III. "Dort wo du bist"

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Geliebter John,

Deine Worte und deine Beschreibung vom Land haben mir eine wundervolle Vorstellung eingegeben. Eines Tages könnten wir gemeinsam aufs Land fahren. Nicht für einen Fall, sondern nur wir beide, für uns. Vielleicht könnten wir sogar ein Cottage kaufen, in Sussex und für eine Weile die Außenwelt und unsere Sorgen vergessen. Die Stadt mit all ihren Augen und Ohren hinter uns lassen, auf Zeit oder bis ans Ende unseres Lebens. Niemand würde da sein, niemand würde uns stören. Umso mehr ich darüber nachdenke, desto mehr gefällt mir die Idee. Es kann nicht die Zukunft sein, bis ins hohe Alter Fälle zu lösen. Es gab eine Zeit da war mir nichts wichtiger. Nichts war so fesselnd wie meine Arbeit, nichts tat ich mit mehr Hingabe. Doch dann kamst du.

So hast auch du meine Sichtweise auf das Leben verändert. John, ich nehme an, dass wir einander das Beste geben und das Beste im Leben zeigen. Auf diese Weise bewegen wir uns unaufhörlich aufeinander zu.

Die Wohnung, die wir unser Zuhause nennen, ist so leer ohne dich. Ich fühle mich in meinen eigenen vier Wänden nicht wohl, es ist einsam. Ich schlafe in deinem Zimmer, in meinem riecht es nicht nach dir. Deine Abwesenheit ist wie Kältebrand. Mir ist bewusst geworden, dass die Definition von einem Zuhause sich nicht auf einen speziellen Ort beschränkt. Tatsächlich empfinde ich es so, als sei mein „Zuhause" weit weg von mir, man muss also davon ausgehen, dass du, unabhängig vom Ort, meine Zuflucht bietest. Dort wo du bist, bin ich zu Hause. Also schwebe ich zum jetzigen Zeitpunkt einsam und obdachlos in meiner Existenz. Ich suche Ablenkung, Zerstreuung, doch meine Gedanken sind von dir beschlagnahmt, es ist eine Obsession ungeahnter Ausmaße. Ich fürchte die Fälle könnten darunter leiden, wenn wir unsere Beziehung annullieren sollten. So hoffe ich, dass die Euphorie mit der Zeit stetig und kontrollierbar wird. Gefühle sind schwierig. Ich war nie ein Meister darin sie zu beherrschen, ich konnte sie nur verstecken.

Nachdem ich von dem einzigen Menschen der mir jemals zuvor nahe war enttäuscht wurde - ich erzählte dir bereits von Viktor - nahm ich an ich sei nicht mehr fähig zu Romantik oder Erotik. Selbst du nanntest mich einmal einen Automaten und so habe ich mich auch immer gefühlt. Kalt, unnahbar. Doch du hast dich immer hinter meine Mauern geschlichen und sollte dir der Gedanke an Viktor zu viel sein, dann sei dir bewusst, dass ich mit ihm niemals die seelische Verbundenheit empfand die wir teilen. Ich hoffe Vergangenes stellt keine Hindernisse zwischen uns auf.

Meine Vergangenheit mag vielleicht zu einem Teil Viktor gehören, aber meine Gegenwart und meine Zukunft gehören dir, John. Ganz und vollkommen.

Indem ich meine Gefühle verschloss und dem kalten Wissen unterordnete und mich an niemanden band, dachte ich, ich würde mir einen Schutzwall errichten. Undurchdringlich, so dass ich niemals verletzt werden konnte. Ich sehe nun, dass das falsch war, denn was mich dauerhaft verletzte war die Einsamkeit. Ich sehe ein, dass es einen viel größeren Schutz bietet, wenn man sich denen hingibt die einen lieben. In meinem Fall bist du das. Ich möchte mich dir öffnen, ich möchte, dass du alles von mir hast, auf jeder Ebene, in jeder Hinsicht.

So ist der größte Schutz den wir für uns haben, wir selbst. Wenn du mir genügend vertraust und ich dir, können wir uns auf dieses Abenteuer einlassen. Das vielleicht größte in unserem Leben, eines welches nie zu Papier gebracht und von der Zeit vergessen wird. Ich weiß, dass ich jede Anstrengung, jede Einschränkung gerne hinnehme, solange ich ein Leben an deiner Seite habe.

Mrs. Hudson macht sich offenbar Sorgen, ich sagte ihr, dass du zu einer Cousine gefahren bist, aber die alte Frau ist klug und für solche Veränderung hat sie einen Blick. Ich weiß, dass wir ihr vertrauen können, was auch immer sie ahnt oder weiß, es ist sicher bei ihr.

Ich liebe dich, John.

Dich vermissend,

Sherlock

AfterglowWo Geschichten leben. Entdecke jetzt