Kapitel 5

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Die Atmosphäre in der Moschee war gesättigt von Hingabe und Frieden, als die melodische Stimme des Hoxhas durch den Raum schwebte. Ich spürte, wie mein Herz im Einklang mit dem rhythmischen Ruf zum Gebet schlug, und die Gemeinschaft meiner gläubigen Geschwister strahlte eine gebündelte Energie aus, das mein Herz mit wärme füllte.

Während des Gebets konnte ich die Nähe zu Allah förmlich spüren. Jede Verbeugung und jede niederwerfende Bewegung fühlte sich an wie ein innerer Dialog mit dem Göttlichen. Die Worte des Hoxhas erreichten meine Seele und ließen mich die Welt um mich herum vergessen.

In der ehrwürdigen Stille der Moschee saß ich auf den weichen Teppichen, umgeben von einer Atmosphäre der spirituellen Ruhe. Doch in meinem Inneren tobte ein gewaltiger Sturm, der den Glauben gegen die düsteren Gedanken kämpfen ließ. Tränen vermischten sich mit meinem verzweifelten Flüstern zu Allah.

„Warum, Allah, warum?", rang ich mit den Worten, während ich meine Stirn auf den Boden legte. Der Glaube an dich ist so tief in mir verwurzelt, und dennoch erdrückt mich die Dunkelheit. Die Sehnsucht nach Frieden kollidiert mit der quälenden Leere, die meine Gedanken erfüllt.

Jeder Vers aus dem heiligen Buch, den ich rezitierte, fühlte sich an wie ein zitternder Schutzwall gegen den Strudel der Selbstzweifel. Mein Herz betete, aber meine Seele kämpfte gegen die Finsternis an. Der Raum hallte wider von meinen inneren Schlachten, die sich im fahlen Licht der Moschee abspielten.

„Allah, lass mich nicht allein. Ich will so sehr an deine Barmherzigkeit glauben, aber meine Seele ist so schwer", flüsterte ich gebrochen, als ich versuchte, mich an den Glauben zu klammern.

Die Worte der Verzweiflung hallten durch die leeren Bögen der Moschee, und der Kampf zwischen Glauben und düsteren Gedanken schien keinen klaren Sieger zu haben. In diesem heiligen Raum rang meine Seele um Erlösung, während der Schatten der Verzweiflung tief in mir hauste.

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Die Sonne strahlte am Himmel, als ich Gedankenverloren aus der Moschee trat und meinen Blick gen Himmel richtete. Ein müdes Lächeln spielte auf meinen Lippen, getragen von der Erfüllung, die ich wie jedes Mal in der Moschee gefunden hatte auch wenn ich mit meinen dunklen Gedanken zu kämpfen hatte, die mich jeden Tag begleiteten. Doch meine Gedanken wurden jäh unterbrochen, als ich plötzlich gegen jemanden prallte.

„Entschuldigen Sie mich, ich habe Sie nicht geseh... Adriana?!" Wie erstarrt blickte ich in Edons erstauntes Gesicht. Seine Augen weiteten sich und er schien regelrecht fassungslos zu sein. Warum war er so überrascht? Dann fiel es mir wie ein Blitzschlag ein – ich hatte vergessen, mein Kopftuch abzulegen!

Edon wirkte in diesem Moment wie ein Gemälde, seine Augen zeigten eine Mischung aus Überraschung und Bewunderung. Sein Blick wanderte über mich, ich konnte förmlich spüren, wie er jede Facette meines Aussehens genau erfasste. Seine dunklen, graugblauen Augen waren wie Magnete, die alles in mir anzogen und gleichzeitig eine gewisse Ehrfurcht auslösten. Seine dunklen Haare fielen leicht über die Stirn, und sein markantes Gesicht mit den perfekt geschnittenen Gesichtszügen zeigte eine Mischung aus Verwirrung und Bewunderung.

In diesem Moment wurde mir bewusst, wie anders ich in seinen Augen wohl wirken musste, verglichen mit meinem gewohnten Erscheinungsbild.

„Nein, mir tut es leid. Ich habe Sie nicht gesehen... also, schönen Tag noch", murmelte ich leise und versuchte, unauffällig an ihm vorbeizugehen. Doch in einem Augenblick, der wie eingefroren schien, spürte ich plötzlich seine festen Finger, die sich um meinen Arm legten – eine unerwartete Geste, die bei ihm offenbar zum Standard gehörte.

„Warte Adriana." Seine tiefe Stimme durchdrang die Luft und schickte Schauer über meine Haut. Ich hielt inne, während er mich festhielt, und seine Augen durchbohrten meine. Die Straße um uns herum schien für einen Moment stillzustehen.

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