Geräuschvoll atmete Khione die warme Luft ein und lehnte sich gegen das Holzgeländer ihres Balkons. Sie ließ ihren Blick über den Burghof, die Khemahs und die Weiden schweifen, ehe sie ihn zu den noch schneebedeckten Bergen hob. Alles wirkte idyllisch und friedlich.
Seit es auf den Frühling zuging, war das Leben auf Pah Koha wieder lebhafter. Jeden Morgen linste die Sonne ein bisschen früher über die Bergspitzen, was Khione eine wahre Freude bereitete. Sobald die ersten Strahlen die Mauern der Burg berührten und die Vögel zu zwitschern anfingen, sprang sie aus dem Bett und stellte sich auf den Balkon. Dort begrüßte sie die Wärme und sprach ein kleines Dankgebet zu Göttin Inara. Es war mittlerweile ein Ritual von ihr, das sie nicht ausließ.
Vor allem morgens gönnte sich Khione ein paar stille Minuten, in denen sie gründlich nachdachte, denn mit den wärmer werdenden Tagen kam die Schneeschmelze. Sie verwandelte den Fluss in eine reißende Flut aus erdbraunem Wasser, die lose Gesteinsbrocken und ausgerissene Bäume mit sich riss. Glücklicherweise bestand für Pah Koha keine Gefahr, da laut Makhahs Aussage die Menge an Schnee geringer war als in den vergangenen Jahren und der Fluss noch Luft nach oben hatte. Trotz allem befürchtete Khione, dass es sich über Nacht änderte und er über die Ufer trat. Ihr fehlten die Erfahrungen, daher vertraute sie auf das Urteil der Älteren und hoffte auf das Beste.
Ein weiteres Problem, über das sie täglich nachdachte, war die Wasserversorgung der Arakis. Durch die braune Brühe waren sie gezwungen, es mehrmals abzukochen und mit Leinentüchern zu filtern. Das kostete dementsprechend Zeit. Um eine durchgehende Versorgung zu gewährleisten, hatte sie angeordnet, die Küche nur noch zum Abkochen zu benutzen, bis sich die Situation entspannte. Nahrung hatten sie dank Trocknung und Räucherung genug auf Lager. Khione hatte die Arakis in Gruppen aufgeteilt, um diejenigen in der Kochstube alle paar Stunden abzulösen. So bekam jeder eine wohlverdiente Pause. Sie selbst scheute sich nicht davor, mit Eimern bewaffnet zum Fluss zu laufen und sie zu füllen. Für sie kam es gelegen, da sie so jederzeit nach dem Stand des Wassers sehen konnte.
Gähnend streckte sich Khione ausgiebig und legte anschließend ihre Hände gegeneinander. Mit geschlossenen Augen murmelte sie ein Gebet zu Göttin Inara und bat um deren Hilfe. „Bitte beschütze Pah Koha und die Arakis", schloss sie ab.
„Hier bist du."
Schlagartig drehte sich Khione mit klopfendem Herzen um und schlang bei Makhahs und Askus Anblick sofort ihre Arme um sich. „W-Was machst du hier?", stotterte sie.
„Du hast nicht auf mein Klopfen geantwortet, daher habe ich Asku gebeten, mit mir nach dir zu sehen", antwortete er, wobei er Khione von oben bis unten musterte. Dadurch, dass sie nur das Nachthemd trug, blieben ihre Arme unbedeckt und ihm fielen die kleinen Erhebungen auf, die sich auf ihnen ausbreiteten. Hinzu kam ein sanfter Hauch an Rosa auf ihren Wangen und der Blick zur Seite. Makhah grinste. Ihre Schüchternheit war bezaubernd, egal, wie oft er sie sehen würde.
Khione schien sich um eine Erwiderung zu bemühen, seufzte aber nach einigen Sekunden und räusperte sich. „Wie kann ich dir behilflich sein?", fragte sie.
„Ich wollte dich wissen lassen, dass der Pegelstand gesunken ist. Solange kein Starkregen kommt, wird der Fluss sicher nicht über die Ufer treten", erklärte er, woraufhin sich ihre angespannte Haltung ein wenig löste. Ihm war ihre Unruhe der letzten Zeit nicht entgangen und es tat ihm leid, dass er ihr sie nicht abnehmen konnte. Am liebsten würde er ihre Muskeln nach einem heißen Bad lockern, doch Makhah wagte keinerlei Annäherungsversuche, sofern sie nicht eindeutig von Khione ausgingen.
„Danke. Ich ziehe mich um und komme dann", erwiderte sie.
Den Wink verstand Makhah ohne weitere Worte. Er nickte ihr zu und zog sich mit Asku auf den Flur zurück. „Hoffentlich konnte ich ihr mit der Nachricht ein wenig von ihren Sorgen nehmen", murmelte er.
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Khione - Gefährtin des stolzen Kriegers
Ficción históricaAraki - die barbarische Rasse im Norden der Welt Azura. Ausgerechnet von ihnen wird die junge Khione auf ihrer Flucht vor den Entführern mit einem Pfeil abgeschossen. Schnell wird ihr klar, wie unerwünscht und gehasst sie im Araki-Clan von Shiharu M...