18 - Würde er mir das Herz brechen?

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So schnell ich konnte bahnte ich mir meinen Weg durch die jungen Menschen, die ausgelassen die Tanzfläche einnahmen. In diesem Moment hasste ich sie alle.
Als ich endlich durch den Eingang hinaus ins Freie trat, war von Harry keine Spur. „So einfach gibst du jetzt nicht auf", murmelte ich zu mir selbst und rannte los, ich wusste welchen Weg er laufen würde, da ich wusste, in welchem Wohnheim er untergekommen war.
Mit schnellen Schritten lief ich um eine Häuserecke, von Weitem sah ich seine Silhouette im Licht der Straßenlaternen, keuchte erleichtert auf und beschleunigte noch einmal meine Schritte.

„Harry!" rief ich, sah dass er sich umdrehte, und zu meinem Glück blieb er sogar stehen.
Ich schloss zu ihm auf, atmete schnell und stützte die Hände auf meinen Knien ab für einen Moment. „Scheiße", hauchte ich keuchend und verzog kurz das Gesicht, ehe ich hoch zu ihm blickte.
Harry musterte mich kritisch. „Bist du jetzt schon außer Atem?" fragte er mich mit hochgezogener Augenbraue.
Ich lachte humorlos auf, stellte mich wieder geradehin und nickte leicht, sah ihn an. „Die Hose ist zu eng zum Laufen", antwortete ich.
Er warf einen Blick auf meine Hose, nickte bestätigend und sah mich dann wieder an.
„Harry, bitte lass mich erklären, was da drin gerade passiert ist!" bat ich ihn, sah ihn flehend an. Er schien darüber nachzudenken, das konnte ich ihm ansehen. Ein Funke Hoffnung war also noch da.
„Ich weiß nicht, Louis. Ich weiß nicht, ob das hier für dich die gleiche Bedeutung hat, wie für mich." Ich schluckte und nickte leicht, diese Frage konnte ich ihm nicht beantworten, doch ich wollte ihm wenigstens erklären, dass er der Einzige war.

„Zayn hat mich auf der Toilette abgefangen. Er wollte anscheinend noch einen letzten Versuch starten, ich habe ihm gesagt, er soll aufhören. Ich habe ihm sogar geschrieben vorher, dass da nie etwas laufen wird. Bis auf einen Kuss, als wir das Huhn gestohlen haben, war da nie etwas! Ich weiß nicht, wieso er das getan hat, als wir aus der Toilette gekommen sind. Vermutlich hätte ich ihm direkt eine knallen müssen, aber ich habe zu spät reagiert!" erklärte ich ihm hastig und seufzte laut auf. „Er ist ein absoluter Vollidiot! Er wollte dich wahrscheinlich einfach provozieren oder so", fügte ich hinzu und zuckte hilflos mit den Schultern.
„Es läuft mit niemand anderem etwas. Nur mit dir, Harry", sagte ich schließlich abschließend und blickte ihm in die Augen.
Er starrte mich ernst an und seufzte dann leise, verschränkte die Arme vor seiner Brust. „Er ist ein Arschloch", stellte er fest, was ich mit einem Nicken meinerseits beantwortete.
„So was von", antwortete ich sofort.
Harry nickte ebenfalls, dann sah er mich jedoch mit einem bedrückten Blick an. „Dennoch, Lou. Mir stellt sich leider die Frage, was wir hier eigentlich tun."

Ich wurde stumm, sah ihn an und wurde unsicher. Wollte er jetzt sofort eine Antwort? Was sollte ich ihm sagen? Ich bekam keinen Ton heraus, was Harry augenscheinlich frustrierte.
„Ich genieße die Zeit mit dir. Ehrlich, sehr sogar. Und ich möchte gern wissen, ob ich mir Hoffnungen machen darf", sagte er.
Ich blickte auf den Boden. „Ich genieße die Zeit auch mit dir", sagte ich leise, wissend, dass es nicht das war, was er hören wollte.
„Besser als nichts, schätze ich", antwortete er mir resigniert, ehe er ein tiefes Seufzen von sich gab. „Ich weiß, dass du einiges erlebt hast. Mit Nick, meine ich. Ich kann dir nur sagen, dass du mir vertrauen kannst, ich weiß aber auch, dass das nicht so einfach ist."
Ich konnte ihn einfach nur ansehen. Er war so reif und reflektiert, ich war stattdessen einfach nur ein riesiger Chaot, der sich nicht eingestehen konnte, was er wollte und der vor Angst wie gelähmt war. Ich blickte in seine Augen, er erwiderte den Blick.
„Ich denke, wir beide brauchen ein paar Tage. Du solltest dir bewusstwerden, was du möchtest. Und ich muss nachdenken", sprach er und drehte sich von mir weg.

„Harry, bitte, nein, geh nicht!" sagte ich sofort und ging panisch einen Schritt auf ihn zu.
Er sah noch einmal zu mir. „Wir beide brauchen ein bisschen Abstand", sagte er abschließend, ließ mich in meinen Bewegungen erstarren und lief davon in Richtung Wohnheim.
Ich sah ihm nach und schluckte, ehe ich den Blick senkte. Es war nicht geplant gewesen, dass ich die Sache mit ihm versaute. Mein Herz rutschte mir in die Hose und ich schluckte leicht, ließ mich auf die Parkbank fallen, die neben dem Gehweg stand, als hätte sie nur darauf gewartet, dass ich darauf sitzen und eine Krise haben würde.
Ich schluckte wieder, kniff die Augen zusammen und zwang mich selbst dazu, nicht wie ein Baby loszuheulen. Stattdessen zog ich mein Handy hervor, wählte Niall's Nummer und rief ihn an.
„Hey!" meldete er sich.
„Können wir uns treffen?"
„Hast du ihn nicht mehr einholen können?"
Ich schniefte. „Doch..." antwortete ich leise. Niall seufzte.
„Ich bin auf dem Weg, wo bist du?"
Kurz sah ich mich um. „Sitze gegenüber vom deLuca", antwortete ich.

Niall legte auf und ich hatte das Gefühl, die italienische Comicfigur eines Koches, die in grellen Neonfarben auf der Straße gegenüber im Fenster des deLuca leuchtete, würde mich höhnisch auslachen. Ich raufte die Haare und vergrub mein Gesicht in meinen Händen, und fluchte leise.
Ich hatte es absolut versaut bei Harry und ich hatte seine Gefühle offensichtlich verletzt. Das wollte ich keineswegs und ich fühlte mich unglaublich schlecht deswegen.

Als sich irgendwann jemand vor mich hockte, zuckte ich zusammen und schreckte zurück im ersten Moment, bis ich erkannte, dass es Niall war.
Er sah mich besorgt an, während ich erleichtert ausatmete.
„Wieso sitzt du hier allein auf einer Parkbank?" fragte er mich.
„Er hat gesagt, ich soll nachdenken, was ich eigentlich will", antwortete ich leise.
Niall setzte sich neben mich und legte den Arm um mich, ich lehnte mich an ihn und schloss die Augen.
„Aber du willst doch ihn, oder nicht?"
Sofort nickte ich. „Ich habe Angst", gab ich leise zu, schlang die Arme um Niall und kuschelte mich mehr an, ich brauchte jetzt einfach Wärme. Niall begann, mir über den Rücken zu streichen.
„Harry ist nicht Nick", sagte er leise.
Ich wischte mir über die Augen. „Woher willst du das wissen?" fragte ich ihn, es war mehr ein Flüstern und ich spürte die Angst, wie sie durch meine Glieder kroch und mich nicht losließ.

„Soll ich es dir sagen?" fragte er, woraufhin ich sofort nickte.
Er strich mir über den Arm. „Nick ist eher wie Zayn. Er spielt gerne, er hat sich nie wirklich hundertprozentig auf dich eingelassen. Er hat dir wehgetan, hat sich oft nicht gemeldet." Ich schluchzte auf mit einem Mal und wischte mir erneut grob über die Augen.
„Harry war immer ehrlich dir gegenüber, soweit ich das beurteilen kann. Und er sieht dich so an, als wärst du das Wertvollste, was er kennt. Das hat Nick nie getan."
Ich presste die Lippen aufeinander und nickte leicht. „Was, wenn das alles nur gespielt ist?" fragte ich ihn ganz leise.
„Dagegen würde ich jetzt eine Wette mit sehr hohem Einsatz eingehen", antwortete er schlicht.

Seufzend blieb ich nah an ihm. „Danke, Niall", flüsterte ich.
„Für was denn?"
„Dass du immer für mich da bist", sagte ich und konnte sein Grinsen förmlich spüren. Er klopfte mir auf die Schulter.
„Du bist mein bester Freund, das wird sich nie ändern. Ich bin immer für dich da."
Ich hob den Kopf und sah ihn an, musste automatisch lächeln. Niall grinste mich an. „Wehe, du küsst mich jetzt. Dann schmeiß ich dich von der Parkbank!"
Ich lachte leise und schüttelte den Kopf, lehnte meinen Kopf wieder bei ihm an die Schulter. „Wo ist Lottie?" fragte ich.
„Die habe ich bei Kelly gelassen, aber ich sollte sie holen, bevor sie Zayn den Kopf abreißt."

Schmunzelnd nickte ich und löste mich von ihm. „Ich gehe nach Hause, ich will da nicht wieder rein."
Niall nickte mir zu. „Schlaf eine Nacht drüber und dann hol dir den Mann morgen wieder. Glaub mir, ich habe bei euch Beiden ein gutes Gefühl!"
Dankbar umarmte ich ihn noch einmal, dann trennten sich unsere Wege und ich lief langsam zum Wohnheim zurück, steckte die Hände tief in die Hosentaschen und seufzte leise. Es war einfach gesagt als getan, denn ich war unsicher. Nick hatte mein ganzes Vertrauen damals eingerissen, es wurde nie wieder richtig aufgebaut und ich tat mich schwer damit, Leute an mich heranzulassen.
Harry hatte ich problemlos in mein Leben gelassen, doch wenn ich ihm jetzt alles geben würde, würde er mir das Herz brechen? Ich wollte nicht schon wieder an dem Punkt sein, an dem ich vor einem Jahr war. Das würde ich nicht aushalten.
Ich war maßlos überfordert und als ich mein Zimmer wenig später betrat, zog ich mir die Kleidung aus und ließ mich sofort in mein Bett fallen.
Ein Blick auf mein Handy zeigte mir eine Nachricht, als ich sah, dass sie von Harry war, macht mein Herz einen kleinen Sprung und ich öffnete sie sofort.

H: Ich wünsche dir eine gute Nacht, Lou.

Ich schluckte leicht, zog die Decke über mich und wollte mich einfach nur verstecken. Langsam tippte ich eine Nachricht an ihn, die ich schlussendlich wieder löschte, ehe ich das Handy auf meinem Nachttisch ablegte und die Augen schloss.
Es war alles ein bisschen viel und ich wollte nur für ein paar Stunden so tun, als würde ich gar nicht existieren. In meinem Kopf rasten die Gedanken und sie drehten sich alle nur um eine Person. Harry. 

Tangled Hearts | L.S.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt