-Basti-
Eine halbe Stunde nach dem Telefonat mit Kevin beschloss ich, doch Oni um Rat zu fragen.
„Kann ich rein?", fragte ich. „Ja Bro, hier sind immer noch keine illegal besorgten Stoffe. Und eine Leiche sollte im Moment auch nicht unter meinem Bett liegen, hab die letzte glaub ich schon in den Keller gebracht!" Also öffnete ich die Tür und trat in Onis Zimmer. „Dein Humor ist echt schwärzer als ein verbranntes Toastbrot", merkte ich an. „Hab ich schon öfters zu hören bekommen und ich bin echt stolz drauf. Aber jetzt sag mal, was führt dich zu mir?", erkundigte sich Oni und nahm einen Schluck Tee aus der Tasse, die auf seinem Nachttisch stand.„Ich hab dir ja gesagt, dass ich denke, dass ich Gefühle für Kevin entwickelt hab", begann ich. „Tja, gestern Abend hatte er mir eine Nachricht geschrieben, in der er gesagt hat, dass er mich liebt."
„Echt jetzt?", rief Oni begeistert und sah mich erwartungsvoll an. „Und weiter? Hast du ihm schon gesagt, dass du ihn auch magst?" Ich sah betreten auf den Boden. Wenn das doch nur so einfach wäre.
„Nein, hab ich nicht. Wir haben vor ungefähr einer halben Stunde telefoniert und es hat sich herausgestellt, dass er nur ziemlich betrunken war und von einer Freundin eine Pflichtaufgabe bekommen hat, die beinhaltet hat, dass er mir sagen soll, dass er mich liebt", seufzte ich und gab mir keine Mühe, die Enttäuschung in meiner Stimme zu verbergen. Es war irgendwo schon echt beschissen, dass ich kurz davor war, ihm meine Gefühle zu gestehen und er dann damit kommt, dass er nur betrunken war. Ganz ehrlich, manchmal hasste ich mich für meine Naivität.„Also, du liebst ihn?", wollte Oni sicher gehen und ich nickte nur. „Aber du hast keinen blassen Schimmer, ob Kevin dich auch mag?" „Mhm", machte ich. Das beschrieb es ziemlich gut.
„Wenn du mich fragst, gibt es genau zwei Arten von Menschen, die nicht lügen. Da hätten wir einmal Kinder und dann Betrunkene", sagte mein kleiner Bruder und schlürfte erneut an seinem Tee. Ich fragte mich echt, wie der im Hochsommer Tee trinken konnte. „Wo hast du das denn her?" „Hab ich mal in 'ner Fanfiction gelesen. Ist zwar nicht unbedingt die vertrauenswürdigste Quelle, aber das klingt eigentlich voll logisch", meinte mein kleiner Bruder schulterzuckend.
„Du meinst also, dass Kevin keine Scheiße gelabert hat, als er mir das gestern Abend geschrieben hat?", Hake ich nach. „Jup, genauso ist es", bestätigte Oni. „Und was soll ich jetzt machen?", wollte ich leicht verzweifelt wissen.
„Sag ihm, was du fühlst." Wie bitte? „Mach es aber am besten, wenn ihr euch persönlich trefft und nicht einfach über WhatsApp, oder ein Telefonat", fügte Oni noch hinzu. „Bro, du weißt schon, dass das echt 'ne krasse Herausforderung ist, der Person die du liebst zu sagen, dass du sie liebst, oder?" „Ja weiß ich, bin da zufälligerweise selber schon zweimal durch. Aber du weißt meistens erst, was dein Gegenüber für dich empfindet, wenn er über deine Gefühle Bescheid weiß."
„Danke Oni", murmelte ich schließlich. „Wofür?" „Dafür, dass du mir immer Ratschläge gibst und für mich da bist." Oni umarmte mich daraufhin einfach. „Tja, irgendwas muss ich mit meiner Weisheit ja anfangen", scherzte er, was mich ebenfalls zum Kichern brachte. „Warum eigentlich immer so weise unterwegs?" „Bin in Wirklichkeit Sensei Wu", grinste Oni. „Ist das nicht dieser Legoninjameister mit dem langen Bart und dem riesigen Hut?", überlegte ich. „Genau, der Legoninjameister mit dem langen Bart und dem riesigen Hut", bestätigte Oni grinsend.
⁓⁓⁓
Am nächsten Tag begann ich gleich in der Früh, meine Reisetasche zu packen. Ich hatte noch heute Nacht, nachdem ich meinen Stream beendet hatte beschlossen, dass ich zu Kevin fahren würde, um ihm meine Gefühle zu gestehen und zwar so bald wie möglich. Und das war dann wohl gleich heute.
Ehrlich gesagt hatte ich keine Ahnung, wie ich es Kevin eigentlich überhaupt sagen wollte, aber jetzt gab es eigentlich kein Zurück mehr. Ich hatte es mir in den Kopf gesetzt und jetzt wollte ich es auch schaffen.
„Alter, was machst du um die Uhrzeit schon so 'nen Lärm", rief Oni aus seinem Zimmer. „Ich pack jetzt meine Tasche um Kevin zu besuchen!", erwiderte ich so lässig wie möglich, auch wenn ich insgeheim so aufgeregt wie schon lange nicht mehr war. „Außerdem haben wir schon fast zehn Uhr." „Ja, nützt aber nichts, wenn man bis halb zwei deinen Stream geschaut hat und dann auch noch eineinhalb Stunden mit seiner besten Freundin telefoniert und nebenbei gemalt hat!" „Nicht mein Problem, wenn dein Schlafrhythmus bald dem von Stegi gleicht", lachte ich nur und packte meinen Laptop in die Tasche. Wie ich das mit dem Streamen die nächsten paar Tagen machen wollte, wusste ich ehrlich gesagt selber nicht, doch ich war mir sicher, dass sich irgendwie eine Lösung ergeben würde.
Ich lehnte mich durch die Tür von Onis Zimmer „Wann musst du eigentlich zu deinen Eltern zurück?", hakte ich bei Oni nach. „Weiß nicht, halt spätestens an dem Wochenende, bevor in Bayern die Schule wieder los geht", antwortete dieser. „Heißt du kannst mitkommen", stellte ich fest. „Ja klar komm ich mit, wer weiß, wie lange du wegbleibst. Aber seid nachts nicht so laut, sonst bin ich wahrscheinlich die nächsten zehn oder zwanzig Jahre des Todes verstört." „Ach halt doch die Klappe", murrte ich.
Etwa eine halbe Stunde später räumten wir unsere Taschen in mein Auto. Naja, wobei das bei Oni eher einfach ein Schmeißen war. Bei mir wäre das mit dem Schmeißen aufgrund des Laptops vermutlich eine ziemlich dumme Idee gewesen.
„Du siehst aus, wie gerade aus dem Bett gefallen", meinte ich zu Oni, ungefähr zehn Minuten nachdem wir losgefahren waren. „Pff, bin ich ja sozusagen auch. Du hast mich mit deinem Gepacke geweckt und mich dann so rumgehetzt, dass ich nicht mal Zeit hatte, mir gescheit die Haare zu bürsten", beschwerte mein Bruder sich. „Es ist halt was wichtiges", beharrte ich. „Wenn wir 'ne Viertelstunde später losgefahren, hätte Kevin sich auch nicht in Luft aufgelöst", murrte Oni nur. Dann holte er sein Handy und seine Kopfhörer aus der Tasche seines Hoodies- wie auch immer der das bei dreißig Grad mit einem langärmeligen Oberteil aushielt- und hörte Musik, während ich mich auf die Straße konzentrierte und mich nebenbei mental auf das Gespräch mit Kevin vorbereitete.
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𝐁𝐞𝐭𝐫𝐮𝐧𝐤𝐞𝐧𝐞 𝐋𝐮̈𝐠𝐞𝐧 𝐍𝐢𝐜𝐡𝐭|| 𝐁𝐚𝐬𝐭𝐢𝐩𝐥𝐚𝐭𝐭𝐞
FanfictionBasti und Kevin sind seit vielen Jahren beste Freunde. Trotz der Entfernung, die sie voneinander trennt und dem Fakt, dass sie in einigen Bereichen kaum unterschiedlicher sein könnten, haben die beiden eine ganz besondere Verbindung. Doch als Kevin...