V. Mein Zweitname ist Detektiv

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Ich fummelte nervös am Saum meiner Bluse herum und sah zum Bürogebäude von DreamLine hoch. Meine Urlaubstage waren letzten Freitag zu Ende gekommen und wohl oder übel musste ich diese Woche zurück in meine Arbeit starten. Jedoch stritt ich gerade mit mir selbst, ob ich es überhaupt durchziehen sollte.

Zum einen liebte ich meinen Job, die Kreativität dahinter und vermisste es irgendwie gestresst und ausgelaugt, aber bis in die Knochen zufrieden, nachhause zu kommen. Zum anderen hatte ich mir ebenso vorgenommen, Berry zur Rede zu stellen – oder zumindest ein bisschen nachzuforschen, ob er der wahre Grund für Charlys Unfall war. Es mag vielleicht eine dumme Idee sein, doch ich konnte nicht einfach still sitzen bleiben und meinem Bruder buchstäblich beim Atmen zusehen. Wenn es den Anschein nahm, dass ich in dem Auto hätte sitzen sollen, war ich es ihm schuldig, wenigstens mehr über den Vorfall herauszufinden.

Konzentriert versuchte ich den Kloß in meinem Hals zu ignorieren, hob meinen Absatz...und ging einen Schritt rückwärts.

Ugh! Ich würde noch wahnsinnig werden!

Ich musste da rein!

Schlussendlich gestand ich mir ein, dass an Heldentaten zu denken, einfacher war, als sie tatsächlich auszuführen. Ich fühlte mich belogen, dass scheinbar alle meine Lieblingshelden aus Serien und Büchern aus dem Nichts, Mut für etwas gewannen. Normalerweise war ich eine sture Person und versuchte schon die Dinge am Schopf zu packen, aber das hier...

Ich musste mir eingestehen, dass die Angst vor Berry und was mich in den nächsten Stunden erwarten könnte, der Grund dafür war, dass sich meine Beine nicht in das hohe Gebäude vor mir bewegen wollten.

Und vielleicht war heute einfach nicht der Tag für mutige Entscheidungen.

Mit einem Nicken versuchte ich mich selbst zu bestätigen, ehe ich mich umwandte und zurück zum Taxistand gehen wollte – wäre da nicht meine Chefin Michelle Baker ohne Vorwarnung erschienen.

Als sie mich sah, strahlte sie übers ganze Gesicht. Die dunklen, lockigen Haare hatte sie zu einem hohen Zopf gebunden, wodurch neben dem breiten Lächeln ihre definierten Wangenknochen noch mehr zur Geltung kamen. „Chloe! Wie schön Sie zu sehen!"

Ich zwang mich, ihr Lächeln zu erwidern.

„Morgen, ja, ich bin wieder hier!"

Die Stille danach war ein bisschen unangenehm.

„Gehen Sie nicht rein?", hakte sie dann nach und deutete auf das Bürogebäude hinter mir.

Mein schneller Puls ließ mich kurz zögern, ehe ich mir einen Ruck gab. „Doch, doch", erwiderte ich und deute auf den Eingang. „Gerne nach Ihnen. Wie war Ihr Wochenende?"

Als Michelle dann vage von ihren letzten Tagen berichtete und mit mir ins Gebäude ging, war ich froh, es hineingeschafft zu haben. Meine Chefin war dabei eine gute Ablenkung und tatsächlich hatte ich ihre Art ein bisschen vermisst. Nur Zuhause zu sitzen und auf etwas zu warten, das nicht passieren würde, war nervenaufreibend und auch wenn ich hier war, um mehr über Berry herauszufinden, hoffte ich, dass mir die Arbeit wieder etwas geregelten Alltag brachte.

Wenige Minuten später waren wir dann in unserer Abteilung angekommen und Michelle lud mich in der Mittagspause auf einen Kaffee ein, bevor sie um die Ecke und in ihr Büro verschwand. Ich selbst schluckte schwer und ging langsam auf meinen Schreibtisch zu.

Grundsätzlich sah er aufgeräumt und sauber aus – nichts deutete daraufhin, dass jemand in letzter Zeit dran war. Ich setzte mich auf meinen Stuhl, der leise quietschte und blickte verhalten durch den Raum.

Gott, ich war paranoider als gedacht.

Noch war Berry nicht zu sehen und auch die wenigen anderen an den umliegenden Tischen hatten mich lediglich begrüßt, ehe sie sich wieder abgewandt hatten. Ich redete mir ein, dass ich hier in Sicherheit war. Und doch schlug mein Herz zu tief, zu fest und vor allem zu laut in meiner Brust.

Ich schrak sichtlich zusammen, als jemand neben mir einen Stapel Papier auf meinem Bürotisch fallen ließ.

„Mr. Howard vom MiGA-Projekt hat angerufen", meinte ein Arbeitskollege, der wider aller Erwartungen nicht Berry war. „Sie hätten gerne eine Überarbeitung. Die Details habe ich Ihnen jeweils dazu geschrieben. Und für Ms. Kallas' Kampagne sollten Sie diese Woche noch ein Termin mit jemandem aus der Foto-Abteilung machen. Sie selbst kann keinen Fotografen stellen."

Wenige Sätze und schon war er wieder zurück an seinen Tisch gerauscht. Ich kannte nicht einmal seinen Namen und konnte auch nicht Danke sagen, so rasch war er aus meinem Umfeld verschwunden. Aber wie es schien, wollte er auch keine nähere Bekanntschaft meinerseits werden.

Ich verkniff mir ein Seufzen, bevor ich mich an meinen neuen Stapel wandte.

Ein vertrautes Gefühl überkam mich, als ich mich langsam durch die Notizen arbeitete. Zuversichtlich schob ich alle Gedanken an Jespers Ex in die hinterste Ecke meines Kopfes und stopfte sie zudem in eine imaginäre Schublade.

Die Konfrontation selbst würde noch früh genug kommen. Kein Grund, mich von der Arbeit ablenken zu lassen.

••◊••

Tatsächlich war besagte Konfrontation an diesem Tag nie gekommen. Von Michelle hatte ich in der Mittagspause erfahren, dass er sich noch für ein paar Tage Urlaub genommen hatte – was mir schon sehr verdächtig vorkam. Grundsätzlich gab es mir aber die Möglichkeit, seinen Tisch näher zu untersuchen.

Mit der Ausrede, nach meiner längeren Abwesenheit mit Überstunden ein paar Projekte wieder gut zu machen, war ich gegen neun Uhr abends mitunter die letzte im Großraumbüro.

Zu meiner Verwunderung schienen seine Schubladen und Ablageflächen wie ausgeräumt. Nicht dass sie komplett leer wären, aber es wirkte, als wäre er nicht nur ein paar Tage weg. Ob er nach seiner Beurlaubung ins Home-Office gehen würde?

Ehe ich die Schubladen wieder schloss, fiel mir auf, dass die eine tiefer war als die andere. Keine Minute später fand ich mit rasendem Puls auch den doppelten Boden in der unteren Lade. Meine Finger zitterten und ich hörte das Blut in meinen Ohren rauschen, während ich gekonnt mit einem Lineal die dünne Holzplatte anhob und darunter blickte.

Zu meinem Erstaunen war eine SD-Karte darin versteckt – und es war ein Goldschatz.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Apr 05 ⏰

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