Kapitel 22

83 12 30
                                    

„Ich möchte, dass du Bogenschießen lernst", verkündete Makhah zwei Tage später beim Frühstück.

Seine Ankündigung ließ Khione an ihrem Tee verschlucken. Hustend und nach Atem ringend klopfte sie sich mehrmals auf die Brust. „Bogenschießen?", fragte sie krächzend.

Der Shiharu nickte, zog aber seine Augenbrauen leicht in die Höhe. „Bevor sich die Blätter der Bäume lösen, werden wir einen weiteren Kontrollritt machen. Da ich nicht ständig auf dich aufpassen kann, musst du die Grundlagen im Jagen und im Kampf lernen. Das ist wichtig, falls etwas passiert und du auf dich allein gestellt bist", erklärte er.

Zu seiner Überraschung war Khione dem gegenüber nicht abgeneigt. Mit einem Funkeln in den Augen nickte sie und fegte in ihrem Übermut fast die Schüssel mit getrockneten Früchten vom Tisch. Gerade noch rechtzeitig fing Makhah sie auf. Ihre Begeisterung war merkwürdig, aber amüsant. Er war nicht davon ausgegangen, dass sie beides lernen wollte, doch es würde für sie umso leichter werden.

„Bei wem lerne ich es?", fragte Khione atemlos, wobei er nicht sicher war, ob es von dem Husten oder ihrer Freude kam.

„Bei mir. Wenn ich verhindert bin, nimmt Asku oder Kagaiye dich unter die Fittiche." Selbst die Nachricht schien ihren Tatendrang nicht zu stören und Makhah war über ihre Reaktion erleichtert. Wenigstens kamen sie mittlerweile besser zurecht und er hatte bemerkt, dass sich Khione gerne anschlich, sobald er auf seiner Flöte spielte. Ob sie die Musik mochte? Es wirkte, als würde sie sich nicht zeigen wollen, war aber neugierig genug, sich in seiner Nähe aufzuhalten. „Nach dem Frühstück fangen wir an", sagte Makhah, ehe er mit dem Essen fortfuhr.

Als sich die junge Frau erkundigte, welche Strecke er abreiten wollte, antwortete er, dass es fast die Gleiche sein würde. Mit der Ausnahme, dass sie von der östlichen Seite der Aevaria-Berge in den Süden und über den Westen wieder nach Hause ritten. Das letzte Mal war es umgekehrt.

„Das sind die drei Grenzen, von denen die Sheikahs einfallen können, nicht wahr?", fragte Khione leise und mit dem Blick auf ihren Teller gerichtet.

„Ja. Im Norden fängt direkt das Meer an und sie müssten mit Schiffen anlegen und steile Klippen hinaufklettern, um von dort aus anzugreifen", meinte Makhah. „Das ist nicht ausgeschlossen, aber eher unwahrscheinlich. Vor allem im Winter, wenn sich die Bergwände in Eis verwandeln", fügte er hinzu. Seine Aussage ließ Khione schlucken, weshalb er eine Hand auf ihren Arm legte. „Im Norden gibt es zwei Terikan, die im Notfall verteidigen können."

„Sind sie genauso stark wie unserer?"

Makhah blinzelte. Hatte sie gerade wirklich unserer gesagt? Wurde Khione langsam vernünftig und wurde sich ihrer Position bewusst? „Sie sind größer, aber dort leben auch mehr Ältere und Kinder", antwortete er mit einem Funken Sehnsucht in der Brust. Es war Ewigkeiten her, seit sie sich gesehen hatten.

„Sabah hat etwas gesagt, dass ihr untereinander handelt. Ist das wahr?", wollte Khione wissen.

„Ja, da es in den Gebieten unterschiedliche Tiere und Kräuter gibt. Der Handel ist wichtig für uns und findet alle paar Monate statt. Sobald sich die Blätter von den Bäumen gelöst haben, kommen sie. Bis dahin müssen wir uns auf den bevorstehenden Ritt konzentrieren. Hast du schon einmal eine Waffe in den Händen gehalten?"

Kopfschüttelnd griff Khione nach einem getrockneten Fleischstreifen. „Wenn du von Schwertern, Speeren oder Bogen sprichst, dann nein. Aber ich wollte es immer lernen, weil manche Männer in Mija Wa nicht wirklich ... nett waren. Am liebsten hätte ich ihnen eine Lektion erteilt."

Ihre umschreibende Art ließ Makhah die Lippen fest zusammenpressen und er hatte Mühe, ein Grollen zurückzuhalten. Es klang, als wären deren Männer wahre Monster und Pahras Erzählung hatte seine Verachtung verstärkt. Er nahm an, dass Khione es nur nicht direkt aussprechen wollte. „Was ist in Mija Wa eigentlich geschehen und was war bei diesem Nadir?", fragte er, in der Hoffnung, sie käme ein wenig aus sich heraus. Zuerst sah es aus, als würde Khione nicht antworten wollen, doch sie schenkte sich einen weiteren Becher Tee ein, den sie laut Sabah am liebsten trank. Der erfrischende Minzgeschmack, der mit der Süße der getrockneten Beeren harmonierte, wurde von den meisten Kindern geliebt.

Khione - Gefährtin des stolzen KriegersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt