𝟎𝟏𝟐 | 𝑎𝑙𝑤𝑎𝑦𝑠 𝑎 𝑤𝑖𝑛𝑛𝑒𝑟

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K I L L I A N

Heute

„Ich hoffe, sie kastriert dich dafür", belustigt blickte meine kleine Schwester mir über den runden Esstisch entgegen und schob sich gleich darauf wieder ihre Gabel in den Mund. Für jeden Außenstehenden würde es nach einem Witz klingen, aber in Wahrheit musste ich eigentlich tatsächlich fürchten, dass meine wunderschöne Exfreundin mich kastrierte. Ich nahm es willig in Kauf, wenn es bedeutete, dass ich dadurch suspekten Assistenten von ihr fernhielt.

Luc hatte den Vertrag letztlich unterschrieben und hatte heute offiziell die Etage bezogen. Ich habe ein Team engagiert um ihr bei dem Wechsel zu helfen, damit sie so wenig Arbeitstage wie möglich verlor. Ich habe sie heute noch nicht gesehen, aber das würde sich wahrscheinlich ändern, sobald sie erfuhr, dass ich all meinen Sicherheitsleuten untersagt habe ihren Assistenten Gabriel hereinzulassen, falls er auftauchen sollte.

„Sie sollte verstehen, dass ich keine Tiere in mein Gebäude lasse", entgegnete ich unberührt und machte mir gar nicht erst die Mühe meinen Blick von meinem Laptop vor mir zu lösen. Meine Finger flogen derweil über die Tasten.

Inzwischen beschwerte April sich nicht mehr darüber, dass ich selbst bei unseren regelmäßigen Treffen mich meist nicht vollständig von der Arbeit lösen konnte. Es war nicht so, dass ich sie selten zu Gesicht bekam. Sie studierte in New York — Kunst im Hauptfach, um genau zu sein — lebte in einem Penthouse direkt unter mir — das Gebäude gehörte ebenfalls mir — und war darüber hinaus natürlich auch in unsere Familienunternehmen involviert. Meine kleine Schwester hatte genügend Zeit um mir auf die Nerven zu gehen. Sie überlebte es, wenn ich bei einem Mittagessen meine Aufmerksamkeit mal zwischen ihr und meinem Unternehmen aufteilte.

Diesmal war sie nämlich sogar auch anderweitig beschäftigt. Neben ihrem Teller lag irgendein Magazin, in dem sie immer mal wieder herumblätterte. Ein Magazin, dessen Schlagzeilen natürlich nur von mir und Lucy handelten. Schließlich war das Theater in Paris gerade mal erst knappe zwei Wochen her.

„Mach ruhig Witze, so lange du noch kannst. Wir beide wissen, sie wird dir die Hölle heiß machen und ich kann es kaum erwarten mir das anzusehen. Ich bin wirklich froh, dass sie wieder da ist um dir regelmäßig in den Arsch zu treten. Deinem Ego wird es gut tun endlich wieder gebrochen zu werden, nachdem die gesamte weibliche Erdbevölkerung sich dir quasi zu Füßen geworfen hat", aus dem Augenwinkel sah ich, wie sie beiläufig die Augen verdrehte, ehe sie das Magazin vor sich ruckartig zuschlug und von sich weg schob

Sie schüttelte mit verzogenem Gesicht den Kopf. „Gott, ich kann mir das nicht mehr ansehen. Da sind zu viele Bilder von dir drinnen und von den Kommentaren über dich wird mir schlecht."

Ich hätte bei ihrer Aussage geschmunzelt, wenn die Wahrheit dahinter nicht so düster wäre. Erfolg, Geld, Macht; alles kam mit einem Preis, den zu bezahlen einen von Grund auf veränderte. Ich konnte es nicht verleugnen, dass die letzten Jahre sich etwas in mir verändert hat. Seit dem Tod meines Vaters schien ich um hundert Jahre gealtert zu sein und ich war so unglaublich müde vom Leben.

Man fand überall Schlagzeilen über mich, etliche Details, die in meine Privatsphäre griffen, aber die einzige Wahrheit, von der ich wollte, dass alle Welt sie kannte, durfte ich nicht aussprechen; nämlich dass ich eine Frau liebte, die ich niemals haben konnte. Ich war gezwungen so viele Entscheidungen in den letzten Jahren zu treffen, aber ich durfte mich nie für sie entscheiden. Ich will mich einfach nur für sie entscheiden dürfen.

Mein Blick haftete also weiterhin auf dem Bildschirm vor mir, vollkommen unberührt von meinen Gedanken, als ich trocken erwiderte: „Muss wirklich hart sein, wenn der eigene Bruder so viel attraktiver ist als man selbst."

𝐓𝐇𝐄 𝐃𝐄𝐕𝐈𝐋'𝐒 𝐃𝐄𝐀𝐋 | 𝐵𝑜𝑜𝑘 𝑡𝑤𝑜Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt