3. Kapitel

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POV: Julie Moreau

"hi, hello - who are you?"

Die übergroße Lokomotive erstrahlte in ihrem rötlichen Glanz, während Schüler, deren Familien und auch Tiere auf dem gesamten Bahnsteig herum irrten. Mahnungen, Abschiedsworte und auch ganz viele "Pass auf dich auf!" konnte man in dem Getümmel vernehmen. Julie's Hoffnung, ihre Mutter würde nicht genauso zu einer dieser besorgten Mütter werden, zerriss Manon mit einem beinahe schon dramatischen in die Knie gehen.

Sie kniete sich - trotz des ganzen Gestürme auf dem Bahnsteig - vor den vier Elfjährigen hin, nahm sich sachte eine Hand von Julie und eine von Victor, platzierte diese in ihren Hände und presste ihre Lippen traurig zu einem schmalen Strich. «Meine Kleinen! ...ach Nein, ihr seid ja alle schon so groß geworden!» Kopfschüttelnd lächelte sie, blickte abwechslungsweise zu all ihren Kinder und Julie konnte erkennen, dass sich ihre Mutter Tränen verdrücken musste.

Nun fühlte sich Julie irgendwie fies, weil sie noch vor wenigen Sekunden gehofft hatte, nicht eine Mutter zu haben, die sich für sie interessierte.

«Ich weiss ja, dass ihr ein super Team seid und ganz gut auf euch aufpassen könnt, aber trotzdem möchte ich, dass es euch gut geht! Oh und bitte - benehmt euch!» Letztere Worte galten vor allem Matteo - der sich die Worte jedoch wohl am wenigsten zu Herzen nahm.

Besorgt runzelte Manon nun die Stirn und ließ sich von Pierre wieder aufhelfen und in die Arme nehmen.

«Mon Cher... dass sie nun alle auf einmal gehen müssen!» Auch auf dem Gesicht von Julies Vater hatten sich traurige Falten gebildet. Ihre Eltern nun so zu sehen, erschwerte es dem Mädchen, mit einem leichten Herzen in den Zug zu steigen. Sie war die Erste, die sich ihrer Mutter in die Arme drückte. Louis, Victor und Matteo taten ihr es jedoch sofort nach und so lag sich die gesamte Familie für wenige Sekunden in den Armen.

Niemand wurde außen vor gelassen und jeder bekam noch eine letzte eigene Warnung, dass man sich auf jeden Fall benehmen und unbedingt ganz viele Eulen schreiben müsse. Nach noch zehn weiteren Umarmungen wurde es langsam Zeit einzusteigen.

Es war nämlich kurz vor elf Uhr und um Punkt elf Uhr würde der Hogwarts-Express losfahren.

Die vier stiegen in den Zug und obwohl sich Julie noch ein letztes Mal drehte, so konnte sie ihre Eltern bereits nicht mehr erkennen. Es war also soweit! Das Abenteuer konnte beginnen.

Man könnte ja meinen, dass es im Zug weniger laut und stürmisch zuging wie auf dem Bahnsteig, jedoch war es auf den Gänge mindestens genausolaut. So hatte das Mädchen nicht wirklich viel Lust, sich allzu lange auf der Suche nach einem leeren Abteil auf den Gängen aufzuhalten. Anders als Victor und Matteo. Daher kam es auch, dass sie sich zusammen mit Louis in das erste etwas ruhigere Abteil quetschte, dass sie fand, während die anderen Beiden sich weiter durch die Gänge schlängelten. Louis war bekannt als der stillere unter den Geschwister. Stets mit der Nase in seinen Notizbücher versteckt, zeichnend oder schreibend. Die Fahrt würde dementsprechend nicht ganz so abgedreht verlaufen wie das Mädchen schon befürchtet hatte. Denn etwas Entspannung brauchte sie auch.

An die Ruhe im Abteil, sobald hinter Louis die Abteiltür zuschlug, könnte sich Julie wirklich gewöhnen, und wäre da nicht ein blonder etwas älterer Junge, hätte sie sich bestimmt einfach auf die Sessel gelegt und die Augen für die nächsten Stunden geschlossen. Die Müdigkeit begleitete sie nämlich noch immer. Die zweistündige Fahrt am Morgen war auch nicht unbedingt gut gegen die Müdigkeit. Doch anstatt sich einfach hinzulegen, räusperte sich Julie erst einmal, um die Aufmerksamkeit des Jungen auf sich zu ziehen.

Erfolgreich, wie es schien. Der Junge hatte blonde, etwas wildere Haare, die scheinbar nicht so wollte, wie er es gerne hätte, denn sie standen in alle Richtungen ab. Seine Augen funkelten hellbraun und sobald er realisierte, dass da jemand stand, krauste er verwirrt die Stirn. «Hey, freut mich! Ich bin Julie und ich - oder wir wollten mal fragen, ob wir uns vielleicht zu dir setzen dürften? Die Anderen draußen sind mir etwas zu laut. Da kriegt man ja gleich Kopfschmerzen und Kopfschmerzen am ersten Tag zu kriegen, wäre bestimmt nicht das Sinnvollste, wenn man ja eigentlich dann schon lernen sollte. Oder meinst du nicht? Ich mein, wir würden dich auch ganz bestimmt nicht stören....» Abrupt stoppte das junge Mädchen. Wieso war sie nur so? Manchmal wusste sie nicht, was genau sie da redete, wenn sie mal mit reden begann. Der Junge schien jedenfalls genauso überfordert und nickte als Antwort dann nur kurz.

Mit Schwung ließ sich Julie also auf der gegenüberliegenden Bank nieder, rutschte aus ihren Schuhen und zog die Beine an. Louis stand noch etwas unbeholfen im Türrahmen, betrachtete den älteren und unbekannten Jungen mit einem undefinierbaren Blick. Erst als er sah, dass Julies ihn mit erhobenen Augenbrauen fragend anguckte setzte sich auch er auf die Bank.

Nach einer kleinen Vorstellung von Louis, stellte dieser dem Jungen auch schon ein paar Fragen, worauf auch Julie gerne eine Antwort hätte.

«Felipe. Und ja.... Ich gehe jetzt in die zweite Klasse.» Das Mädchen konnte erkennen, dass Felipe nicht darauf aus war zu plaudern. Daher beließ sie es bei einem ''Cool'' als Kommentar, bevor sie sich auf der Bank zurücklehnte und aus dem Fenster guckte. Genau in dem Moment begann es etwas zu ruckeln und schließlich bewegte sich dieser langsam. Ganz langsam zogen die letzten winkenden Familien vorbei, bis die Aussicht von einer schönen Landschaft übernahm.

Adieux Maman, adieux Papa und adieux Leonore! Ein altes Kapitel begann sich allmählich zu schließen, während ein neues aufgeblättert wird. Man ist noch nicht ganz so weit, schließlich verarbeitet man das Geschehene noch immer und trotzdem ist man ganz gespannt, was als nächstes passiert.

Die Zugfahrt würde ganze 9 Stunden dauern und erst am Abend würden sie der Auswahl Zeremonie beiwohnen. Victor und Matteo ließen sich jeweils auch ab und zu in ihrem Abteil blicken, beäugten Felipe - der nach wie vor in seinen Bücher vertieft war - mit einem skeptischen Blick und schon waren sie wieder davon.
So wirklich spannend fand Julie es nicht. Sie nahm sich also irgendwann eines der Schulbücher zur Hand. Doch nicht um darin zu lesen. Sie schnappte sich einen Kugelschreiber - den sie trotz der obligatorischen Schreibfeder, die sie einzupacken hatte, mitgenommen hatte - und begann kleine Spiralen und Kreise auf die Blätter zu kritzeln.

Nach einiger Zeit fanden nicht nur Spiralen und Kreise ihren Platz im Buch, auch Formen wie Blumen und Sterne umrandet von unterschiedlichem Muster beschmückten nun mehrere Seiten des Buches.
Erst als ein etwas älteres Mädchen ihren Kopf in das Abteil streckte und die Rettung von Julie oder auch die nahe Ankunft in Hogsmeade verkündete kam wieder Energie ins Abteil. Das elfjährige Mädchen sprang von ihrem Sitz, suchte sich ihren Umhang aus ihrer Tasche und verließ das Abteil für einige Minuten, um daraufhin in ihrem Hogwartsumhang zurückzukehren.

Mit einem Lächeln ließ sie sich wieder auf der Bank nieder und konnte es kaum erwarten, bald anzukommen. Sie war absolut bereit für Hogwarts. Wenn nicht schon das ganze Leben.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Dec 25, 2023 ⏰

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