V. "Ich bin dein"

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Liebster John,

Dies ist eine qualvolle Geduldsprobe für mich. Vor allem da du nun auch noch deine Abwesenheit verlängern musstest. Ich glaube ich falle Mrs. Hudson sehr auf die Nerven, jedenfalls murmelt sie stets den Wunsch, du würdest baldmöglichst nach Hause kommen und mich wieder zu einem Menschen machen. Du weißt ja, wie die alte Dame überreagieren kann.

Ich komponiere viel. Versuche mich in die Musik zu flüchten, um mich abzulenken. Inzwischen habe ich eine Partitur von fünf Seiten. Eine Interessante Komposition aus drei Themen. Sobald du hier bist stelle ich sie dir vor. Ich denke sie wird dir gefallen. Ich möchte dazu sagen, dass ich an dich dachte, beim Spielen. Damit ist diese Komposition genau genommen auch für dich. Es fehlt nur ein Schluss und sie ist fertig. Die Melodie ist an einigen Passagen traurig, sentimental. Aber unsere Geschichte ist das auch. Wir haben lange gebraucht, um zueinander zu finden. Ich spürte vom ersten Tag an, dass du anders bist. Du warst nicht langweilig, kein Esel der nachredet was in der Times steht. Du hattest stets deine eigene Weise zu denken und du hast mich in dein Leben gelassen. Alles was ich dir geben kann, ist das Versprechen dich niemals fallen zu lassen.

Ich weiß nicht mehr, wann sich meine Gefühle dieser Art für dich entwickelt haben. Ich weiß, dass ich es vor zwei Monaten realisierte, nur wollte ich es nicht wahr haben.

Fand ich doch, dass Liebe grausam ist. Wie viele Fälle haben wir schon gemeinsam bearbeitet in denen jemand wegen einer unsterblichen Liebe ermordet wurde? Sie bringt viele ungewollte Nebeneffekte mit. Hass und Eifersucht. Misstrauen und Angst.

Liebe ist ein Ultimatum. Liebe ist ein so grausamer Motivator.

Ich dachte ich müsse sterben an Sehnsucht, als ich endlich begriffen hatte was ich für dich fühlte, dass ich dich liebte. Sicher wäre ich vor Eifersucht zerflossen, wenn du dich mit jemanden eingelassen hättest.

Wir werden vorsichtig sein, John. Wenn wir uns in der Öffentlichkeit gemeinsam zeigen, darf sich nichts zwischen uns verändert haben. Unser Umgang miteinander muss derselbe bleiben.

Auch wenn es mir nicht leicht fällt, schlage ich vor, dass du an einigen deiner Abende im Club, oder bei anderen Gelegenheiten Interesse an einigen Damen zeigst. Nicht übertreiben, aber doch den Anschein geben, dass du nach Marys Tod nun wieder auf eine Beziehung mit einer Frau anspielst. Sollte es uns gefährlich werden, könntest du sogar eine Verlobung in Betracht ziehen, doch ich denke wir lassen es soweit nicht kommen, denn es würde mir - auch wenn ich wüsste es sei zu unserem Schutz - das Herz schwer machen dich aus der Baker Street ziehen zu lassen.

Es war damals schon schwer, als du Mary Morstan kennenlerntest. Es war meine Schuld, immerhin habe ich den Fall angenommen. Ich weiß noch heute wie du in unserer Wohnung standest und mich ansahst. Mir verkündetest, du hättest dich verlobt. Dein Gesicht, als du mich fragtest, was für mich am Ende bliebe. Dieses Gesicht sah ich an diesem Abend vor mir, als ich mich erneut dem Kokain hingab. Du hattest mich verlassen, wieso sollte ich dann nicht wieder mit diesem Mittel der Befreiung anfangen? Ich hatte keinen Grund mehr darauf zu verzichten.

Im Endeffekt war es gut so, wie es war, denn mit dem Wissen, dass du Mary hattest, dass du mich nicht mehr brauchtest, konnte ich tun was ich schließlich tat und Moriarty zur Strecke bringen und anschließend seine letzten Verbündeten ausfindig machen.

Ich habe dich in diesen Jahren mehr vermisst, als ich es für möglich hielt und die Versuchung mich bei dir zu melden wuchs mit jedem Monat.

Dich nach all diesen Jahren wiederzusehen füllte mein Herz wieder mit Leben und Freude. Ich gebe es schwer zu, aber als ich hörte Mary sei gestorben, erfasste mich die Hoffnung du würdest wieder in die Baker Street ziehen. Als du genau das schließlich vorgeschlagen hast, nachdem du mir mein Wegbleiben und den Vertrauensbruch verziehen hattest, war ich wie im Taumel. Inzwischen ist auch das zwei Jahre her. Noch immer tut es mir Leid, welchen Schmerz ich dir damals antat.

Ich möchte alles tun, um dies wieder gut zu machen. Ich bin dein, John. Mit allem was ich dir geben kann. Ich gehöre dir und sobald du wieder bei mir bist, gebe ich mich dir hin.

Sende mir ein Telegramm wann du in London eintriffst, ich werde dich am Bahnhof erwarten.

Dein,

Sherlock

AfterglowWo Geschichten leben. Entdecke jetzt