Laute Musik drang aus den Boxen an der Wand, als wir die Halle betraten. Ich schaute mich um und entdeckte Carolina unter der Treppe, ich machte Panos auf sie aufmerksam und wir liefen zu ihr. „Hi, Lin." Sie wirbelte herum, als ich sie begrüßte. „Ist es schon so spät? Mein Gott, ich habe völlig die Zeit vergessen. Kommt mit." Sie legte den Stoff, den sie eben noch in der Hand gehabt hatte, beiseite und ging voraus. Sie öffnete eine Tür, die mir zuvor noch gar nicht aufgefallen war, da sie dieselbe Farbe hatte wie die Wand. Meine Augen weiteten sich als ich den riesigen Hindernisparcours entdeckte, der sich mitten im Raum erstreckte. Hohe Wände, kaputte Leitern, enge Gänge, weite Absätze. „Diesen Parcours kann man nur zu zweit absolvieren. Dadurch sparen wir eventuell ein wenig Zeit. Schaut ihn euch genau an und dann könnt ihr auch schon loslegen, wenn ihr möchtet, der Start ist auf der anderen Seite, bei der grünen Markierung und hier vorne an der roten Markierung ist das Ende. Denkt daran, es gibt Passagen, da seid ihr auf die Hilfe des jeweils anderen angewiesen." Ich spürte Panos besorgten Blick auf mir.
„Meinst du, du bekommst das hin?" Ich nickte entschlossen. Wenn es eines gab, was ich während des Polizeitrainings am meisten genossen hatte, dann waren es Herausforderungen wie diese gewesen. Ich folgte Panos auf die andere Seite und versuchte mir alle Elemente einzuprägen, die ich sah. „Wollen wir?" Wieder nickte ich nur.
Unsere erste Hürde war eine etwa zwei Meter hohe Wand. Zu einfach. Ich nahm Anlauf, rannte so hoch es ging die Wand hinauf und zog mich am oberen Ende hoch. Panos folgte mir, etwas weniger elegant, doch ebenso entschlossen.Etwa zehn Minuten später hatten wir etliche Wände überquert, waren über breite Absätze gesprungen und hatten uns über und unter einige Hindernisse, wie Fenster, geholfen. Für einige der Wände, konnten wir nicht genug Anlauf nehmen, weshalb wir uns mit Räuberleitern hinaufarbeiten mussten. Carolina stand am Ende des Parcours und klatschte begeistert, als wir die rote Markierung erreichten. „Das war wirklich ausgezeichnet. Kommen wir zur letzten Aufgabe, an dieser werden wir wohl etwas länger arbeiten müssen." Sie hielt jedem von uns eine Flasche Wasser hin, wir bedankten uns und folgten ihr zurück in die große Halle. Auf den Matten, auf denen wir gestern noch gekämpft hatten, lagen ein paar laminierte Zettel. „Ich weiß nicht, wie du mit deinen Kollegen bisher gearbeitet hast, Panos, aber für unsere Arbeit ist nonverbale Kommunikation im Kampf oder während einer Verfolgung unverzichtbar. Cady kennt sich damit bestimmt schon aus, doch ich möchte, dass ihr gemeinsam daran arbeitet und wenn ihr der Meinung seid, dass es sitzt, führen wir noch eine kleine praktische Übung durch. Ihr findet mich unter der Treppe, wenn ihr etwas braucht." Panos atmete angestrengt ein und aus, doch als sich unsere Blicke trafen, schenkte er mir ein Lächeln, das ich nur selten zu sehen bekam unter seiner harten Mimik. Wir setzten uns im Schneidersitz gegenüber und ich schaute mir die Papiere durch. Ich konnte mich auch nicht mehr an alles erinnern, doch viele der Handzeichen kamen mir bekannt vor. Ich übergab Panos, die laminierten Blätter und versuchte mich an meine Ausbildungszeit zu erinnern. Ich gestikulierte herum und versuchte mich an alle Zeichen und Kommunikationsmöglichkeiten zu erinnern. Nachdem auch Panos alle Seiten aufmerksam studiert hatte, rückte ich näher zu ihm heran.
„Abfragetechnik?" Panos nickte. „Okay, fangen wir mal einfach an. Vorrücken und Rückzug." Panos bewegte seine Hand mit knappen, schlüssigen Bewegungen. „Okay, gut. Richtungsanweisung." Wieder zeigte mir Panos das richtige Handzeichen. Wir gingen alle möglichen Handzeichen durch, und andere Kommunikationstechniken, bis wir beide sie sicher beherrschten.
„Du lernst schnell. Ich bin beeindruckt." neckte ich ihn. Wieder grinste Panos.
