Das Klingeln der Wohnungstür reißt mich aus dem Schlaf. Wer ist so gestört und klingelt mich viel zu früh aus dem warmen Bett? Sauer schaue ich auf die Uhr. 6:30 Uhr geht's eigentlich noch?! Genervt strample ich die Decke von mir herunter, rolle ich mich aus dem Bett und stapfe zur Tür, welche ich mit voller Wucht aufreiße und dem Störenfried direkt gegenüberstehe.
„Was?!" platzt es direkt aus mir raus, bis ich realisiere wer da eigentlich vor mir steht.
„Ein Morgenmuffel wie ich sehe" stellt mein Chef grinsend fest.
Verdammt!
„Tut mir leid ich hatte nicht so früh mit Ihnen gerechnet. Ich fange im Home Office erst um 9 Uhr an" entschuldige ich mich kleinlaut und trete zur Seite um ihn reinzulassen. Oh Gott diese Grübchen ich könnte gerade dahinschmelzen. Ich darf mir nichts anmerken lassen. Als er eintritt kann ich kurz seinen Geruch einatmen, was meinen Zustand nicht gerade besser macht.
„Soll ich die Schuhe ausziehen" fragt Liam. „Ähm nein müssen Sie nicht, alles gut" gebe ich von mir.
„Ich... ich müsste mich dann noch fertig machen" erkläre ich und deute auf meinen Schlafanzug.
„Kein Problem ich warte solange hier" sagt Liam mit einem leichten Lächeln. Ich nicke und verschwinde erst gestresst ins Badezimmer und dann ins Schlafzimmer. Ich kann jetzt ja schlecht in Jogginghose und T-Shirt dasitzen, also entscheide ich mich für eine schwarze Jeans und eine weiße Bluse mit etwas Ausschnitt. Bevor ich das Zimmer verlasse atme ich noch einmal durch, um meine Nervosität in den Griff zu bekommen. Ich setzte mich zu meinem Chef an den Tisch.
„Wieso wollten Sie mich unbedingt sehen" frage ich und versuche mir die Verwirrung nicht zu sehr anmerken zu lassen.
„Ich wollte Ihnen mitteilen, dass wir heute Mittag auf eine kleine Geschäftsreise müssen" erklärt er.
„Warum soll ich da mit? Ich war noch nie mit auf irgendwelchen Geschäftsreisen oder bei Geschäftsessen" rattere ich nervös runter.
„Ich hätte Sie einfach gerne dabei und irgendwann ist immer das erste Mal" sagt mein Gegenüber zwinkernd. Ich nicke, denn er hat ja schon irgendwie recht.
„Was muss ich denn alles mitnehmen" frage ich unsicher. Da ich wie gesagt noch nie auf Geschäftsreise war, weiß ich logischerweise auch nicht was man dafür so alles einpackt.
„Packen Sie einfach das ein was Sie für eine Woche Urlaub im Sommer einpacken würden und zusätzlich ein paar Business Outfits" berät Liam mich. Ich nicke, stehe auf und fange an zu packen. Nach einer halben Stunde habe ich soweit alles zusammen und setze mich wieder zu ihm an den Tisch. Mir fällt erst jetzt auf, dass ich bei der ganzen Aufregung völlig vergessen habe ihm etwas zu essen oder zu trinken anzubieten. Wie unhöflich von mir.
„Tut mir leid, dass ich erst jetzt frage, Sie haben mich ziemlich überrumpelt, aber möchten sie etwas essen oder trinken" frage ich und rutsche ein wenig unruhig auf meinem Stuhl hin und her.
Er lächelt.
„Nein alles gut, danke" sagt er und in mir macht sich ein wenig Erleichterung breit. Da sich bei mir aber langsam der Hunger anbahnt verschwinde ich kurz in die Küche, um mir einen Kaffee und etwas zu essen zu machen. Nach ein paar Minuten komme ich mit meiner wahrscheinlich viel zu großen Kaffeetasse und einer Schüssel Müsli zurück an den Tisch und beginne immer noch halb verschlafen und gleichzeitig ein wenig aufgeregt mit meinem Frühstück. Während ich mein Müsli in mich reinschaufle, schaut sich Liam ein wenig von seinem Platz aus in meiner kleinen Wohnung um. Irgendwie ist mir die Stille ein wenig unangenehm und ich versuche sie zu durchbrechen.
„Wo fahren wir denn hin" frage ich neugierig. Er blickt mich an.
„Das werden Sie sehen, wenn wir da sind" sagt er und lächelt mich ein wenig geheimnisvoll an, was mir ein wenig Angst macht. Wieso sagt er mir nicht wo die Reise hingeht? Aber er ist mein Chef und ich möchte nicht schon an seinem ersten Tag seine Entscheidungen in Frage stellen, das könnte eventuell nach hinten losgehen. Sein Vater konnte überhaupt nicht damit umgehen, wenn man ihn kritisierte, was ich schnell lernen musste.
„Ich würde schon mal Ihre Koffer ins Auto laden" unterbricht er dieses Mal die Stille, woraufhin ich ihn dankbar anlächle. Als er zurückkommt lächelt er mich zufrieden an.
„Ich habe eben alles abgeklärt, wenn sie möchten können wir auch jetzt schon los, dann haben wir noch ein wenig Zeit um in Ruhe anzukommen" erzählt mein Chef und es wirkt so als hätte er es irgendwie sehr eilig. Ich nicke und räume noch schnell meine Sachen weg. Hastig ziehe ich mir meine Schuhe an, schnappe mir meinen Wohnungsschlüssel und verlasse mit meinem Chef an der Seite meine Wohnung. Gemeinsam laufen wir zu seinem Auto und er öffnet mir die Beifahrertür.
„Danke" sage ich, steige ein und schnalle mich an. Also ihm fehlt auf jeden Fall nicht das Zwischenmenschliche wie seinem Vater. Vielleicht wurde er ja im Krankenhaus vertauscht. Bei dem Gedanken wie verschieden er und sein Vater sind muss ich ein wenig schmunzeln.
„Was ist so lustig" fragt mein Chef der mittlerweile neben mir Platz genommen hat, langsam ausparkt und losfährt.
„Nichts" antworte ich knapp und versuche den skeptischen Blick von ihm zu ignorieren, indem ich aus dem Fenster schaue und die Umgebung ein wenig beobachte. Die ganze Fahrt über spricht Liam kein Wort mit mir, während ich krampfhaft versuche nicht dauernd zu ihm rüber, sondern stur aus dem Fenster zu starren. Er sieht so gut aus. Man jetzt reiß dich zusammen er ist dein Chef und ihr fahrt nur auf Geschäftsreise mit getrennten Zimmern. Ihr werdet euch vermutlich sowieso nur bei irgendwelchen Meetings sehen, versuchet meine innere Stimme mich zu beruhigen. Ich bin so vertieft in meine Gedanken, dass ich erst merke wo wir eigentlich sind, als Liam den Wagen auf einem Rollfeld vor einem Flugzeug anhält. Wir fliegen? Wohin fliegen wir bitte? Ich will nicht fliegen. Wir könnten doch auch mit der Bahn oder so fahren! Angst steigt in mir auf und meine Hände fange an zu schwitzen und sich in Eiszapfen zu verwandeln. Ich glaube ich muss mich gleich übergeben oder falle in Ohnmacht, eventuell auch beides.
„Alles gut" reißt mein Chef mich mit seiner Frage aus den stressigen Gedanken und ich glaube so etwas wie Besorgnis in seiner Stimme zu hören.
„Äh ja ich fliege nur nicht wirklich gerne" gebe ich ehrlich zu und weiß nicht mal warum aber es fühlt sich in dem Moment einfach richtig an.
„Ihnen wird nichts passieren" verspricht er mir, was mich aber nicht gerade beruhigt ich meine es kann immer etwas passieren. Ich atme durch und steige mit ein wenig wackligen Beinen unsicher aus dem Auto. Ich werde es schon überleben versuche ich mich irgendwie zu beruhigen und wieder die Kontrolle über meine Beine zurück zu bekommen. Unser Gepäck ist mittlerweile schon im Flugzeug verstaut und da ich nicht will, dass es durch mich zu Verzögerungen kommt schiebe ich meine Angst so gut es geht beiseite und mache mich widerwillig auf den Weg das Flugzeug zu betreten. Drinnen angekommen lasse ich mich direkt auf einen der schwarzen bequem aussehenden Ledersessel fallen und schließe meine Augen, auch wenn noch überhaupt nichts passiert ist. Ich höre die Geräusche des Leders, als sich jemand auf den Sessel mir gegenüber fallen lässt. Ich öffne meine Augen und schaue kurz in zwei wunderschöne grüne Augen.
Liam.
Schnell schließe ich meine Augen wieder und versuche keine negativen Gedanken aufkommen zu lassen.
„Kann ich Ihnen etwas Gutes tun, damit Sie den Flug ein wenig entspannter überstehen" fragt er mich aber ich schüttle den Kopf, verkrampfe mich und kralle mich in den Sitz, da wir nun langsam losrollen. Wie ich es hasse! Hätte ich gewusst, dass wir fliegen wäre ich lieber zu Hause geblieben. Kurz nachdem wir abgehoben sind wird ein Glas mit Goldrand vor mich gestellt.
„Trinken Sie" befiehlt mir mein Chef und schiebt das Glas, halb voll gefüllt mit Wasser, noch ein Stück näher zu mir. Mit immer noch schwitzigen und zittrigen Händen greife ich nach dem Glas und trinke es gierig in einem Zug leer. Meine trockene Kehle fühlt sich langsam nicht mehr so ausgetrocknet an. Ich schaue ihn kurz dankend an bevor ich wieder meine Augen schließe und mich wieder verkrampfe. Mein Chef löst meine Finger vom Tisch, welche sich so sehr festkrallen, dass es anfängt weh zu tun. Beruhigend hält er meine Hand und streichelt sie. Seine Berührung fühlt sich wie tausend kleine Stromschläge an die durch meinen Körper jagen. Ich versuche das Gefühl zu ignorieren und werde langsam von der angenehmen Wärme die seine Hand ausstrahlt müde und schlafe ein. Als ich wieder wach werde liege ich zugedeckt auf einem großen Bett in einem mir nicht bekannten Zimmer. Wo bin ich und wie bin ich überhaupt hierhergekommen? Verschlafen schaue ich mich um. Zu meiner Rechten befindet sich eine große Fensterfront, aus der ich allerdings nicht schauen kann, da die schweren, großen Vorhänge zugezogen sind, welche den Raum angenehm abdunkeln. In der Mitte des Raumes steht ein Tisch mit vier Stühlen auf einem schwarzen, weich aussehenden Teppich. Verwirrt und ein wenig ängstlich stehe ich auf, gehe zur Tür und spähe nach draußen. Es sieht aus wie in einem Hotelflur. Ich schließe die Tür wieder und schaue mich weiter in de, Zimmer um. Mein Gepäck steht in der einen Ecke und vor dem großen Bett stehen meine Schuhe. Während ich noch dabei bin die Situation zu verarbeiten, dass mich irgendjemand in dieses Zimmer gebracht und ins Bett gelegt hat, öffnet sich die Tür. Ich zucke zusammen und drehe mich um. Mein Chef betritt völlig gelassen den Raum.
„Ah Sie sind endlich wach" stellt er fest.
„Wie bin ich hierhergekommen und habe ich das erste Meeting verpasst" platzen die beiden Fragen aus mir heraus.
„Ich habe Sie hierhergebracht und nein alles gut heute steht kein Meeting an" beantwortet er meine Fragen.
„Es gibt nur ein kleines Problem und zwar ist wohl bei der Buchung etwas schiefgelaufen und es wurde ein Zimmer mit einem Doppelbett gebucht anstatt zwei Zimmer mit je einem Einzelbett" erklärt er mir und hat seines Blick nach zu urteilen ein wenig Angst vor meiner Reaktion. Wie bitte? Ich mit meinem Chef alleine in einem Zimmer und dann auch noch in einem Bett? Das kann doch nicht wahr sein. Diese Reise wird ja immer schlimmer. Läuft das immer so ab? Ich hoffe ja nicht.
„Gibt es nicht noch ein anderes Zimmer" frage ich ein wenig verzweifelt, woraufhin er allerdings den Kopf schüttelt und nervös auf seiner Unterlippe herumkaut. Ohje das kann ja was werden.
„Wo sind wir eigentlich" will ich endlich wissen.
„In Kroatien" antwortet er knapp.
„Ach so" gebe ich kurz von mir. Ich wusste gar nicht, dass wir mit Kroatien verknüpft sind.
„Da wir wohl die Woche auf mehr oder weniger engem Raum zusammen verbringen werden, würde ich Ihnen gerne das Du anbieten" schlägt mein Chef vor und streckt mir seine Hand hin.
„Ich bin Liam" sagt er als ich nach seiner Hand greife.
„Ich weiß" gebe ich leicht lachend von mir. Hat er etwa vergessen, dass sein Vater ihn mit seinem Vornamen vorgestellt hat? Naja egal dann duze ich wohl jetzt meinen Chef. Irgendwie sehr ungewohnt. Meine Gedanken werden von dem Klopfen an der Tür unterbrochen. Liam öffnet die Tür. Der Zimmerservice betritt mit einem Burger und Pommes das Zimmer und stellt die Teller auf dem Tisch in der Mitte des Raumes ab, danach sind wir wieder nur zu zweit im Zimmer.
„Ich dachte du hast vielleicht Hunger, wenn du aufwachst und habe dir Essen bestellt" sagt Liam als er meinen fragenden Blick bemerkt.
„Oh ähm danke" bedanke ich mich ein wenig verlegen. Ich setze mich an den Tisch und fange an zu essen. Nach einer Weile setzt sich mein Chef zu mir und mustert mich. Sein intensiver Blick macht mich nervös.
„Erinnerst du dich echt nicht mehr" fragt er mit ein wenig Trauer in der Stimme.
„Woran" stelle ich eine Gegenfrage.
„An unser Treffen vor ein paar Jahren und generell an mich" wird er nun etwas genauer. Ich schaue ihn entschuldigend an. Was meint er? Wieso sollte ich mich an ihn und unser Treffen erinnern? Wir sind uns doch noch nie begegnet... oder etwa doch? Es ist mir so peinlich, dass ich mich nicht an das anscheinend stattgefundene Treffen erinnere, dass ich meinem Gegenüber gar nicht mehr in die Augen schauen kann.
„Kannst du mir vielleicht ein wenig auf die Sprünge helfen" frage ich verlegen und schiebe die Pommes auf dem Teller hin und her.
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𝓕𝓪𝓭𝓲𝓷𝓰 𝓗𝓮𝓪𝓻𝓽𝓼: 𝓐 𝓑𝓲𝓽𝓽𝓮𝓻𝓼𝔀𝓮𝓮𝓽 𝓡𝓸𝓶𝓪𝓷𝓬𝓮
RomanceIch fange an zu lachen. „Die Frau die du liebst? Du kennst mich gar nicht" stelle ich klar und drehe mich zu ihm um. „Dann lass mich dich kennenlernen und dieses Mal richtig und ohne Kontaktabbruch" schlägt Liam vor und starrt mir mit seinen stech...