Staunend stand Löwe auf der Wiese.
Der Schnee war verschwunden.
Vor ihm erstreckte sich ein schier endloser Park, gesäumt von einer verdorrten Hecke, die bereits wieder austrieb. Zwischen den Ästen und Knospen blitzte ein Metallzaun hervor.
Die Mitte des Parks wurde von einem riesigem Baum markiert, sein Stamm war zweimal, wenn nicht dreimal so breit wie Löwes Körper lang, und seine Wurzeln bildeten große Hügel im frischgrün leuchtenden Boden.
(Eine Kastanie, Löwe, das ist eine Kastanie)
In dem Windschatten des Hauses befand sich ein Garten aus in Stein gefassten Beeten. Der breite, gepflasterte Weg zum Haus wurde von runden Büschen gesäumt.
In der hochgewachsenen Wiese befanden sich viele, bunte Blumen und kleine Bäumchen, die von Insekten umsummt wurden. Überwältigt sog Löwe den betörenden Duft ein, der von den vielen Blüten ausging.
Ein angenehm warmer Wind strich spielerisch durch sein dichtes Fell und zerzauste es. Unsichtbare Vögel zwitscherten, trillerten und sangen im Frühlingsrausch tief in den Bäumen.
Löwe riss sich von der unbeschreiblichen Weite los und stapfte durch das hohe Gras, bis er die Stelle fand, an der er vor kurzem noch gesessen hatte.
Von der Kälte, dem Schnee und dem Rauhreif war weit und breit nichts zu sehen.
Löwes Nacken kribbelte. Unwillkürlich drehte er sich um, wie in Trance, und erblickte den Wald.
(Die Wildnis, Kleiner, das ist die Wildnis. Und du kannst sie sehen)
Löwes Körper nahm jede Kleinigkeit auf: Das unumzäunte, dichte Waldstückchen an der hintersten Parkecke, das Säuseln der Blätter im Wind, das raschelnde Gras unter seinen Pfoten, das immer lauter werdende Summen hinter ihm.
"Löwe, pass auf!" rief eine Stimme, die ihn aus der Trance riss. Löwe fuhr herum - und sah sich einem riesigen, summenden Schwarm von Insekten gegenüber.
Bienen?
(Nein, Wespen, du Mäusehirn. Sieh, wenn sie dich stechen, sterben sie nicht. Na, willst du es ausprobieren?)
Die Stimme klang höhnisch und kalt, aber Löwe wurde nicht bewusst, dass er sie hören konnte. Ganz langsam wich er zurück - aber es nutzte nichts.
Das Summen wurde immer lauter, gelbschwarze Punkte summten um sein Gesichtsfeld, und dann begannen sie zu stechen.
Es brannte und juckte, überall an seinem Körper, als würden die Wespen genussvoll darüberlaufen. Löwe schrie und fauchte. Er versuchte, nach den Wespen zu schnappen, und hätte beinahe eine verschluckt. Hustend strampelte er und zerdrückte mehrere Dutzend der Insekten unter seinen Pfoten. Viele weitere verfingen sich in seinem langem Fell, krabbelten hektisch, stachen blindlings zu.
Panisch kreischte Löwe und rannte los. Ein großer Schwarm der Wespen folgte ihm wie eine summende, schwarzgelbe Masse, als er blindlings über die Wiese stolperte.
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Von Schatten gezeichnet
FanfictionLöwenmut - Ein strahlender Krieger, ein wahrer Held, ein leuchtendes Vorbild, der Retter des Clans (auch wenn er ihn letztendlich nicht retten konnte), ein perfekter Krieger. Doch das war nicht immer so, auch Löwenmut hatte seine Schattenseiten, die...