„Nur, weil ich groß und breit bin, heißt das nicht, dass hier oben nichts drin ist." Er deutete auf seinen Kopf und ich musste schmunzeln.
„Ich dachte eher, dass da oben nichts drin ist, weil da unten so viel ist." Ich deutete auf seinen Schritt.
„Gestern hast du dafür noch ein anderes Wort verwendet, was war es noch gleich?" Panos tat als würde er überlegen.
„Ich nehme es zurück, okay?" Ich verdrehte gespielt genervt die Augen und Panos machte eine abwinkende Handbewegung. Aber wieder einmal konnte ich mir diese Vorlage einfach nicht entgehen lassen. „Dein kleiner Freund, leistet wirklich eindrucksvolle Arbeit." Ich schrie belustigt auf, als Panos sich bedrohlich erhob. Schnell sprang ich auf, um vor ihm zu flüchten. Doch ich war nicht schnell genug, weil ich von einem Lachkrampf überfallen wurde.
„Dafür wirst du bezahlen." Er schob mich gegen die Wand und blickte kurz zu Carolina hinüber, die noch immer vollkommen vertieft schien. Dann schob er seine Hand an meinem Hals nach oben und drückte mich sanft an die Wand.
„Sind wir uns nicht etwas zu nah?" Meine Frage verlor sich in einem Keuchen, als Panos nach einem meiner Beine griff, es an der Kniekehle anhob und sein Gemächt an meine Mitte drückte.
„Ich habe es dir schon einmal gesagt, Cady. Hör auf mich zu provozieren, du hast keine Ahnung, was du mit mir anrichtest. Ich will deine Lippen auf meinen spüren, ich will deine Berührungen auf meiner Haut spüren, ich will dich spüren. Es verlangt mir so viel ab, mich von dir fernzuhalten, aber wenn ich nachgebe, wird meine Konzentration vollkommen verschwinden. Du wirst noch mein Tod sein, Cady Navarro, das habe ich ernst gemeint. Du bist meine einzige Schwäche, und das ist ein verdammt großes Problem. Also hör auf mich zu provozieren, hast du das verstanden?" Ich schüttelte kaum merklich mit dem Kopf. Und dann tat ich etwas, das ich von mir selbst nicht erwartet hätte. Da Panos meine Hände nicht festgehalten hatte, wanderten diese wie von selbst zu seinem angespannten Kiefer, während mein Blick zwischen seinen Augen und seinen Lippen hin und her huschte. Und dann entfernte ich den letzten Abstand zwischen uns und drückte meine Lippen auf seine. Entgegen meiner Erwartungen erwiderte Panos den Kuss so sehnsüchtig, dass es mir den Atem raubte. Mit einem festen Griff packte er mich an der Hüfte und zog mich noch näher an sich. Ich löste mich sanft von ihm und sah ihm tief in die Augen.
„Eine Schwäche kann man immer zu einer Stärke machen, Panos. Ich bin verrückt nach dir, und das treibt mich an. Deine Nähe benebelt mich nicht, sie schärft meine Sinne. Ich will nicht, dass du dich um mich sorgst, denn das musst du nicht. Ich möchte, dass du mich beschützt. Wie du es damals im Club getan hast. Dein Verstand war unglaublich geschärft, als du bemerkt hast, dass Delia und ich in Gefahr sind. Hör auf dagegen anzukämpfen und nutze es. Du bist ein Bodyguard, Panos. Du wurdest darauf trainiert, andere zu beschützen, das ist, was du am besten kannst, also tu einfach das, was du schon seit Jahren tust." Statt einer Antwort, wurde ich von einem weiteren Kuss überrascht. Seine Arme schlangen sich um meinen Körper und wie ein Blitz schoss mir plötzlich ein eigenartiges Gefühl in den Bauch. Es fühlte sich fremd an, doch gleichzeitig auch ungewohnt gut, mein Herz schlug mit jeder Sekunde schneller. Ich vertraute ihm, in jeglicher Hinsicht. Es fühlte sich an, als könnte er mich jeden Moment zum schweben bringen und gleichzeitig hielt er mich am Boden. Ich schob Panos langsam und sanft von mir und suchte seinen Blick.
In dem Moment, in dem sich unsere Blicke trafen, wurde mir bewusst, dass Panos für mich weit mehr als ein nützlicher Zeitvertreib geworden war.
DU LIEST GERADE
The Bodyguard
RomanceIn Bearbeitung! Cady ist eine taffe Frau Anfang zwanzig. Als sie auf den Bodyguard einer Mafiafamilie trifft, beginnen beider Leben sich auf den Kopf zu stellen.