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PoV Kiara

Nach wieder nur ein paar Minuten warten kommt Professor Harlston in den Raum und blickt kaum von dem Tab auf, »Hi Kiara, deine Werte sind wie immer gut?«. Ein einfaches »ja« kommt aus meinem Mund, während er sich nun auf den Stuhl setzt, auf welchem Dr. Vinada eben noch saß. »Perfekt, alles perfekt. Heute habe ich tatsächlich nur eine Impfung, die Spritze kommt sofort«, mit diesen Worten hebt er zum ersten Mal seinen Blick und er schaut mich prüfend an. »Ich weiß, dass es dich wahrscheinlich schon sehr viele Leute in den letzten zwei Wochen gefragt haben, aber wie geht es dir?«. Seufzend ziehe ich meine Beine auf die Liege hoch und setze mich in den Schneidersitz. »Wie soll es mir schon großartig gehen? Ich weiß es nicht«. »Ich möchte nicht sagen, dass ich weiß wie du dich fühlst, aber ich weiß das es dir schlecht geht. Ohne es böse zu meinen – man sieht es dir an« erläutert er mir, mit seiner sehr sachlichen Stimme. Professor Theodore Harlston ist ein durch und durch akademischer und sachlicher Mensch und dennoch habe ich das Gefühl, dass mehr Gefühl in ihm steckt als er vermutlich je preisgeben wird. »Dr. Vinada hat es eben auch bereits angesprochen, ich weiß das es so nicht mehr weiter geht, wie es die vergangenen zwei Wochen war« erkläre ich und lasse mein Blick auf den weißen Boden gleiten. Genau in dem Moment kommt einer der Service-Bots hinein und Professor Harlston nimmt die Spritze entgegen, eher sich der Bot wieder auf den Flur begibt. Ich ziehe mir schnell meinen Pullover wieder aus und während er meinen Oberarm desinfiziert, spricht er mit erstaunlich mitfühlender Stimme, »niemand ist dir böse Kiara, so sollte es auch garnicht rüber kommen. Jeder wird nachvollziehen können, dass du alleine sein möchtest. Aber du musst auch an dich und dein Wohlbefinden denken, das solltest du auch in diesem Fall nicht vergessen«. »Ich weiß« murmle ich leise, aber dankbar. Manchmal habe ich wirklich gedacht, dass die ein oder andere Person sauer ist, da ich mich fast nur in meiner Kabine eingeschlossen habe. Der Impfstoff, welcher nun langsam seinen Weg in meinen Körper findet, brennt ein wenig und fühlt sich eiskalt an, weshalb ich kurz zusammen zucke. »Ist gleich wieder vorbei«. Die Spritze wandert anschließend in den Müll und ich ziehe mir meinen schwarzen Pullover wieder über, bevor ich auch schon aufstehe. »Kommst du heute zum Captains-Tisch oder lässt du ihn dieses mal ausfallen?« fragt er noch mit ehrlichem Interesse und sein Blick sagt mir, dass er es verstehen würde, wenn ich heute nicht hin gehen wollen würde. So viel Gefühl habe ich bei ihm noch nicht einmal gesehen, als ich als weinende fünf-jährige hier saß und zurück zur Erde wollte, um bei meiner Familie sein zu können. Damals hatte ich sogar etwas Angst vor ihm, aber da war ich nicht die einzige, wir waren ja alle noch ziemlich klein und im allgemeinen ängstlich wegen der ganzen Situation. »Ich habe Dr. Vinada bereits versprochen, dass ich heute hin gehen werde. Also werden wir uns heute wohl nochmal über den Weg laufen« gebe ich ihm die Antwort auf seine Frage. Er nickt und erklärt in der Tür noch mit einem leichten Lächeln, »wenn es dir aber zu viel wird solltest zu vorzeitig gehen. Keiner wird deshalb böse sein und wie gesagt: Denke an dein eigenes Wohlbefinden, das ist wichtig«. Ich nicke noch und damit verschwindet auch er zum nächsten Raum. Das läuft jede Woche wie ein Uhrwerk ab, alles ist fast immer pünktlich. Seufzend verlasse auch ich den Raum und mein Weg führt mich wieder durch den Empfangsraum zu den Fahrstühlen. Als dieser hält, steigt Rayne aus, welche heute wohl eine der letzten ist. Sie nimmt mich kurz wortlos in den Arm, denn sie weiß, dass ich grade nicht gesprächig bin und sie auch nichts daran ändern wird. Doch nachdem sie mich wieder los gelassen hat und ich sehe, dass der Fahrstuhl bereits wieder verschwunden ist, seufze ich frustriert auf. Rayne ist schon längst in den Gängen verschwunden, während ich jetzt wieder warten muss. Danke Rayne, wirklich. Es ist aber auch blöd, dass es für diese Station bloß diesen einen Fahrstuhl gibt, auf dem Rest des Schiffes gibt es immer mindestens 3 bis 5 Fahrstühle nebeneinander. Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass Damian neben mir zum stehen kommt, dann ist er heute auch ziemlich schnell durch gekommen. Wieder schweigen wir uns nur an und steigen anschließend zusammen in den Fahrstuhl. »Kommst du zum Captains-Tisch?« nehme ich mit halbem Ohr wahr und brauche einen Moment, bis ich realisiert habe, dass Damian mich das gefragt hat. »Ja. Ich habe es heute bereits zwei Personen versprochen, jetzt kann ich nicht mehr kneifen« erkläre ich mit leicht bitterem Unterton, denn meine Laune ist wieder im Keller gelandet. »Vielleicht wird es ja ganz lustig, so wie letztes mal, wo Alex den Löffel verschluckt hat« schmunzelt er und entlockt mir mit diesem Kommentar tatsächlich ein kurzes Lachen. »Hoffentlich nicht, dem Armen ging es danach überhaupt nicht gut. Auch wenn er über sich selbst und seine Dummheiten lachen musste« meine ich mit einem leichten Lächeln auf meinen Lippen, doch das war schon ziemlich lustig. Irgendwie zumindest. »Wenn nicht werde ich eben dafür sorgen, dass heute Abend etwas lustiges passiert, du musst wieder mehr lachen«. Überrascht schaue ich ihn an, doch er schmunzelt bloß. Wie kommt er darauf? Doch noch bevor ich diese Frage laut aussprechen kann, hält der Fahrstuhl und er verschwindet mit einem »bis später« zwischen den Menschen auf dem Gang. Ich stehe noch einige Momente regungslos dort, bevor ich ebenfalls schnell den Fahrstuhl verlasse, da dieser schon wieder runter fahren wollte. Kopfschüttelnd mache ich mich auf den Weg zu meiner Kabine und versuche die Blicke von den Menschen zu ignorieren, welche mich kennen und welchen ich wohl sehr leid tue. Schnell halte ich das Armband an den Sensor der Tür und verschwinde in meiner Kabine, bevor ich wieder einen Gefühlsausbruch in aller Öffentlichkeit bekomme. Vielleicht schauen sie mich auch deshalb alle so an, weil sie denken ich sei verrückt und könnte meine Gefühle nicht unter Kontrolle halten. Da stellt sich mir die Frage, was diese Menschen an meiner Stelle tun würden. »Verdammt nochmal« fluche ich vor mich hin und lasse mich auf das Fensterbanksofa sinken, von welchem ich in die Weiten des Weltalls blicken kann, welche relativ beruhigend auf mich wirken. Ich muss mein Leben wirklich wieder in den Griff bekommen!

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