Go To Hell For Heaven's Sake

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von Bring Me The Horizon

In dem schwach beleuchteten Lagerraum des Schlachters war für die späte Stunde ungewohnt viel Betrieb. Nicht etwa gute Seelen, die Überstunden leisteten. Nein, nein. So etwas gab es in Amerika doch überhaupt nicht, es war viel mehr ein Fremdwort. Was sich hier abspielte war größer, viel größer, so groß wie die Familie der Mafia selbst.

Eine Gestalt betritt den grauen Raum durch die Stahltür, geht mit großen Schritten auf Designerschuhen am Fußvolk vorbei, welches die Tür bewacht und macht vor dem Verräter, welcher am Boden kniet und den Blick gesenkt hält, halt. Die Ratte weiß, dass Wimmern oder Betteln nichts bringt. Er befindet sich nicht in der Kirche. Nicht in der Obhut Gottes. Hier wird nicht verziehen. Hier bringt Beeten nichts. Hier kommt jede Hoffnung zu spät. Hier wird niemand gerettet. Nicht einmal von Gott. Selbst er sieht hier weg.

Die Spannung ist greifbar, das Elend nah. Die Macht, die der Mann im Anzug verströmt ist einnehmend und einschüchternd. Dessen ist er sich bewusst, so gehört es sich für einen Mafioso. Die klischeehafte Zigarette fällt zu Boden und wird unter dem teuren Schuh zerdrückt. Ein Vorgeschmack auf das, was mit dem Mann auf dem Boden geschehen wird.
Und dann, dann tut dieser das Dümmste, was er je hätte tun können. Das Dümmste, was er in dem Moment, wo Schweigen mehr als Gold ist tun könnte.
Er spricht.

„Ich habe doch nur versucht das Richtige zu tun! Dabrov dafür kannst du mir nicht die Schuld geben. Ich wollte nicht, dass das p-"

Der Angeflehte schließt flatternd die Augen, bringt jede Beherrschung auf um nicht die Fassung zu verlieren und zischt dann: „Beiß dir auf deine beschissene Zunge, wenn du sie anders nicht im Zaum halten kannst, sonst reiß' ich sie dir raus und stopfe sie dir so tief in den Rachen, dass du an ihr erstickst."

Und trotzdem spuckt er mit einem offensichtlichen Kloß im Hals immer noch Worte aus seinem dreckigen Maul: „Dabrov... Bruder, ich bitte dich-"

Sofort trifft kaltes Metall eine vor Angst schweißnasse Stirn. Der Lauf der Pistole glänzt so sehr, wie die Wut in den Augen seines Besitzers. „Ich will dich nicht hören! Niemand wollte das je. Niemand wollte dich je sehen! Du warst schon immer so armselig, so erbärmlich. Und doch habe ich dich aufgenommen, habe dich zu meiner rechten Hand gemacht, habe mit dir gemordet, Geschäfte abgewickelt und Samstags mit unseren Familie gemeinsam gegessen. Du warst gut in dem was du getan hast, aber nie klug genug für mehr. Bitte erspar mir doch endliche deine Gesellschaft", lacht der Dunkelhaarige verächtlich.

Der Unterlegene setzt erneut an, wird jedoch unterbrochen. „Spar dir den Atemzug, denn es ist dein letzter." Ängstlich schnappt er nach Luft, wie ein Fisch auf dem Trockenen und der Anführer seiner einstigen Familie lehnt sich zu ihm herunter, fährt mit seinen Fingern durch die nach hinten gegelten Haare und reißt ihn am Hinterkopf hoch, so dass seine Lippen beinahe das klingelnde Ohr berühren. „Du warst nie ein Hirte, immer nur eins der dummen Schafe. Fahr zur Hölle... Bruder."

Der Schuss löst sich, wie die Träne aus dem Auge, des Erschossenen, der in die Arme seines Mörders sackt. Dieser drückt angewidert den schlaffen Körper von sich und sieht auf den roten Punkt, der zwischen den Augen ruht nieder, verfolgt die Suppe, die aus ihm sickert und einen kleinen Bach bildet.
Und so wie das Blut die Leiche verlässt, so verlässt auch jede Erinnerung, jede nun offenkundige Lüge, die ihm aufgetischt worden war den Kopf des Attentäters. Und so wie die Leiche von den Handlangern verbannt werden wird, so verbrennt Dabrov jede Verbindung, die er je mit dem Verräter gehabt hat, die er je mit seinem einstigen besten Freund gehabt hat.

Die Wahrheit ist, dass der Tote schon immer so gut und nützlich wie Fleisch ohne Knochen ist gewesen war. Nämlich gar nicht.

„Beseitigt ihn. Werft ihn den Haien vor, lasst ihn von den Wölfen zerfleischen. Verbrennt ihn. Mit ist es gleich."

Ohne einen letzten Blick hinab, steigt der Anzugträger über den Körper hinweg und verlässt den rotgesprenkelten Raum.

Fahr zur Hölle.

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⏰ Letzte Aktualisierung: May 04, 2016 ⏰

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Clay VeinsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt