Das Gute am unendlichen Selbstmitleid ist, dass es nur noch linear nach oben gehen kann. Und genau das passierte. Es ging aufwärts. Nein, es erfasste mich kein Traktorstrahl und zog mich in unser Raumschiff. Mal abgesehen davon, dass es so etwas Altertümliches wie einen Traktorstrahl gar nicht mehr gibt. Die Gefahr, in unerwünschten Einzelteilen am Zielpunkt anzukommen, hat man nie ganz ausschließen können. Deshalb solltest du auf jeden Fall zu flüchten versuchen, wenn du so einen sonderbaren hellen Strahl vom Himmel auf dich herabkommen siehst. Dann handelt es sich nämlich um eine noch nicht sehr weit entwickelte Spezies, die dich an Bord ihres Stellarkreuzers zu holen versucht. Immerhin giltst du für sie als noch unterentwickelter und somit interessant für Forschungszwecke. Und denen ist es egal, ob du in einem Stück oder in mehreren Teilen ankommst. Vielleicht finden sie es sogar besser, wenn du in Kleinteilen eintriffst, dann sparen sie sich wertvolle Zeit beim Sezieren.
Na, wie auch immer, das widerfuhr mir nicht. Denn das wäre zweifelsfrei noch schlimmer als mein aktuelles Selbstmitleid und keine lineare Aufwärtskurve, das wäre nur ein neues Horrorszenario und eigentlich sogar noch schlimmer als eine Apokalypse. Denn bei einer Apokalypse besteht immerhin die geringe Chance, dass ich persönlich gar nicht betroffen bin oder getroffen werde.
Was passiert ist: ein Nachrichteneingang. Genau jetzt. Während ich mich schon in mein schreckliches Schicksal ergeben habe. Denn mal ehrlich. Weißt du, wie du auf einem primitiven Planeten zu Fuß Tausende von Kilometern zurücklegen sollst? Mir fällt da spontan gar nichts ein. In diesen stinkenden Fahrgeräten nehmen sie nur Menschen mit Zetteln oder Währung mit. Beides habe ich nicht. Also kann ich diese Art der Fortbewegung schon mal ausschließen. Eine andere kenne ich nicht, selbst wenn es die geben sollte.
Ja, das ist mir jetzt echt eine Lehre. Ab heute werde ich auf jeden Fall in Weltenkunde besser aufpassen. Und ich werde mich auf den Planeten, auf den ich reise, besser vorbereiten. Denn nie, nie, nie wieder will ich rote Pünktchen bekommen, die scheußlich jucken. Und ich will auch nicht ohne eine sichere Unterkunft den Tag überleben müssen. Ich hätte in meine Tasche ein Überlebenspaket mit einem Hydrozelt einpacken sollen. Das filtert die Luft der schädlichen Umgebung für einen ausgewogenen Schlaf. So ein Hydrozelt gibt es in allen möglichen Varianten, je nachdem, auf welchen Planeten man reist. Es muss rein äußerlich wie die Zelte auf dem jeweiligen Planeten aussehen, weist aber innen unsere erstklassige Technik auf. Man muss nur aufpassen, dass kein Planetenbewohner aus Versehen hineingelangt. Wie man einem primitiven Wesen die High-Tech-Technologie erklären soll, weiß ich nicht. So etwas kommt erst im letzten Schuljahr dran, von dem ich noch ein paar Jahre entfernt bin.
Merkst du, dass ich vom Thema abschweife? Das liegt eindeutig an der unsauberen Luft, die hier alles überschwemmt. Da kann das Gehirn nicht mehr ordentlich arbeiten. Wieso haben die mich auf diesen gehirngefährlichen Planeten für eine Facharbeit geschickt? Das grenzt ja schon an mutwillige Sabotage! Einen Angriff gegen den diplomatischen Status meiner Eltern, so nach dem Motto: Wenn ihr nicht kooperiert, werden wir das Gehirn eures Sohnes zersetzen. Du verstehst, was ich meine, oder?
Egal, zurück zum Signalton. Der Galaxie sei Dank, befinde ich mich bereits in einer menschenlosen Gegend und kann ohne Gefahr das Modul aktivieren. Dieses Mal kommt mein Vater ziemlich klar rüber. Ein Bild gibt es zwar nicht, doch die Sprachübertragung ist nahezu knisterfrei.
„Astron, bist du beim Institut? Wir können dich noch immer nicht orten."
Verdammt, habe ich gedacht, es geht linear aufwärts? Wieso können sie mich immer noch nicht orten? „Nein, Dad, ich habe einen sicheren Ort gesucht, wo garantiert keine Terraner herumlaufen."
„Ah, gut, ja das erklärt es sicherlich."
Ich runzle die Stirn. Was soll das erklären? Dass ich kein Bild habe? Dass die Tonübertragung auch noch nicht perfekt ist? Das wäre mir absolut neu, dass unsere Kommunikationssysteme zwar durch das Weltall übertragen, jedoch an ein paar terrestrischen Häuserwänden scheitern. Aber wenn er meint ... Vielleicht sollte ich den geschützten Bereich verlassen und durch dieses nieselige graue Wetter gehen. Sehen wird mich hier sowieso keiner. Und falls doch, dann führe ich eben Selbstgespräche.
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Astron der Sternenreisende - LESEPROBE
Ficção CientíficaLESEPROBE Wir schreiben das Jahr 2252. Astron verbringt einen Tag auf der Erde, um dort Studien vor Ort durchzuführen. Doch als er zurückgebeamt werden soll, gibt es unerwartete atmosphärische Störungen. Nur über Umwegen gelingt es Wissenschaftlern...