Entgeistert starre ich den Zaun an. Mein Blick gleitet nach oben. Soll ich da jetzt hochklettern? Mein Gehirn teilt mir mit, dass ein Klettern allein nichts hilft. Ich muss mich auch verbiegen können, um den in meine Richtung gebogenen Draht ganz oben überwinden zu können. Ich bin kein Formwandler. Auch wenn ich kein Terraner bin, so stammen meine Vorfahren von ihnen ab. Es kann zwar sein, dass da mal ein Vulkanier oder eventuell auch ein Romulaner reingeraten ist, aber garantiert kein Formwandler! Meine Wirbelsäule ist nicht so biegsam, dass ich mich da drumherum schlängeln kann.
Wie komme ich auf den freien Platz?
Unwillkürlich fange ich an, mich zu kratzen. Zuerst oberhalb der Jacke. Als das nichts hilft, schiebe ich die Ärmel hoch und kratze direkt auf meiner Haut weiter. Diese roten Punkte werden nicht weniger, und genau jetzt macht mich das kitzelnde Gefühl wahnsinnig! Verdammt! Was ist bloß los? Am liebsten würde ich mir meine Klamotten runterreißen und mich am Zaun reiben, auf dem Boden wälzen – nur um dieses juckende Gefühl loszuwerden. Wer hat diese furchtbare Kleidung entwickelt?
Mein Herz schlägt immer schneller und Tränen fließen aus meinen Augen. Mich kratzend gehe ich den Zaun entlang. Keine Ahnung, ob du mich verstehen kannst, aber ich habe so ein sonderbares Gefühl in mir, so eine abgrundtiefe Leere, gegen die echt nur noch ein Schwarzes Loch ankommt.
„Beim galaktischen Quasar", murmle ich Moms beliebten Ausruf und fühle mich noch deprimierter. Ich will nach Hause. In meine kuschelige Wohneinheit, in meine Schlafkapsel mit der perfekten Atmosphäre. Und genau jetzt will ich auf das freie Feld und von den Technikern nach Chile geholt werden. Hat sich denn alles gegen mich verschworen? Ist das ein heimlicher Anschlag gegen meine Eltern, ein Sabotageakt gegen die Politik, für die wir im Sternensystem einstehen? Mittlerweile kommt mir gar nichts mehr zu abstrus vor. Die Rebellen haben bestimmt Möglichkeiten, die Kleidung für Weltenbesucher zu manipulieren. Und meine haben sie mit irgendwas infiziert, das durch die Luftzusammensetzung auf Terra aktiviert wird. Daher die roten Pünktchen. Daher das durchdringende Jucken. Daher ...
Ich halte inne. Mit dem Gehen und dem Kratzen. Mein Blick gleitet nach unten. Habe ich tatsächlich meine Jacke geöffnet und angefangen, sogar meine Brust und meinen Bauch zu kratzen? Entgeistert starre ich meine Hände an, meine Finger und ganz besonders meine Fingernägel.
„Beim Universum!", entfährt es mir, als ich das rötliche Schimmern sehe. Nein, das sind keine roten Punkte, wenn du das jetzt glaubst. Ich habe mich blutig gekratzt! Nun mischt sich unter das Jucken ein brennender Schmerz. Ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern, wann ich das letzte Mal geblutet habe. Habe ich überhaupt schon mal geblutet? Meine Stirn kräuselt sich von ganz allein, während ich wie mechanisch einen Schritt vor den anderen setze. Ich habe noch nie geblutet. Ich hatte noch nie rote Punkte auf der Haut. Ich war noch nie auf Terra und hatte nie Fasern an, die sich mit Flüssigkeit vollsaugen.
„As...on", dringt es metallisch aus dem weiterhin aktivierten Modul zu mir durch. „...ald da? ...nen ei... leichte Si...tur er...en."
Na super! Soll ich meine letzten verbliebenen Gehirnzellen jetzt etwa dafür benutzen, abgehackte Wortfetzen in sinnvolle Sätze zu modifizieren? Nicht mit mir. Ich blute! Das reicht doch schon. Wie schnell kann man eigentlich verbluten? Während ich an dem metallenen Zaun entlanglaufe, starre ich auf meine Finger, die noch immer rötlich schimmern. Klar, von allein geht mein Blut dort natürlich nicht weg. Soll ich sie an der Kleidung abwischen? Die ist ja sowieso kontaminiert. Und dann sehe ich die eklige Flüssigkeit wenigstens nicht mehr. Alternativ lasse ich die Hände einfach unten und schaue sie nicht mehr an. Wieso schießt ausgerechnet jetzt der nächste Juckreiz durch meinen Körper?! Ich brauche meine gesamte Willenskraft, um die noch unberührten roten Stellen nicht ebenfalls aufzukratzen. Meine Schritte beschleunigen sich. Ich muss so schnell wie möglich auf die andere Seite des Zaunes!
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Astron der Sternenreisende - LESEPROBE
خيال علميLESEPROBE Wir schreiben das Jahr 2252. Astron verbringt einen Tag auf der Erde, um dort Studien vor Ort durchzuführen. Doch als er zurückgebeamt werden soll, gibt es unerwartete atmosphärische Störungen. Nur über Umwegen gelingt es Wissenschaftlern...