nevan ihr gleich hinterher.

,,Ey, warte doch", Mit einem leichten Grinsen folgte er dem Mädchen nach draußen.

,,Wo willst du so schnell hin, kleine?" fragte er, und beobachtete, wie Sereia die Abendluft inhalierte.

War sie wirklich so lange hier geblieben?

,,Ich hab einen Namen, also nenn mich nicht kleine." sagte sie, und ging die Straße entlang, Nevan, gleich hinter ihr.

,,Ach? Wie heißt du denn, kleine?" Sereia gab ihm einen Seitenblick, ehe sie dem Jungen ihren Namen nannte.

,,Sereia", sagte er, ihr Name fühlte sich so leicht auf seiner Zunge an, dass er ihn gleich noch hunderte Male sagen konnte. ,,Sag mal, Sereia, wo gehen wir hin?"

Die Braunhaarige antwortete nicht, sondern überquerte nur die Straße.

,,Willst du mir etwa nicht antworten, kleine?" Sereia schüttelte den Kopf und nickte einfach nur nach vorne. ,,Wir sind schon da."

Überrascht hob Nevan die Augenbrauen. Sie befanden sich mitten an einem Strand.

,,Was willst du hier?" Nevan runzelte die Stirn, als Sereia anfing auf die großen Steine zu klettern. ,,Ey, was machst du da?" Mit einem Schnauben ging er ihr nach, und bemerkte, dass sie an einem abgeschotteten Teil der Küste waren. Direkt auf einem Steg, welcher aussah, als würde er unter ihnen gleich nachgeben.

,,Es ist November, was willst du am Strand?" fragte er, als Sereias Blick seinem begegnete.

,,Schwimmen, was denn sonst?"

Sie fing an sich auszuziehen. Zuerst ihre Schuhe, ihr Socken und dann wollte sie auch noch ihre Hose vor ihm ausziehen, doch Nevan hielt ihr Handgelenk fest.

,,Das ist doch nicht dein Ernst, oder?" Sereia verdrehte auf seine Frage hin ihre Augen. ,,Doch," Sie riss sich aus seinem Griff los, und ergriff Nevans Hand.

,,Komm." Mit einem Lachen zog sie ihn mit sich. Überrumpelt stolperte Nevan ihr hinterher, direkt ins Wasser.

Es war kalt, arschkalt.

,,Fuck!" rief er, als er wieder aufgetaucht war.

Er zog sein Handy und sein Feuerzeug aus der Hosentasche, und versuchte es anzumachen. Zum Glück war sein Handy wasserfest, doch das Feuerzeug konnte er wegschmeißen.

Neben ihm kam Sereia an die Oberfläche.

,,Ist es kaputt?" fragte sie, und nickte zu seinem Handy, woraufhin Nevan nur den Kopf schüttelte. ,,Nein, aber dafür mein Feuerzeug."

Sereia lachte leicht, nahm beides aus seinen Händen und legte es auf den Steg.

,,Ist es nicht erfrischend?" Nevan schnaubte. ,,Wir werden beide sowas von krank werden."

Sereia lachte wieder. Nevan konnte nicht mehr aufhören, sie anzustarren.

Ihre grauen Augen, ihre vollen, nassen Wimpern, alles an ihr war atemberaubend, vor allem ihr Lachen. Es war das schönste was er je gehört hatte.

Nevan starrte ihre vollen Lippen an, und konnte seinen Blick nicht mehr von ihnen abwenden.

Er packte ihr Handgelenk, und zog sie zu sich.
,,W-was?" Sereia sah mit großen Augen zu ihm auf, ihr Lachen war schon längst verstummt.

,,Du bist so hübsch." Ihr Wangen erwärmten sich schlagartig, und ihr Puls beschleunigte sich.

Und dann passierte es.

Ohne überhaupt nachzudenken, presste sie ihre Lippen auf Nevans.

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