Flintstone Akademie

Nachsitzen und Gracie

Ich konnte mir tausend bessere Sachen vorstellen als an einem Freitag nachmittag bei Mr. Everbleed nachzusitzen und gelangweilt an die Uhr neben der Tür zu starren um ja nicht die Sekunde zu verpassen an der man das Klassenzimmer verlassen durfte. Zum Glück musste Ben auch nachsitzen und ich würde mich nicht ganz allein fühlen, auch wenn wir nicht miteinander sprechen durften. Es gab fünf große Regeln an der Flintstone Akademie und eine davon hatten wir gebrochen.

Regel Nr. 1

Solange man nicht ausgelehrt ist, darf man seine Fähigkeiten nicht außerhalb der Schulmauern nutzen.

Regel Nr. 2

Waffen jeglicher Art sind verboten

Regel Nr. 3

Wir müssen unsere wahre Gestalt vor Menschen verbergen

Regel Nr. 4

Wir dürfen unsere Kräfte niemals gegen jemanden aus der Akademie anwenden

Und zu guter letzt Regel Nr. 5

Nach 22 Uhr dürfen Jungen und Mädchen sich nicht im gleichen Zimmer befinden

Wie dämlich diese Regel ist, muss ich wohl kaum erwähnen und es war auch nicht das erste mal, dass mir das passiert war aber es war das erste mal dass man mich dabei erwischt hatte. Ich packte in meinen Rucksack einige noch unfertige Hausarbeiten ein, die ich während der zwei Stunden eventuell bearbeiten könnte um zumindest etwas produktives in dieser langen Zeit zu machen. Meine Zimmernachbarin war mal wieder nicht da, weshalb ich unsere Zimmertür abschloss. An der Akademie kam es so gut wie gar nicht vor, dass jemand etwas aus einem anderen Zimmer mitgehen lies aber sicher war sicher, zumindest vor denen die sich nicht mit einem schnipsen in einen anderen Raum teleportieren konnten. Ich lief die weißen Treppen bis zu den Klassenzimmer runter und wunderte mich wie so oft, weshalb die Schule keine Aufzüge bauen lies, immerhin waren es in meinem Fall vier Stockwerke die ich mehrere male hoch und runter steigen musste. Mein Vater würde jetzt behaupten, dass mich das fit hielt aber ich war ein verdammter Drache, ich musste nicht fit gehalten werden. Langsam schlenderte ich zum Klassenraum 307 und seufzte als ich an die halb geöffnete Tür klopfte.

„Herein." Hörte ich Mr. Everbleeds Stimme.

Als ich die Tür komplett öffnete saß zu meiner Überraschung unter anderem Nathan in der hintersten Reihe. Ich lies mir meine verwirrtet nicht anmerken und trat in den Klassenraum.

„Wie schön, dann sind wir nun vollzählig. Das Nachsitzen beginnt jetzt."

Auf seinem Schreibtisch stand eine digitale Uhr, die nun zwei Stunden rückwärts zählte. Ich setzte mich neben Ben der auf ein Blatt Papier kritzelte und seine Zeit nicht produktiv nutzen würde. Ich packte meinen Laptop und einige unterlagen auf den kleinen Tisch und sortieret sie so, dass ich gleich einigermaßen chronologisch vorgehen könnte. Ich versuchte nach hinten zu spähen und irgendeinen Hinweis ausfindig zu machen wieso Nathan mit uns im Raum saß. Ich glaubte kaum, dass er nach dieser Respektlosigkeit vor zwei Tagen bloß ein paar Stunden nachsitzen bekommen hatte. Ben bemerkte meine vermeintlich unauffälligen Blicke und warf einige Kügelchen Papier in mein Gesicht. Eins davon verfing sich in meinen braunen wellen und ich zog es heraus um es Ben nun in seinen kurzen Afro zu werfen. „Lass das!" Formte ich grinsend mit den Lippen. Er streckte mir die Zunge raus und kugelten weiterhin Papier. Erst jetzt legte sich meine Aufmerksamkeit auf das Mädchen hinter ihm. Ich hatte sie schon öfter auf den Gängen gesehen aber noch nie mit ihr gesprochen. Sie sah so unschuldig aus, dass ich mich fragte was sie wohl angestellt hatte um hier mit uns Schwerverbrechern zu landen. Ich meine mal ganz ehrlich, wer verhängt noch Nachsitzen als Strafe. Das war überhaupt nicht pädagogisch vertretbar aber das Schulsystem an der Flintstone Akademie war schon tausende von Jahre alt, da war es ziemlich unwahrscheinlich, dass sich so schnell etwas änderte, vor allem weil das Lehrerpersonal teilweise noch unsere Eltern unterrichtet hatte. Mrs. Fire zum Beispiel hatte beide meiner Eltern unterrichtet. Ihre roten kurzen locken schlängelten sich um ihr bleiches Gesicht. Mit einer Hand strich sie sich das Haar hinters Ohr und bemerkte nun meinen Blick. Ich lächelte sie schief an, welches sie zögerlich entgegnete. Ich widmete mich dann wieder meinen Schulprojekten, die ich teilweise sogar auf freiwilliger Basis erledigte weil ich definitiv dieses Schuljahr nicht durchfallen wollte. Nach etwas mehr als 20 Minuten räusperte sich Mr. Everbleed und rückte seinen Stuhl nach hinten.