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Auf der anderen Seite der Stadt hatte Dustin ebenso wenig Lust aufzustehen. Finn hatte ihm die einfach klingende Aufgabe gegeben auf Marcel aufzupassen. Die paar Stunden, die Dustin nach Oliver zu suchen gebraucht hatte, war bei Marcel ebensodeinen ungenutzt geblieben. Er hockte voll auf der Treppe vorm Clubhaus. Auf seinem Schoß lag eine Schatulle, die er mit beiden Armen schützte. Seufzend setzte sich Dustin zu Marcel und legte seinen Arm um ihn. Erst da bemerkte er die stillen Tränen. „Alles wird wieder gut.", murmelte der Braunhaarige. Marcel antwortete nicht. Stattdessen drückte er sich an Dustins Schulter. „Wollen wir reingehen?" Ein sanftes Nicken. Vorsichtig zog Oliver seinen Kumpel am Arm hoch und beförderte ihn irgendwie ins Haus. Er brachte den Angeschlagenen nach oben in eines der Gästezimmer. Dort sollte sich Marcel ausruhen. Doch Marcel sah das ein wenig anders. Statt auf dem Bett mit der Schatulle liegen zu bleiben, setzte er sich auf. Das hölzerne Kästchen konnte Dustin gerade noch vor dem Crash mit dem Boden bewahren. Sicherheitshalber stellte er es auf dem Nachtkästchen ab. Plötzlich zog etwas an seinem Shirt, das unter seiner Kutte hervorlugte. Dustin drehte seinen Kopf als er auch am Arm berührt wurde. Dicht hinter ihm stand Marcel. Sanft schob Dustin den Schwarzhaarigen aufs Bett zurück. „Du musst dich ausruhen. Hörst du?" Sofort schüttelte der Angesprochene den Kopf. „Bitte! Bleib!" Stumm seufzend setzte sich Dustin auf die Matratze. „Willst du nicht erst deinen Rausch ausschlafen?" Dustin hatte die Frage eben beendet, da schüttelte sein Kumpel bereits den Kopf. „Bin nicht betrunken. Hab nur zwei Bier und ein Schnapsglas Jägermeister gekippt." Wohl kaum. Dann würde es Marcel definitiv anders aussehen. Sein Zweifel behielt er schweigend für sich. „Ich hole dir jetzt ein Glas Wasser. Bin gleich zurück."

Was war bloß in Marcel gefahren? So kannte er ihn gar nicht. Nachdenklich stieg Dustin die Treppe hoch. In der Hand trug er neben dem Glas eine Flasche Wasser und Studentenfutter. Der Member lehnte am Kopfende. Er hatte seine Beine an die Brust angezogen und umklammerte sie mit seinem Armen. Den Kopf hatte er auf den Knien abgelegt. Stumm betrachtete er Dustin, der ihm ein Glas Wasser reichte. Nach kurzem Überlegen wurde das Glas angenommen. Dustin setzte sich ans Fußende und öffnete die Dose Studentenfutter. „Willst du auch was?" Marcel schüttelte den Kopf. „Kannst du dich neben mich setzen?", flüsterte der Schwarzhaarige. Schweigend kam er der Bitte nach. Stille breitete sich aus. Unangenehm drückte es auf Dustins Schultern.

„Hast du dich mit Oliver versöhnt?" Der Braunhaarige schüttelte den Kopf. Marcel lachte leise. „Wird das nochmal was mit euch beiden?" „Keine Ahnung. Er ist einfach durch und durch Bulle. Der Job steht an erster Stelle." Frustriert warf er einen Handvoll Erdnüsse in den Mund, die er extra aus der Dose gefischt hatte.

„Warum lässt du es nicht einfach?" Dustin stutzte. Vor ein paar Wochen hatte ihn Marcel geraten um Oliver zu kämpfen. Das eben war das absolute Gegenteil. Woher dieser Sinneswandel wohl herrührte?

„Ich weiß nicht, ob ich das kann.", murmelte der Braunbär. „Versuch es doch einfach." Plötzlich spürte er eine Hand in seinem Nacken. Bevor Dustin reagieren konnte, schob sich Marcel auf seinen Schoß. Die Dose wurde ihm aus der Hand genommen und fand ihren Platz neben dem Glas auf der Kommode neben dem Bett. Überfordert hielt Dustin still. „Was tust du da?" Ein undefinierbares Grinsen schlich sich auf das Gesicht des Schwarzhaarigen. „Ich bringe uns auf andere Gedanken." Dustin versuchte sich halbherzig freizukämpfen. Er wollte Marcel auf keinen Fall verletzten. Unbeeindruckt drückte ihn der Schwarzhaarige gegen das Kopfende und küsste ihn im gleichen Moment.

Der schmale GradWo Geschichten leben. Entdecke jetzt