Kapitel 2

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Ich konnte jetzt nicht heim. Also fuhr ich aus der Parklücke und schlug den Weg zum Meer ein. Dort würde ich allein sein und nachdenken können.

Als ich am Pier parkte, war ich froh, endlich den Motor ausschalten zu können, denn die Fahrt war unglaublich anstrengend gewesen. Ich ließ meinen Kopf aufs Lenkrad sinken und spürte, wie Tränen hinter meinen Lidern brannten. Aus dem Augenwinkel konnte ich sehen, dass mein Handy die ganze Zeit aufleuchtete, da jemand versuchte, mich zu erreichen.

Aber ich wollte mit niemandem reden. Und vor allem nicht mit Rhys. Denn das konnte ich nie wieder. Das durfte ich nie wieder. Mein Herz zog sich zusammen und die Tränen kullerten über meine Wange auf mein weinrotes Kleid.

Als ich mich mit Ruki fertig gemacht hatte, war der Tag noch so schön gewesen. Gedankenverloren fasste ich an den Anhänger meiner Kette.

Endlich war ich wieder dafür bereit gewesen, Kayla ein Stück an mich heranzulassen. Und dann war das Schlimmste passiert. Juliette kannte meine Vergangenheit. Aber woher? Die einzige Möglichkeit war, dass sie Kayla gekannt hatte.

Und plötzlich konnte ich die Kette nicht mehr auf meiner Haut spüren. Sie fühlte sich an, als würde sie meine Haut versengen. Schnell riss ich sie mir vom Hals und warf sie auf den Beifahrersitz.

Mit schweren Gliedern stieg ich aus dem Auto und schloss es hinter mir ab. Mein Handy ließ ich absichtlich im Inneren, denn ich wollte jetzt niemanden sehen oder sprechen.

Der Mond stand weit oben am Nachthimmel und erhellte den Weg vor mir. Sein silbernes Licht reflektierte auf der Meeresoberfläche und ich genoss die Stille und die Einsamkeit. Nach dem Streit auf der Party war es genau das, was ich brauchte.

Ich ließ meinen Blick über den Strand schweifen, zog meine Schuhe aus und lief barfuß am Meer entlang. Das Rauschen der Wellen schien mich ein wenig zu beruhigen. Der Sand war noch warm von der Sonne und ich genoss das Gefühl der Sandkörner zwischen meinen Zehen.

Vor mir lag der Pfad, der zu unserem geheimen Strandabschnitt führte. Wollte ich jetzt dorthin? Nein. Alles dort würde mich nur an Rhys erinnern. Also kehrte ich um und lief am Auto vorbei in die andere Richtung des Strands.


Nachdem ich bestimmt eine Stunde gelaufen war, ließ ich mich in den weichen, noch leicht erwärmten Sand fallen. Ich konnte noch immer nicht glauben, was passiert war. Ich vermisste Rhys. Ihn nie wieder berühren zu dürfen. Nie wieder mit ihm sprechen zu können. Das alles brannte in meinem Herzen.

In Gedanken versunken, sah ich hinaus aufs offene Meer. Warum hatte sie gesagt, dass gerade Rhys mich hassen müsste? Diese Frage kam mir immer wieder in den Sinn. Ich wusste aber keine Antwort darauf.

Als es langsam begann, kalt zu werden, entschied ich mich dafür, endlich zurück in meine Wohnung zu fahren. Aber erst einmal hatte ich noch einen einstündigen Fußmarsch vor mir. Ich stand auf, streckte mich und zog meine Schuhe an. Der Sand war mittlerweile abgekühlt und ich fröstelte ein wenig.

Der Weg war unangenehm, da ich meine Jacke im Auto liegen gelassen hatte. Hoffentlich würde ich nicht krank werden. Das brauchte ich jetzt wirklich nicht. Zitternd legte ich die Arme um meinen Oberkörper und lief ein wenig schneller. Nach dreiundfünfzig Minuten erreichte ich endlich mein Auto und entriegelte es. Ich zog meine Jacke an und setzte mich ins Innere. Dann überlegte ich kurz, mein Handy zu checken, aber mir war noch immer so kalt, dass ich einfach nur noch schnell nach Hause wollte.

Also startete ich den Motor und fuhr in Richtung Stadt. Nach zwanzig Minuten war ich endlich auf dem Parkplatz vor unserem Haus angekommen und atmete stoßend aus. War Ruki schon zu Hause? Hoffentlich nicht. Ich wollte jetzt nur noch allein sein.

Ich sah an der Fassade nach oben und seufzte erleichtert. Zumindest brannte kein Licht in unserer Wohnung. Schnell schloss ich die Eingangstür auf und stieg in den Aufzug. Dann öffnete ich unsere Wohnungstür und horchte in die Stille hinein. Ruki war anscheinend noch auf der Party.

Erleichtert holte ich meine Schlafsachen und ging unter die Dusche. Das Wasser drehte ich auf heiß, auch wenn es ein wenig auf meiner Narbe brannte. Diese blöde Narbe. Sie würde mich immer an diesen Tag erinnern. Jedoch suchten mich die Erinnerungen auch so heim. Dazu brauchten sie nicht diese hässliche Narbe.

Ich schloss meine Augen und genoss die Wärme. Für ein paar Minuten stand ich einfach nur da und fühlte nichts. Die Dusche wusch alles von mir ab. Den Sand, den Schweiß und ein wenig des Schmerzes, den mir Juliette verpasst hatte.

Das Einzige, wobei die Dusche nicht helfen konnte, war mein blutendes Herz. Ich vermisste Rhys. So sehr. Und so würde es auch immer bleiben. Denn ihm gehörte mein Herz.

If we trust (If-we-Reihe Teil 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt