Episode 8

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Auf dem Bürgersteig vor Jong Seoks Auto starrten wir uns gegenseitig an. Dass er etwas sagen wollte, spürte ich, seitdem wir das Restaurant verlassen hatten. Nach wie vor hielt er meine Hände.
Jong Seok war so KDrama-Boyfriend-Coded. Angefangen dabei, dass er mich vor seinem älteren Bruder beschützt und mir seinen Mantel geliehen hatte. Nun arbeitete er auch noch als Anwalt. Und, wenn ich mich nicht getäuscht hatte, war die Karte schwarz gewesen, welche er ihm den Kellner gereicht hatte. Er war das, was ich immer wollte.
>> War es zu viel? <<, fragte Jong Seok, >> Du hattest ausgesehen, als wäre dir alles unangenehm. <<
Statt zu antworten, sah ich ihm in die Augen. Wärme stieg mir in die Wangen. Er war so attraktiv.
Ich zuckte die Achseln. Dann nahm er mich in den Arm, an der Taille spürte ich seine Unterarme.
>> Tut mir leid <<, entschuldigte er sich. >> Ich wollte nur- Ich wollte dir nur was bieten. <<
An seiner Schulter vergrub ich mein Gesicht, sog seinen Geruch auf. Dasselbe Parfum wie am Trenchcoat. Vorsichtig schlang ich die Arme um seine Taille. Dann begann mein Herz zu rasen. Ich war mir sicher, dass Jong Seok dies wahrnahm.
An der Wange spürte ich seine Lippen, die sich sanft vortasteten, bis sie meine erreichten. Dann küsste er mich. Aus Reflex erwiderte ich diesen. Krallte mich an seinen Rücken. Ich genoss, wie er mich anfasste und an sich drückte. Doch plötzlich löste er sich von mir. Genau im Moment, als ich seine Erregung wahrnahm.
>> Sorry <<, sagte Jong Seok. Auf seinen Wangen entstanden rosa Flecke, dennoch wirkte sein Blick traurig. >> Aber, wenn ich nicht aufhöre, muss ich dich mit nach Hause nehmen. <<
In meinem Magen hüpfte ein Ball vor Freude, der mein Herz damit ansteckte. So sehr, dass es in meinen Ohren rauschte.
>> Das heißt... <<, dehnte er, >> Wir daten uns? <<
Vor Aufregung nickte ich sofort. Noch nie hatte mich das jemand gefragt.
Mit einem Lächeln bedachte mich Jong Seok. Küsste mich erneut. Allerdings nicht so lang wie zuvor.
>> Ich bringe dich nach Hause. << Die Beifahrertür des Autos öffnete dieser und deutete ins Innere. Obwohl er lächelte, schwand dieses schnell. >> Steig ein. <<
Durch die Windschutzscheibe beobachtete ich, wie Jong Seok auf die andere Seite schlich. Traurigkeit stand in seinem Gesicht.
Er startete den Motor und wischte übers Navi. Tippte die Adresse ein, welche ich ihm nannte. Anschließend fuhr er los. Schwieg die ganze Zeit über. Während er an Ampeln stoppte, strich er mir über den Oberschenkel.
Irgendwann umfasste ich seine Hand, weshalb er kurz zu mir sah.
>> Alles oke? <<, fragte ich.
Wie aufs Stichwort sank Jong Seok in sich zusammen, doch er guckte mich nicht an. Fast schon so, als wäre es ihm unangenehm. Seine Hand ums Lenkrad zitterte.
Gegen die Ansage des Navis bog er rechts ab und fuhr die Straße entlang, bis er einen Parkplatz fand. Ohne etwas zu sagen, verließ er das Auto. Stützte sich an diesem. Seine Schultern bebten. Weinte-
Prompt stieg ich aus, eilte zu ihm. Bevor ich etwas tat, nutzte er mich als Stütze. Sein Heulen klang so fürchterlich, dass ich mich ermahnen musste, nicht selbst zu weinen. Ich tätschelte seinen Rücken, bis er sich beruhigte. Ein Stück rückte Jong Seok ab, um mir besser ins Gesicht zu sehen.
>> Was ist los? <<
>> Meine Mum- << Seine zitternde Aussprache erschwerte es mir, ihm zu folgen. >> Sie ist vor drei Monaten bei einem Unfall verstorben und- Weißt du- Ich- Ich- Es ist alles so anstrengend. << Mehrmals blinzelte Jong Seok. >> Ich bin in Australien geboren und aufgewachsen, lebe erst seit drei Monaten hier und, ich bin mit allem restlos überfordert. Ich kann kaum Hangul lesen und mein Vater verlangt, dass ich vollkommen in die Kanzlei einsteige, obwohl ich nichts verstehe... <<
Erneut brach er in Tränen aus, weshalb ich ihn in den Arm nahm. Vom Sprechen fiel es kaum auf, dass er sein gesamtes Leben im Ausland verbracht hatte, doch das erklärte seine Satzstellungsfehlern in den Textnachrichten.
Ich küsste ihn auf die Wange und streichelte seinen Rücken.
>> Du schaffst das schon. <<

Vorm Apartmentblock hielt Jong Seok. Guckte mich von der Seite an und suchte nach meiner Hand. Ich sah ihm in die Augen. Leider entdeckte ich nur Traurigkeit in diesen. Etwas wollte ich tun, dass er sich besser fühlte, aber ich wusste nicht, was.
Paar Strähnen fischte ich aus seiner Stirn, sodass sie nicht seine Augen kitzelten. Währenddessen schaute Jong Seok auf, seine Pupillen huschten unaufhörlich von links nach rechts. Ich fragte mich, was er dachte, denn er schwieg nach wie vor.
>> Wann hast du das nächste Mal Zeit? <<
Gedanklich ging ich unsere Schedules für diese Woche durch. Strich bereits jeden Tag rot durch, bis auf-
>> Sonntag <<, erwiderte ich. Dass ich gleich seine aufkommende Freude zerstören musste, tat mir leid. >> Nächste Woche <<
Er nickte, doch keine Sekunde später lächelte er wieder.
>> Ich überleg mir was. <<
Diesmal nickte ich und lehnte mich ein Stück vor, um ihn auf die Wange zu küssen. Seufzend musterte mich Jong Seok.
>> Du bist niedlich, weißt du das? <<
Sagte der Richtige. Niedlich war kein Begriff für ihn. Vielmehr handsome, gorgeous...
Vom Boden klaubte ich meine Umhängetasche und drückte die Tür auf. Wandte mich im Aussteigen ihm nochmal zu.
>> Schreib mir, wenn du zu Hause bist. <<
Sobald ich die Tür zuwarf, fuhr er an.
Es war wie ein Traum gewesen, in einer ganz anderen Welt. Wie in meinen Dramen. Irgendwie hatte ich es genossen, dass er mich nicht als Seong Hwa gesehen hatte. Dass ich für ihn eine normale Person gewesen war.
Allerdings, sobald ich mich Richtung Tür zudrehte, kehrte ich in die Gegenwart zurück. Mit dem wütendsten Joongie, den ich mir nicht wünschen wollte. Mit verschränkten Armen vor der Brust starrte er zu mir hinüber, lehnte in der offenen Haustür. Je näher ich dieser kam, desto einschüchternder wirkte sein Blick.
>> Interessanter Spaziergang <<, kommentierte Joongie. Packte in der nächsten Sekunde mein Handgelenk und schleifte mich ins Gebäude. Als wir am Lift warteten, bedachte er mich mit einer Todesmiene, sodass ich zurückschreckte. >> Wer ist er? <<
Seine kühle Stimmlage ließ mich erstarren. Ich harrte die Frage mit Schweigen aus, bis er selbst fortfuhr. >> Du riechst wieder nach diesem Parfüm. << Im Spiegel des Aufzuges wich ich seinem bohrenden Blick aus. >> Warst du gestern Abend auch bei dem? <<
Ich stierte zu Boden und zu seinen Fingern, die mein Handgelenk umklammerten. Konzentrierte mich auf seine Nägel, welche dem Duft nach frisch lackiert waren.
>> Hwa? <<
Obwohl ich wütend war, gab ich keinen Mucks von mir. Ballte stattdessen meine andere Hand zur Faust. Seine ständige, unbegründete Eifersucht trieb mich in den Wahnsinn.
Trotz der Blicke, welche Joongie mir zuwarf, sagte ich nichts. Jeden einzelnen von ihnen spürte ich auf der Haut. Diesen konnte ich erst entfliehen, als ich mich ins Apartment und anschließend ins Zimmer stahl. Mit rasendem Herzen stand ich inmitten dieses. Fasste mir aus Reflex zur Brust und versuchte, mich zu beruhigen. Fast hätte es funktioniert, bis ich Schritte vor der Tür wahrnahm und diese aufgerissen wurde. Eigentlich rechnete ich schon mit Joongie, doch es war San.
Hinter sich schloss dieser sachte die Tür und musterte mich mit einem Lächeln. Aufregung spiegelte sich in seinem Ausdruck.
>> Und? <<, fragte er, >> Wie liefs? <<
Am liebsten hätte ich ihm quietschend berichtet, dass wir uns geküsst und auf ein nächstes Date verabredet hatten, aber Joongies vorheriger Auftritt trübte meine Stimmung ungemein. Außerdem trudelte zeitgleich Jong Seoks Nachricht ein, dass er zu Hause angekommen war. Allem Anschein nach missinterpretierte San meine Verfassung, denn er trat dicht neben mich. Streichelte mir über den Rücken.
>> Du findest schon noch- <<
>> Wir haben uns geküsst. <<
San kniff die Brauen zusammen.
>> Das ist gut? << Er schien sichtlich verwirrt über meine negative Laune. >> Der erste Kuss muss nicht perfekt- <<
>> Das ist es nicht. <<
>> Nicht? <<
Auf dem Bett ließ ich mich nieder und schnappte nach einem der Kissen, welches ich gegen meinen Bauch presste. San folgte mir, tat mir paar Strähnen hinters Ohr.
>> Joongie- <<
Mehr brauchte ich nicht sagen, denn San seufzte. Er verstand.
>> Weißt du <<, begann ich, >> Joongie hat keinerlei romantisches Interesse an mir, aber rastet aus, sobald ich mich nur mit jemanden anderen unterhalte. Und das verwirrt mich. <<
Tränen prickelten unter meinen Lidern. Obwohl ich nun Jong Seok datete, hieß dies nicht automatisch, dass meine Gefühle gegenüber Joongie komplett erloschen. Bevor ich mich dagegen wehrte, nahm mich San in den Arm.
>> Ich glaube, er hat Angst, dich zu verlieren. <<

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