5 | Der große Tag

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»Noah, zieh dich endlich um. Es ist Zeit fürs Bett.«

»Gleich, Mami!«

›Gleich‹, wie ich dieses Wort hasste!

»›Gleich‹ war schon vorhin. Jetzt ist die Spielzeit vorbei. Jetzt bitte!«

»Aber Mami, ich muss das noch fertig machen.«

»Das kannst du morgen machen.«

»Nein!«

Mitten in unsere allabendliche, zermürbende Diskussionsrunde, ertönte das penetrante Klingeln der Haustür. Fast hätte ich gewettet, es wäre Frau Herrmann, die wieder einmal ihren Unmut über die Lautstärke zum Ausdruck bringen wollte.

Mit einem resignierenden Seufzer ging ich zur Tür und versuchte dabei, die aufkommenden Spannungskopfschmerzen zu ignorieren. Innerlich bereitete ich mich auf eine weitere ermüdende Auseinandersetzung vor, formulierte schon im Geiste die passenden Entschuldigungen, als ich die Tür mit einem beherzten Schwung öffnete. Doch anstelle der erwarteten, missbilligend dreinblickenden Nachbarin, wurden meine Augen von dem unerwartet Anblick der beiden Partner meines Bruders überrascht, die mir mit breiten Grinsen gegenüberstanden.

»Was macht ihr denn hier?«

»Ach, siehst du, wie sie sich freut, uns zu sehen?«, flüsterte Kristin Jörg so laut zu, dass ich jedes Wort verstehen konnte.

Er nickte. »Ich habe ein bisschen Angst, dass sie uns vor lauter Freude gleich wieder die Tür vor der Nase zuschlägt«, murmelte er in derselben Lautstärke.

»Was wollt ihr hier?«, wiederholte ich meine Frage energischer.

»Ich bin dein Taxi«, verkündete mir Kristin freudestrahlend.

»Und ich dein Babysitter«, ergänzte Jörg.

»Mami, wer ist denn da?«, ertönte es plötzlich von hinten.

Ein Seufzer entfuhr mir, als ich bemerkte, dass sich auch mein Sohn in das unerwartete Chaos mischte. Neugierig schaute er um die Ecke, seine Augen leuchteten, als er seinen Lieblingsonkel Jörg erblickte. Mit einem fröhlichen Jauchzen sprintete er auf uns zu. Jörgs sonst so ernstes Gesicht hellte sich augenblicklich auf. Ein Lächeln umspielte seine Lippen, als er sich vorbeugte, um Noah in die Arme zu schließen. Auf Jörgs Arm schwang sich Noah sofort weiter, um auch Kristin, die ihn mit einem liebevollen Blick begrüßte, in eine herzliche Umarmung zu ziehen.

»Hallo Großer, was hältst du davon, wenn wir Mama heute mal eine Pause gönnen und ich sie dir entführe? Wie klingt das?«

Was?

Noah runzelte die Stirn. »Soll ich dann allein zu Hause bleiben?«

Jörg tippte ihm mit dem Finger auf die Nasenspitze. »Nein, ich bleibe hier und passe auf dich auf. Wir machen uns heute einen schönen Abend, dann bringe ich dich ins Bett und bleibe heute Nacht bei dir.«

Äh, Moment mal!

»JAAAA!«, schrie mein Kind so laut, dass man es wahrscheinlich noch im Nachbarhaus hören konnte. Kristin und Jörg grinsten bis über beide Ohren.

»Hab ich da auch was mitzureden?«, mischte ich mich ein.

Die drei tauschten einen Blick aus und schüttelten dann unisono den Kopf.

»Nein, ich fürchte, du bist überstimmt worden«, teilte mir Kristin mit.

Mit hochgezogenen Augenbrauen stemmte ich die Hände in die Hüften und funkelte die beiden herausfordernd an. »Ich verlange eine Erklärung, und zwar auf der Stelle! Was läuft hier? Wenn ich nicht sofort Antworten bekomme, fliegt ihr alle drei raus!«

Dancing back to LifeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt