-Kevin-
Ich folgte der braunhaarigen Frau, welche ich auf circa Mitte Dreißig schätze durch die sterilen, hellen Gänge des Krankenhauses.
Da Basti nach wie vor nicht aufgewacht war, lag er immer noch auf der Intensivstation.
Aber ich durfte ihn besuchen. Ich durfte ihn endlich wieder sehen.
Laut der Krankenschwester, welche mich zu seinem Zimmer führte, war sein Zustand stabil. Er würde es schaffen. Er würde überleben und bald wieder aufwachen.
Eigentlich war das nach der Sprachnachricht seines kleinen Bruders vorhin auch schon fast klar, es allerdings nun nochmal von der Krankenschwester vor mir bestätigt zu bekommen war irgendwie eine riesige Erleichterung.
Trotzdem war es beschissen, dass Basti überhaupt hier lag.
So gesehen war es meine Schuld. Ich hätte geistesgegenwärtiger reagieren müssen und Masha sofort wegdrücken sollen. Dann wäre es nie zu diesem beschissenen Missverständnis gekommen und Basti wäre wie ursprünglich geplant erst am Nachmittag gefahren.„Wir wären da", riss mich die Stimme der Krankenschwester aus meinen Gedanken.
Ich blickte vom Boden zu ihr hoch. „Oh. Vielen Dank", murmelte ich. Ich hatte keine Ahnung, was genau mich nun erwartete, aber ich wusste, dass es mich mental wahrscheinlich komplett ficken würde. Auch wenn Bastis Zustand wie schon gesagt stabil war und er nicht in Lebensgefahr schwebte. Mitleidig sah die Krankenschwester mich an.
Ich desinfizierte mir die Hände und drückte dann unsicher die Türklinke herunter und öffnete die Tür ein Stück weit.Der Raum war hell, fast komplett in weiß gestaltet. In der Luft hing dieser typische Krankenhausgeruch, welchen man auch auf den Fluren roch. Was genau diesen Geruch ausmachte wusste ich nie so wirklich. Nur dass er so steril, sauber und etwas bissig roch. Irgendwie nach Desinfektionsmittel, aber auch noch nach etwas anderem, was ich nicht zuordnen konnte. So hatte ich ihn mir in meinem Kopf abgespeichert.
Mein Blick fiel auf das Bett, in welchem mein Freund lag. Die Augen geschlossen, so als würde er einfach nur tief und friedlich schlafen und aufwachen, wenn ihn die Sonnenstrahlen durch die halb geöffneten Rollos kitzelten, oder wenn ich ihn oft genug im Gesicht küsste. Oder ihn wach kitzelte - was das letzte Mal zu einer wilden Rangelei, welche mit leidenschaftlichen Küssen endete, führte.
Schlafen tat er, ja. Und aufwachen würde er hoffentlich - laut der Krankenschwester und auch laut Oni war dies so gut wie sicher - auch wieder.
Doch was mich im Moment beängstigte und überforderte waren die vielen Maschinen um ihn herum und die Geräusche, die ununterbrochen zu hören waren.
Die Monitore, die vermutlich seine Vitalwerte auszeichneten, das regelmäßige Piepen im Hintergrund, welches dann vermutlich seinen Herzschlag aufzeichnete. Die Schläuche und Nadeln, welche in seinen Körper führten
Seine aufgeplatzten, trockenen Lippen. Die Pflaster in seinem Gesicht, unter welchen sich vermutlich die Schnittwunden durch die Glassplitter der Scheibe verbargen. Und auch die vielen halb verteilten Kratzer, welche nicht verdeckt waren.
Bastis Haut war blass, noch blasser als meist eh schon.
Langsam ging ich auf ihn zu und ließ mich auf dem Stuhl neben dem Bett nieder.„H- hey Basti." Ich zitterte am ganzen Körper. Mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen und mein Magen fühlte sich flau an. Es tat unfassbar weh, meinen Freund, den Menschen den ich so sehr liebte und der mir so unglaublich viel bedeutete so schwach und verletzlich zu sehen.
Ganz vorsichtig, so als könnte er daran zerbrechen, legte ich meine Hand auf seine und strich über sein Handgelenk.
„Du hast mir einen ganz schönen Schrecken eingejagt", seufzte ich. Ich versuchte, mir ein gequältes Lächeln abzuringen, scheiterte allerdings kläglich.
„Ich bin so froh, dass du nicht mehr in Lebensgefahr schwebst. Und ich hab trotzdem noch eine Scheißangst, dich zu verlieren", flüsterte ich und drücke seine Hand ein wenig, löste den Druck jedoch sofort wieder, aus Angst, ihm weh zu tun.
In irgendeinem kitschigen Liebesfilm würde Basti jetzt vielleicht aufwachen, oder sich wenigstens irgendwie regen, weil er meine Anwesenheit spürte und die Liebe zwischen uns so stark war, dass sie ihn retten konnte.
Doch das hier war kein kitschiger Film, Liebesroman oder irgendetwas der Art. Wenn ich nicht so am Ende gewesen wäre, hätte ich vermutlich bitter aufgelacht.
Das hier, das war die Realität. Die beschissene und schmerzhafte Realität. Und in dieser würde mein Freund zwar so gut wie sicher ebenfalls wieder aufwachen. Er würde wieder werden. Doch sicher nicht durch meine bloße Anwesenheit oder die Verbindung zwischen uns oder andere derartig kitschige und romantische Dinge.
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𝐁𝐞𝐭𝐫𝐮𝐧𝐤𝐞𝐧𝐞 𝐋𝐮̈𝐠𝐞𝐧 𝐍𝐢𝐜𝐡𝐭|| 𝐁𝐚𝐬𝐭𝐢𝐩𝐥𝐚𝐭𝐭𝐞
FanfictionBasti und Kevin sind seit vielen Jahren beste Freunde. Trotz der Entfernung, die sie voneinander trennt und dem Fakt, dass sie in einigen Bereichen kaum unterschiedlicher sein könnten, haben die beiden eine ganz besondere Verbindung. Doch als Kevin...