14 - Ein Spielzeug?

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Niall wartete bereits auf mich im Vorlesungssaal, sein Gesichtsausdruck glich dem eines Hundes, der gerade etwas Verbotenes getan hatte. Ich ließ mich neben ihn fallen und zog den Laptop aus meinem Rucksack. 
"Es tut mir echt leid, Lou", sagte er kleinlaut. 
Ich sah ihn einen Moment ernst an, konnte mir jedoch mein Grinsen nicht verkneifen. "Du hast mir Runde Zwei versaut." 
Niall riss die Augen auf und wir starrten uns für eine Sekunde an, ehe wir beide lachen mussten. "Ist er sauer auf mich?" fragte er mich. 
"Bin ich nicht", sagte Harry, der sich nun ebenfalls eine Reihe hinter uns auf einen der Stühle niederließ und uns beide anlächelte.

Niall sah zu ihm und entschuldigte sich auch bei ihm. "Ich schwöre, ich klopfe ab sofort an!" sagte er, woraufhin Harry abwinkte.
"Louis schließt einfach ab sofort ab", entgegnete er schlicht.
"Ach, tut Louis das?" fragte ich ihn grinsend, weshalb er lachte und nickte, ehe er sich zu uns vorbeugte. "Ich bin mir ziemlich sicher, dass du auch nicht daran interessiert bist, dass nochmal jemand reinkommt, wenn ich gerade in dir stecke", flüsterte er und ich hielt die Luft an, während Niall ungläubig den Kopf schüttelte und sich auf seinen Laptop konzentrierte. Harry lehnte sich zufrieden grinsend zurück und ich versuchte mich zu sammeln. Nein, ich wollte für das nächste Mal definitiv ungestört sein. Definitiv. 

Die Vorlesungen verliefen ereignislos und langweilig, sodass ich froh war, als Niall und ich uns am Nachmittag im Park auf die Wiese setzten, um gemeinsam an einem Vortrag für einen unserer Kurse zu arbeiten. Wann immer es Gruppenarbeiten gab, arbeiteten wir zusammen daran, denn Niall war im Gegensatz zu mir unglaublich gut im Lernen. Ich musste jedes Mal viel Zeit investieren um etwas in meinen Kopf zu kriegen, während er sich den Stoff meistens nur ein-, zweimal durchlesen musste. Nicht selten wünschte ich mir, dass ich ebenso schnell lernen könnte. 
"Ist es was Ernstes?" fragte er mich und sah mich neugierig an. 
"Das Thema? Ich finde, Knieverletzungen und deren Behandlung nicht unbedingt lustig, also ja. Ich finde es ernst", antwortete ich und sah ihn mit unschuldiger Miene an. 
Niall schlug mir gegen die Schulter. "Du weißt was ich meine!" 
Lachend nickte ich. "Ich weiß es nicht. Nach dem Sex in der Dusche ist alles irgendwie intimer geworden. Ich habe ihn gern um mich", antwortete ich schließlich aufrichtig. Als etwas Ernstes konnte man das, was Harry und ich taten, bei Weitem noch nicht bezeichnen und ich wusste auch nicht, auf was es hinauslaufen würde. 

"Du hast also Angst!" stellte Niall fest. 
Defensiv sah ich ihn an und schüttelte den Kopf. "Wer sagt sowas denn?" 
Er bedachte mich mit einem vielsagenden Blick, während er die Bücher, die vor uns auf der Decke lagen, aufschlug. "Das sagen mir deine Augen. Ich kenne dich außerdem mein ganzes Leben. Du denkst, er macht das Gleiche mit dir, wie Nick am Ende." 
Ich fühlte mich ertappt und lehnte mich zurück, stützte die Hände im Rasen ab und zuckte mit den Schultern. 
"Ich weiß es nicht. Ich will mich nicht verlieben und dann wieder am Boden sein", sagte ich leise und fokussierte meinen Blick auf die Bücher, nur um Niall nicht ansehen zu müssen. 
Der tätschelte mir die Schulter sanft. "Du solltest vertrauen, Lou. Nicht jeder ist so ein Mistkerl und Harry wirkt wirklich nicht so. Immer wenn wir ihn sehen, hat er nur Augen für dich", sagte er und ich musste automatisch lächeln, was mein bester Freund mit einem wissenden Grinsen quittierte. 
"Genau wie Zayn, im Übrigen", bemerkte er. 

Genervt seufzte ich und schüttelte den Kopf. "Er war gestern noch da."
"Echt?" fragte Niall erstaunt und ich nickte. "Hat sich entschuldigt und wollte mich auf ein neues Abenteuer einladen", erklärte ich und sah Niall an.
"Ich traue ihm nicht, echt nicht. Irgendetwas stimmt mit ihm nicht. Aus Kelly konnte ich noch nichts herausbekommen, sie liebt ihn augenscheinlich!" 
"Er ist Familie", bemerkte ich.
"Er ist ein Arschloch", antwortete Niall schlicht und ich musste mir ein Lachen verkneifen.
"Ich meine, unser Nicht-Date war lustig, aber mehr auch nicht. Immer wenn er mich ansieht, wirkt das eher als wäre er hungrig oder so. Als wir zu dem Huhn gegangen sind, hat er mich rein gar nichts gefragt. Ich glaube, er ist auf nichts Festes aus", erzählte ich Niall meine Gedanken und der nickte mir zustimmend zu.
"Fragt sich nur, auf was du aus bist." 
Ich sah ihn verwirrt an, dachte einen Moment über seine Worte nach, ehe ich ihm antwortete. 
"Ich weiß es nicht. Ich folge meinem Gefühl einfach und sehe, wo es mich hinbringt", beantwortete ich seinen Gedanken ehrlich. 

***

Wir arbeiteten insgesamt zwei Stunden an dem Vortrag, bis ich irgendwann einfach erschöpft das Buch zuschlug und mich rittlings in den Rasen fallen ließ. "Ich kann nicht mehr!" sagte ich.
"Dann ist es ja gut, dass wir fertig sind", bemerkte Niall, der aus seinem Rucksack zwei Flaschen Bier zog und mir eine davon hinhielt. Dankbar nahm ich sie an.
"Hast du nicht gesagt, kein Alkohol mehr?" fragte ich amüsiert. 
"Stimmt, das ist alkoholfrei", antwortete er grinsend und ich musste lachen, wir stießen an, ehe ich einen Schluck trank und genießerisch seufzte. "Schmeckt nach Feierabend." 

"Louis, hey!" 
Ich sah nach oben, schirmte meine Augen mit meiner Hand gegen die Sonne ab und blickte in Zayn's Gesicht, neben ihm tauchte Kelly auf. 
Ich setzte mich auf und sie umarmte mich, Zayn hielt Abstand zu mir und lächelte mich einfach nur an. "Was macht ihr hier?" fragte Kelly und strich mir, wie so oft, durch die Haare, schenkte mir ein sanftes Lächeln. 
"Hi! Wir haben einen Vortrag ausgearbeitet. Und gleich geht's zum Training", antwortete ich ihr lächelnd und sie nickte. 
"Schon wieder Fußball?" fragte Zayn mich. Ich nickte bestätigend und er legte den Kopf schief. "Das wäre nichts für mich, wenn meine ganze Freizeit dafür drauf geht." 
"Das stört mich nicht, ich liebe Fußball", entgegnete ich und fing an, die Bücher zurück in meinen Rucksack zu packen. 
"Bald ist es dein Beruf!" bemerkte Niall und bedachte Zayn mit einem misstrauischen Blick. 

Ich erhob mich und Niall tat es mir gleich, sah zu Kelly. "Wie geht es dir?" fragte ich sie.
"Sehr gut soweit! Ich bin im Stress. Am Wochenende ist eine Party, kommt ihr alle mit? Ich muss mal Dampf ablassen!" 
Ihre Einladung klang gut und ich sagte ihr zu, Niall nickte ebenso ganz begeistert. 
"Ich frage Harry gleich, ob er auch mit kommt", sagte ich lächelnd, woraufhin Kelly mich neugierig ansah. 
Zayn ließ ein leises Lachen aus und ich blickte ihn an, er kam näher zu mir. "Du kannst deine Zeit auch einteilen und stattdessen mit mir gehen", schlug er vor und grinste breit. 
"Er kann auch Säure trinken, aber macht er ja auch nicht!" fauchte Niall, ehe er mich am Arm packte und mich hinter sich her zog. Ich konnte gerade noch Rucksack und Tasche greifen, so eilig hatte er es. 

Stolpernd folgte ich ihm. "Musste das sein?" fragte ich ihn genervt, Niall nickte fest.
"Das musste sein! Was denkt er sich?!" regte er sich auf und auf dem Weg zum Fußballplatz fluchte er vor sich hin wie ein Seemann, Zayn schien ihm wirklich unter die Haut zu gehen.
Ich schüttelte leicht den Kopf und sah ihn an, als wir die Umkleide betraten. "Er hat doch nur gefragt!" sagte ich.
Der Ire schnaubte. "Er hat dich angeguckt, als wärst du irgendein Spielzeug! Halt dich fern von dem!" meckerte er mich an und ich seufzte resigniert. 
"Wer guckt dich an wie ein Spielzeug?" 

Ich drehte den Kopf und Harry stand vor mir, zog gerade sein Trikot zurecht und musterte mich neugierig. 
Aus irgendeinem Grund fühlte ich mich ertappt. "Zayn", sagte ich leise und seine Augenbrauen zogen sich kaum merklich zusammen.
"Was war denn los?" fragte er mich und sah kurz Niall an, der nach wie vor so aussah, als würde ihm gleiche eine Ader platzen vor Aufregung. 
"Nichts Wichtiges", antwortete ich ihm lächelnd und musterte ihn kurz. "Das Trikot steht dir." 
Harry sah mir in die Augen, brauchte einen Moment um zu lächeln. Dann tat er es endlich und küsste meine Wange. Ich atmetete beinahe erleichtert leise aus.
"Bist du bereit für Zweikampf?" fragte er und ein spielerisches Grinsen erschien auf seinem Gesicht. Ich musste ebenso grinsen und biss mir auf die Lippe.
"Vielleicht", antwortete ich und zwinkerte ihm zu.

"Los geht's!" rief Coach Jack und klatschte in die Hände, ehe er die Umkleide wieder verließ. Ich zog mich in Windeseile um und ging dann mit Niall und Harry auf den Platz. Im Augenwinkel sah ich auf der Tribüne jemanden sitzen und drehte den Kopf in die Richtung.
Zayn saß auf einer der Bänke weiter oben und beobachtete mich, das war eindeutig zu erkennen. Sein Blick lag direkt auf mir. 
Am liebsten hätte ich ihn angebrüllt, dass er verschwinden sollte, doch der Platz war ein öffentlicher Teil der Uni, ihn wegzuschicken stand mir demnach nicht zu. Resigniert sah ich zu Niall, der Zayn ebenso entdeckt hatte und nur den Kopf schüttelte, ehe er mit einem Warm Up anfing. 
Ich startete mit Dehnübungen, um mich aufzuwärmen und sah zu Harry, der mir gegenüberstand und ebenfalls damit startete. Er blickte kurz zur Tribüne und dann wieder zu mir, sein Blick war undefinierbar, weshalb ich ihm ein unsicheres Lächeln schenkte. Er erwiderte es, doch es wirkte nicht so echt wie vorhin. 
Ich wollte etwas sagen, ich wollte es aufklären, doch die Trillerpfeife ertönte grell in meinen Ohren und das Training wurde offiziell gestartet. Harry strich mir kurz über den Arm, dann fing er an über den Platz in Richtung Tor zu joggen. 

Tangled Hearts | L.S.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt