6 | Frühstücksmeditation

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Die Nacht war ... merkwürdig. Anders kann ich es nicht beschreiben. Nach einem sehr lustigen Abend, an dem ich um eine neue Frisur – einen sehr frechen, blonden Kurzhaar-Bob – und ein wunderschönes Kleid – wofür auch immer – reicher war, war ich ins Bett gefallen und sofort eingeschlafen. Irgendwann hatte mich etwas geweckt und ich brauchte eine Weile, um mich zu orientieren und zu merken, dass es nicht Noah sein konnte. Dann schlief ich wieder ein, bis mich tatsächlich ein Sonnenstrahl weckte, der durch einen Spalt zwischen den Vorhängen schien.

Ungläubig schaute ich auf die Uhr und überprüfte zweimal, ob sie richtig ging. Bis zehn Uhr hatte ich geschlafen. Unglaublich! So lange war ich seit Noahs Geburt nicht mehr im Bett geblieben.

Sofort wanderte meine Hand zum Handy, um mich bei Jörg nach Noah zu erkundigen, als ich auch schon die Nachricht auf dem Display bemerkte. Eine Sprachnachricht wartete auf mich und mein Herz machte vor Aufregung und Neugier einen kleinen Sprung.

»Hallo Mama«, ertönte die helle Stimme meines Sohnes. »Wir haben gut geschlafen. Ich vermisse dich, aber Jörg ist da und wir haben viel Spaß. Heute gehen wir mit Kristin schwimmen! Ich hab dich lieb, Mama.«

Ein Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht aus und ich atmete erleichtert aus. Noah hatte Spaß und ich konnte mich entspannen.

Jörgs anschließende Textnachricht ließ mich kurz auflachen.

›Alles gut hier. Noah ist trotz Aufregung relativ zeitig ins Bett gegangen und hat gut geschlafen. Mach dir keine Gedanken. Wir kriegen das hier schon hin.‹

»Guten Morgen, mein kleiner Schatz«, sprach ich in mein Handy. »Ich vermisse dich auch schrecklich, aber es klingt, als hättest du eine tolle Zeit. Viel Spaß im Schwimmbad! Ich liebe dich. Und Jörg, danke für alles!«

Mit einem zufriedenen Seufzer ließ ich mich zurück ins Kissen fallen. Mein Blick wanderte zum Fenster, wo die Sonnenstrahlen immer noch neugierig ins Zimmer schauten.

Ich stand auf und ging ins Bad. Nach einer ausgiebigen Dusche hatte ich die Hoffnung, doch noch irgendwie an ein kleines Frühstück zu kommen. Und ich wurde positiv überrascht, denn das Hotel bot am Wochenende tatsächlich ein verlängertes Frühstück bis zwölf Uhr an.

Ich saß mit einem großen Milchkaffee, einer großen Obstschale und einem Teller mit verschiedenen Käsesorten vor mir und genoss es, mein Frühstück in aller Ruhe genießen zu können, ohne ständig von der Seite angequatscht zu werden. Ich liebte mein Kind, aber diese überschwängliche Energie und der große Redebedarf waren oft eine große Herausforderung für mich. Vor allem morgens, wenn die Hälfte meines Gehirns noch schlief.

»Oh, wow, entschuldigen Sie bitte«, unterbrach mich eine vertraute Stimme bei meiner Frühstücksmeditation. »Ich habe eigentlich erwartet, dass meine Schwester hier ist, aber ich kann sie leider nicht finden. Stattdessen sind Sie mir aufgefallen. Und ich muss Ihnen ein großes Kompliment machen. Diese Frisur steht Ihnen ausgezeichnet!«

Ich hob den Kopf und sah meinen Bruder erstaunt an. »Aus welchem Groschenroman hast du das denn kopiert?«

Er verdrehte die Augen und stieß ein theatralisches Stöhnen aus. »Oh, vielen Dank für dieses entzückende Kompliment, mein hochverehrter Bruder«, ahmte er mich gestelzt nach. »Es erfüllt mich mit unermesslicher Freude, dass meine neueste Frisurenkreation deinen Geschmack getroffen hat. Und warte, bis du das Kleid siehst, das ich dazu gekauft habe. Es ist einfach umwerfend! Du wirst es über alle Maßen lieben!«

Diese Parodie brachte mich zum Lachen. Ich konnte nicht verhindern, dass meine Wangen heiß wurden, denn das Kompliment freute mich mehr, als ich zugeben wollte. »Spinner, guten Morgen. Setz dich! Und dann erzähl mir, was du hier machst.«

Dancing back to LifeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt