Langsam und vorsichtig kletterte Bogimor die feuchte, steile Außenwand des Tempels hinauf. Er war ein Kaladan, ein menschenähnliches Rattenwesen. Bogimor war ein wenig kleiner als ein normaler Mensch, aber geschickter als jeder Elf.Seine schlanken, spitzen Finger fanden immer einen Halt im Mauerwerk. Mit seinem langen, glatten Rattenschwanz balancierte er und zog sich lautlos an der Außenmauer empor. Meter für Meter kletterte Bogimor die alte Sandsteinmauer hinauf. Er nutzte die Dunkelheit der Nacht, um unbemerkt das hohe Fenster des Tempelturms zu erreichen.
Wie viele humanoide Ratten besaß er einen langen Krummsäbel. Sein graues Rattenfell schützte ihn vor der nassen Witterung. In seiner kurzen Hose hatte er Diebeswerkzeuge und Messer versteckt. Zwei kleine Schwefelbomben trug er an seinem Gürtel.
Bogimor hielt sich mit einer Hand am Mauerwerk fest. Mit der anderen gab er seinen Klanmitgliedern das Zeichen zum Aufstieg. Hinter Bogimor folgten fünf weitere humanoiden Ratten, die heimlich das Außengemäuer des Tempels erklommen. Dann zeigte er auf das Fenster und gab geheime Signale mit den Fingern der freien Hand. Er signalisierte: ‚Fertigmachen zum Einstieg'.
Das letzte Handzeichen bedeutete: ‚Achtung vor möglichem Feind'.
Bogimor kletterte lautlos voran. Er erreichte den Fenstersims und stellte fest, dass das Turmfenster offen war. Bevor er es öffnete, lauschte er mit seinen großen Ohren, die aus seinem grauen Rattenfell herausragten. Um besser zu hören, zog Bogimor die Kapuze des grünen Mantels nach hinten. Er schnüffelte durch den Spalt mit seiner langen Nase, die vorne empfindliche Haare hatte.
Schnell hätte er Orks und Menschen bemerkt. Obwohl beide Rassen unterschiedlich riechen, stinken sie schlimmer als Zwerge und Gnome.
‚Das Zimmer ist frei. Wir gehen hinein', waren die nächsten lautlosen Signale der Kaladanratte.
Leise öffnete die Ratte das Turmfenster und sprang mit einem eleganten Satz hinein. Die anderen fünf Kaladanratten des Klans folgten ihrem Anführer durch das erste Zimmer des Turms und drängten sich weiter in Richtung der Wendeltreppe.
Bogimor lugte und schnüffelte hinunter. Er roch einen bekannten menschlichen Geruch und den typischen Weihrauch eines Tempels.
‚Drei sichern den obigen Turm. Zwei folgen mir', hießen die nächsten Handbewegungen. Die Kaladani teilten sich auf. Bogimor winkte Vasil und Danica zu sich. Die beiden schnallten ihre handlichen Armbrüste ab und luden sie.
Gemeinsam schlichen sie langsam die Wendeltreppe hinunter. Sie hielten an, als sie Licht durch eine Türkante schimmern sahen.
Bogimor ging leise voran, lauschte und roch an der Tür. Schließlich drückte er sie einen Spalt weiter auf. Hinter der Tür war ein Balkon im Tempel, der durch schmale Marmorbögen zur Halle hin geöffnet war. Eine Treppe führte von dort aus in den Saal.
Der Ratterich betrat die Loggia der Eingangshalle des Tempels und sah in den Eingangssaal des Gotteshauses hinunter. Die Wände der Halle waren mit großen roten Fahnen des Ordens geschmückt, die mit einem goldenen Adler bestickt waren. Von den oberen Saalwänden schauten die in Stein gehauenen Heiligen der Ordensgemeinschaft herab.
Zwei Wachen standen am Eingangstor mit ihren Hellebarden und unterhielten sich. Bogimor zeigte Danica und Vasil das Ziel und signalisierte, dass die Menschen abgelenkt waren.
,Das Eingangstor führt zur Straße', hieß es von Bogimor in der Gebärdensprache .
An der Decke hing eine lange Kette, an der ein großer runder Kerzenleuchter befestigt war. Der Leuchter befand sich etwa auf der Höhe der Rattenmenschen und bot etwas Sichtschutz vor den Blicken der beiden Menschenwachen unten im Saal.

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✅️ Seelenstein - Ruf der Vettel
FantasySariel, eine junge Seeelfe, steht vor einer unmöglichen Entscheidung: Soll sie ihre göttliche Pflicht als Heilerin erfüllen oder zur Waffe greifen, um gegen jene zu kämpfen, die einst als Feinde ihrer Sippe galten? Während ein brutaler Luftkampf übe...