Check-up-Date 1/2

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„Komm herein und folge der roten Linie bis zum Ende!", die Anweisung jagt mir ein Kribbeln durch den ganzen Körper. Ich stehe vor dem großen Klinikkomplex und horche in mich hinein: „Was mache ich bloß hier? Was passiert nun?" Ich betrete das Gebäude durch die große Schwingtür. Es riecht nach Klinik, mein Herz schlägt bis zum Hals. Schritt für Schritt folge ich der roten Linie, erwarte an jeder Ecke den Doc. Gerade als ich bemerke, dass die Linie aufhört, begrüßt mich jemand hinter einem Mundschutz in weißem Kassack und weißer Hose. Wenn er nichts gesagt hätte, hätte ich ihn wohl nichtmal erkannt. 

„Komm, wir müssen noch etwas holen!", bedeutet er mir, ihm zu folgen. Wir betreten den Fahrstuhl und fahren einige Stockwerke höher. An einer Weggabelung bittet er mich, kurz zu warten. Er würde kurz ein EKG-Gerät holen. Nervös trete ich von einem Bein aufs andere, studiere den Lageplan, der an der Wand hängt, meine Gedanken fahren Achterbahn. Nach unendlich langen Minuten kommt er wieder den Gang hinunter und stellt das EKG-Gerät vor mir ab, um dann einen anderen Gang entlang zu flitzen. Wenig später schiebt er ein Ultraschall-Gerät in den Fahrstuhl, ich schiebe das EKG hinterher. Diesmal geht es ein Stockwerk tiefer und anschließend durch ein Gängegewirr. Schließlich stehen wir vor der Tür zum Chefarztzimmer, die der Doc aufschließt. 

Er schaltet das Licht an und bittet mich durch das Vorzimmer direkt in ein kleines Sprechzimmer, der Duft von Desinfektionsmittel steigt mir in die Nase. Der Raum ist wirklich klein, es ist gerade genug Platz für einen Schreibtisch, einen Paravent, ein Waschbecken und eine Liege. Wir schieben beide Geräte zur Liege und er deutet auf einen Platz am Schreibtisch und zieht die Vorhänge zu. Nachdem er den PC gestartet hat, lehnt er sich zurück und mustert er mich intensiv: „Was führt dich her?" Ich bin so aufgeregt, dass ich kaum mehr als ein paar Worte herausbekomme. Ich stammele etwas von Neugierde. Er bleibt total professionell, schaut zum Bildschirm: „Nun, da ich die Vorgeschichte kenne, können wir die Anamnese auch abkürzen. Ich würde dich nun gerne auskultieren. Bitte mach dich obenrum frei!" 

Er steht auf und ich folge dem Beispiel und ziehe Sweatjacke und Oberteil aus, er schlüpft in ein paar Untersuchungshandschuhe. Beim BH stoppt er mich: „Das genügt vorerst! Ich höre erstmal auf die Lunge!" Er tritt um mich herum, ich drehe mich erstmal mit, um mich schnell wieder zurückzudrehen. Mit einer Hand stabilisiert er mich an der Schulter, die andere führt die Membran des Stethoskops über meinen Rücken. Ich folge seinen Anweisungen, tief ein- und auszuatmen. Schließlich tritt er wieder vor mich und fährt auf der Brust fort, mein BH muss ebenfalls weichen. Seine Hand greift mein Handgelenk: „Aufgeregt?" Ich kann mir ein Lächeln nicht verkneifen und nicke: „Ziemlich, ja!"


Herzrasen - Kurzgeschichten mit medizinischem HintergrundWo Geschichten leben. Entdecke jetzt