Kapitel zwei: Dallas, Baby

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Es roch nach Rauch und Rosen, als ich aufwachte und meine Augen sich langsam wieder öffneten. Ich wollte mich ausstrecken und meinen Körper auf die andere Seite drehen, als ich bemerkte, dass ich gar nicht auf meinem Kissen lag.

„Oh nein“, dachte ich und geriet in Panik. Ich traute mich gar nicht, meine Augen zu öffnen, weil ich wusste, was mich erwartete. Ich erinnerte mich an die letzte Nacht und daran, dass ich nicht mehr nach Hause gegangen war. Vorsichtig schaute ich durch meine leicht zusammengekniffenen Augen. Weißer Rauch schwebte über mir, was den Geruch erklärte, der mich aufgeweckt hatte. Der süße Duft von Rosen kam von den langen, braunen Haaren, die über meinem Gesicht hingen. Ich lag auf einem fremden Schoß und blickte hoch auf den Mund, der an einer Zigarette zog. Anscheinend spürte das Mädchen die Unruhe meines Körpers, denn sie fing sofort an zu sprechen.

„Gut geschlafen, Laura?“, fragte sie. Ich richtete mich auf und schaute mich selbst im Rückspiegel an. Dass ich schrecklich aussah, war eine Untertreibung; ich sah aus wie Robinson Crusoe und fühlte mich wie sein Volleyball. Als ich mein völliges Bewusstsein zurückerlangte und die Erinnerungen in mein Gehirn zurückfluteten, wurde mir klar, dass ich dem Mädchen, auf dessen Schoß ich meine Nacht verbracht hatte, niemals meinen Namen gesagt hatte.

„Woher…?“ Ich hatte meine Frage gar nicht zu Ende gestellt, da legte sie ihren Finger auf den Lautstärkeregler des Radios, um ihn hochzudrehen. „Es sollte gleich wiederkommen, es ist fast ein Uhr mittags.“ Wieder einmal sprach sie in Rätseln und beantwortete meine Frage nicht. Verwirrt sah ich sie an. „Naja, ich habe eins und eins zusammengezählt. Ein vermisstes Mädchen, blond, blauäugig, schlank und zuletzt auf einer Party gesehen. Ich bin davon ausgegangen, dass du Laura Tyler bist. Habe ich mich da etwa getäuscht?“ fragte sie mit einem frechen Grinsen auf ihren Lippen. Natürlich wusste sie, dass sie recht hatte.

„Vermisst?“ 
Sie nickte. „Du willst mich doch nur loswerden. Meinen Namen habe ich dir bestimmt gestern im Schlaf gelallt“, verteidigte ich mich, weil ich einfach nicht glauben konnte, dass man nach weniger als 24 Stunden bereits nach mir suchte. Mein Satz brachte das erste Mal eine andere Reaktion als ein Grinsen bei dem Mädchen hervor. Sie drehte sich sofort zu mir und schaute mir direkt in die Augen, wobei mir ihre traumhaften, dunkelbraunen Augen auffielen. Eine Zornfalte bildete sich zwischen ihren Augenbrauen, und ich wartete sehnlichst darauf, dass sie sprach. „Ich möchte dich nicht loswerden, sonst hätte ich dich schon längst an einem Straßenrand zurückgelassen und wäre meinen eigenen Weg gefahren.“

„So etwas würdest du tun?“, fragte ich erschrocken, denn ich hatte alles bis auf den Teil mit dem am Straßenrand Zurücklassen gekonnt ignoriert. Langsam wanderten ihre Augen zu mir rüber. „Da gibt es noch schlimmere Dinge.“ Nachdenklich schaute sie aus dem Fenster, während ich meinen Verstand verlor. Mit wem saß ich in diesem Auto? Mir wurde bewusst, dass alle Fremden gefährlich sein konnten, egal ob Mann oder Frau. Ich drehte mich um. Die Straße, auf der das Auto geparkt stand, sagte mir nichts. Weder das grüne Feld zu meiner rechten Seite noch die Aussicht auf meiner linken. „Warte mal, wo sind wir?“, fragte ich aufgeregt, als in mir der Verdacht aufkam, dass wir Abilene verlassen hatten. „Ich habe dir gesagt, du sollst aussteigen“, verteidigte das Mädchen sich. Ich schüttelte meinen Kopf und lachte hysterisch los. Es war ein Lachen aus Verzweiflung.

„Nein, das kann nicht…“ 
„Willkommen in Dallas, Baby“, sagte sie und war sichtlich amüsiert über meine Panik.

Ich legte meine Hände auf das Lenkrad und wollte den Schlüssel umdrehen, um den Motor zu starten, doch das Mädchen griff nach meinen Handgelenken und hielt sie in die Luft. Sie war ziemlich stark; erst in diesem Moment fielen mir die Muskeln in ihrem grauen T-Shirt, das an den Schultern abgeschnitten war, auf. "Beruhige dich, es sind nur ein paar Stunden von hier nach Abilene. Du kannst jederzeit zurück."

WILD, WILD GIRLSWo Geschichten leben. Entdecke jetzt