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Mein Leben ist aus den Fugen geraten.

Nichts ist mehr, wie es war, das Leben hat seine Leichtigkeit verloren.

Alles, was ich kannte, hat sich verändert.

Nein! Keine Angst!
Keine schwere Krankheit, kein Todesfall.

Aber wir sind seit September stolze Besitzer eine Photo-Voltaik-Anlage. (Ich bin froh, dass Word dieses Wort kennt, ich schreibe es nämlich immer falsch, also mit -e hinten. Sieht einfach hübscher aus, finde ich.)

Dazu gekommen sind wir buchstäblich wie die Jungfrau zum Kind, ungeplant und überraschend.
Als wir nach dem Urlaub unser Auto ausgepackt haben, hat uns unsere Doppelhausnachbarin erzählt, dass sie eine solche Anlage installieren lassen werden.

Mein Mann, der bei allem, was mit Energiesparen zu tun hat, riesengroße Elefantenohren bekommt, hat sie ausgequetscht, und irgendwie haben die beiden meine Übermüdung nach der Reise schamlos ausgenutzt, so dass ich zugestimmt habe.

Nicht, dass ich gegen ein vernünftiges Energiemanagement wäre, aber billig sind die Dinger ja nicht gerade.

Also, kurz und gut – vier Wochen später waren die Module auf dem Dach, der Speicher war eingebaut, das Ding angeschlossen.

Damit hatte wir unheimliches Glück, dass wir vor der Verabschiedung der Förderpläne der Ampel den Vertrag abgeschlossen haben. Bekommen hätten wir eh nichts, denn ein E-Auto und eine Wallbox haben wir schon. Und nur, wenn man alles zusammen bestellt, gibt es Geld vom Staat.

Logisch!

Nicht?

Okay!

Nicht!

Wer frühzeitig gehandelt hat, geht leer aus.

Egal, nun haben wir also das Ding auf dem Dach und den Speicher im Keller.

Dann begann ich, neue Worte zu lernen:

Einspeiseerlaubnis
Bundesnetzagentur
Inbetriebsetzungsanzeige
Marktstammdatenregister
Netzanschlusspunkt
Einspeiseanlage
Registrierungsbestätigung für die Stromerzeugungseinheit

Einige davon hätten mir bei jedem „Hanging-man-Spiel" während der Schulzeit Siege ohne Ende beschert.
Ich merke sie mir mal fürs Scrabble, vielleicht bekomme ich die Buchstaben dafür zusammen.

Wir haben Formulare ausgefüllt, Mails mit PDF-Dateien verschickt und bekommen, telefoniert – meistens mit Adam oder Oskar oder Anton.

„Wenn Sie eine Frage zu Ihrem Hausanschluss haben, sagen Sie Hausanschluss"

„Hausanschluss"

„Ich habe Sie nicht verstanden. Wenn Sie .........."

„Haus an schluss"

„Ich habe Sie nicht verstanden. Wenden Sie sich bitte an einen Mitarbeiter. Ich bin nur ein Computer. Ich lerne noch."

Neue Nummer – neues Glück.
Oder auch nicht.

„Guten Tag, Sie sind verbunden mit ....... Wenn Sie eine Frage zu Ihrem Hausanschluss haben, wählen Sie bitte die 1."

1

„Guten Tag! Sie haben eine Frage zu Ihrem Hausanschluss? Wir bitten Sie um etwas Geduld. Derzeit sind alle Mitarbeiter in einem Gespräch. Der nächste freie Mitarbeiter wird sich um Ihr Anliegen kümmern. Legen Sie bitte nicht auf."

Dann beginnt diese Art von Musik zu dudeln, bei der ich überzeugt bin, dass die unbegabtesten Absolventen einer Komponistenklasse auserwählt wurden, diese Töne zu kreieren.

Sias SchmunzeleckeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt