III. Etwas Klärungsbedarf danach

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„Du hast sie total überfallen!", zeterte ich und konnte noch immer nicht aufhören, mit dem Kopf zu schütteln. „So richtig."

Sorgsam strich Jesper mit dem Daumen über meinen Handrücken. „Ist doch alles gut gegangen."

Wir saßen in einem netten Café in der Nähe seiner Wohnung und reflektierten über die Situation in der Klinik – zumindest ich reflektierte, Jesper hingegen schien es ganz witzig zu finden. Kopfschüttelnd nahm ich einen Schluck von meinem Wasser. „‚Gut'? Jesper, ich liebe dich, aber Dad wäre fast umgekippt, als du ihm das mit dem Antrag erzählt hast."

Sein Lächeln wurde etwas resignierter und er seufzte tief. Dann ließ er meine Hand los und nahm einen Schluck von seinem Cappuccino.

„Ich hab nichts Falsches gesagt", meinte er und kreuzte die Arme. „Es hat etwas Traditionelles, die Eltern der Braut vorher um ihren Segen zu fragen."

Mit hochgezogener Augenbraue sah ich ihn skeptisch an. „Gut, dass du mich dann bereits gefragt hast, ehe es Dad und Papá erfahren durften."

„Liebling." Jesper lehnte sich ein Stück weiter vor. „Tatsächlich wissen wir beide, dass du meinem Antrag nicht zugestimmt hast. Ergo: Löschen wir diesen Versuch einfach aus unserem Gedächtnis."

Nun lag es an mir zu seufzen.

Ich wusste, dass es an Jesper nagte, als ich ihm nichts auf seinen Heiratsantrag vor zwei Wochen geantwortet hatte. Nun ja, ihm gar nichts gesagt zu haben, war eine Lüge. In Wirklichkeit war ich so schockiert, dass mir das erste über die Lippen kam, was ich in diesem Moment gedacht hatte: „Bist du verrückt?"

Danach war ich zu sehr in Tränen ausgebrochen, als dass ich weiter darauf eingehen konnte. Es war alles zu viel gewesen. Auch Jesper schien damals von sich selber überrascht worden zu sein, doch nochmals angesprochen hatte er das Thema bis heute nicht mehr.

„Jes... Du weißt, ich hab nicht nicht zugestimmt. Ich hab nicht ‚nein' gesagt."

„Also sagst du ‚ja'?"

Mir blieb die Antwort im Hals stecken. Die Hoffnung, die in seinen Augen glitzerte, trieb mir fast Tränen in meine. Meine größte Angst – zudem auch der Grund, warum ich mich nicht sofort in seine Arme stürzte und den Antrag annahm – war, er würde es nicht ernst meinen. Nicht, dass ich nicht an unsere Liebe glaubte, sondern eher, dass er es nur aus der Situation heraus gesagt hatte. Das Baby...

Was wäre, wenn er mich nur heiraten wollte, weil wir nun zusammen ein Kind erwarteten? Wir lernten uns erst wieder kennen – lernten uns nun richtig lieben –, nachdem seine Mutter mich gekündigt hatte, ich nach Santa Barbara zurückgegangen war und dabei dieses riesige Missverständnis entstanden war, dass sich erst vor knapp zwei Monaten richtig gelöst hatte. War das nicht viel zu früh? Andere Paare blieben Jahre zusammen, ehe sie ans Heiraten oder gar an Kinder nachdachten.

Und wir machten das irgendwie in der falschen Reihenfolge.

„Jesper...", begann ich. Allerdings ließ er mich verstummen, als er mit seinem Stuhl um den Tisch herum näher zu mir rückte. Die Hände an meine Wangen gelegt, strich er mir sanft unter den Augen entlang. Erst dann realisierte ich, dass mir tatsächlich Tränen entwischt waren.

Blöde Hormone.

Kurz, aber sanft küsste er mich. „Chloe, es ist alles gut. Ich will nicht streiten."

„Das ist es nicht. I-Ich-" Ich brachte es nicht raus.

Doch er schüttelte nur den Kopf. „Ich hab dich überrumpelt. Du musst mir nicht antworten, wenn du dich noch nicht bereit dafür fühlst."

Until ForeverWo Geschichten leben. Entdecke jetzt