« ... Adam!»
Das dumpfe Dröhnen des rhythmischen Basses und die sanft fliessende Melodie übertrumpften die ausgesprochenen Worte seines Kumpels. Sein Herz tanzte in freudiger Euphorie und versuchte mit aller Kraft dem immer schneller werdenden Basstempo, die Stirn zu bieten. Die Kombination aus Musik, kollektiver guter Laune und dem Zusammensein seiner Freunde, löste in ihm einen Cocktail aus Freude und Begeisterung aus.
Mit flüssigen Schritten, die sich dem Takt der Musik wie von Zauberhand angepasst hatten, tänzelte er leichtfüssig zu seinem Kollegen hinüber. Die düsteren Lichtverhältnisse und das regelmässige Aufblitzen der farbenfrohen Lichter liessen Adams Bewegungen ineinanderfliessen. Bei seinem Ziel angekommen, senkte Adam seinen Kopf, damit er sein rechtes Ohr möglichst nahe an den Mund seines Freundes bewegen konnte. Dies sollte es ihm ermöglichen, trotz der intensiven Beschallung, die halb gebrüllten Worte komplett wahrzunehmen.
«Ob du auch noch etwas trinken willst, habe ich gefragt», die erhöhte Lautstärke der Stimme nahm er schmerzend an seinem Trommelfell wahr. Der gesprochene Satz musste zuerst kurz verarbeitet werden. Wenn Adam dieses Angebot annehmen würde, wäre dies schon der 4. Drink, seit sie gemeinsam die Disco betreten hatten. Aus den bisherigen drei Erfahrungen wusste er, dass sein Kumpel ganz sicher keine «milden» Drinks bestellen würde, und durch die bisherigen alkoholhaltigen Mischungen war ihm klar, dass der Barkeeper nicht zimperlich mit den Mengen Alkohol umging.
Die angenehme Lockerheit, die sich vom Scheitel bis zur Sohle ausgebreitet hatte, verriet ihm in Kombination mit dem leichten «Nebel im Kopf», dass sich die bisherigen Getränke langsam bemerkbar machten. Ebenso schienen sich seine sozialen Hemmungen immer weiter in den Hintergrund zu verschieben. Wie sonst liesse sich erklären, dass er hier inmitten hunderter Menschen fröhlich zum Takt der Musik tanzte? Es fehlte ihm nicht an Mut dies auch nüchtern zu tun, doch schien es, dass sobald er nüchtern war, alle Menschen vermehrt mit kritischen Blicken zuschauten.
Nun bemerkte auch Adam den fragenden Blick, den sein Kollege auf ihn gerichtet hatte. Die Frage war noch nicht beantwortet, und Adam immer noch im Zwiespalt, wie er reagieren sollte. Er war sich nicht sicher, ob er im Moment noch einen Drink hinterherkippen oder doch einmal ein Wasser dazwischenschieben sollte. Wasser schien ihm die vernünftigere Möglichkeit, jedoch entsprach ihm diese nicht wirklich.
Mit den Worten «Überrasche mich» lenkte er die Entscheidung von sich ab, musste jedoch mit einem Getränk rechnen, dass wahrscheinlich mit dem Geschmack von Benzin zu vergleichen sein würde. «Wir kommen gleich wieder», hörte er noch knapp, bevor er sah, wie sein Kumpel und Anina, die dritte Person ihrer Ausgeh-Trios, sich durch die Menschenmenge Richtung Bar drückten.
Also stand er nun da, alleine auf der Tanzfläche. Die Musik hatte leicht ihren Stil gewechselt und war inzwischen eher bedrückend. Adam würde den Song beschreiben, als ob die «Ruhe vor dem Sturm» eine eigene Melodie hätte. Die aus den zahlreichen Musikboxen vermittelte Stimmung setzte der freudigen Atmosphäre von vorhin ein abruptes Ende. Wie eingefroren schienen alle Anwesenden zum DJ-Pult hochzuschauen und zu warten, was dieser mächtige Aufbau des Songs wohl für einen Refrain hervorbringen würde. Jegliche Bewegung war verkümmert, einzig der DJ schien sich seiner erneut erlangten Aufmerksamkeit bewusst zu sein und brachte dies mit einzigartigen Tanzschritten zum Ausdruck. Genau wie 90 % der Anwesenden starrte Adam gebannt auf die Bühne und war in freudiger Erwartung an den weiteren Verlauf des Songs. Urplötzlich wurde er aus seiner Trance geweckt. Automatisch zog es Adams Blick auf die rechte Seite, als seine Schulter von einem leichten Schmerz durchzuckt wurde. Eine Person hatte ihn beim Vorbeigehen wohl stärker als beabsichtigt angerempelt. Ein kaum hörbares «sorry» war der Auslöser dafür, dass Adam sich komplett dem Fremden zuwandte und versuchte einen Blick auf sein Gesicht zu erhaschen. Der Mann hatte sich jedoch schon wieder von ihm abgewandt und seinen Kopf wieder in Position gebracht, um den weiteren Weg durch die Leute auszumachen. Sein Laufstil und Körperhaltung verrieten, dass dieser es wohl recht eilig haben musste, denn Adam war nicht der einzige, der in der Hektik des Burschen von dessen Schulter getroffen wurde.
Adam konnte die aufkeimende Neugier nicht zähmen und folgte der Person durch die mittlerweile wild tanzende Menge. Er musste sich seinen eigenen Weg nicht erkämpfen, da er der Spur seines Vorgängers, die von schillernden Figuren und betrunkenen Lachern geprägt war, einfach folgen konnte. Die Reise der beiden zog sich nicht lange hin, kaum hatten sie sich aus dem grossen Haufen an Menschen herausgewunden, beschleunigte der Fremde seine Schritte in Richtung einer dunklen Tür. Kaum angekommen, war der Verfolgte auch schon durchgegangen und auf der anderen Seite verschwunden. Nach kurzem Zögern zog auch Adam die schwere Tür auf, ein Schwall kalter Nachtluft gemischt mit Zigarettenrauch schlug ihm sofort entgegen. Er trat in die dunkle Gasse hinaus, während die Tür hinter ihm langsam ins Schloss fiel und somit die Musik der Disco gedämpft zurückliess.
Die Gasse, in der er sich befand, war spärlich von 2 Laternen ausgeleuchtet. Zu seiner rechten Seite befand sich in geraumer Entfernung eine deutlich besser beleuchtete Strasse. Er glaubte die eine Stelle wiederzuerkennen. Diese hatten Adam und seine Freunde vor ungefähr 2 Stunden passiert, um mit den anderen Feiernden zum grimmig dreinblickenden Türsteher zu gelangen. Jedoch war diese Seite der Gasse menschenleer. Als er seinen Kopf in die andere Richtung drehte, sah Adam gerade noch so in seinem Augenwinkel, wie der Typ in ungefähr 10 Metern Entfernung um die nächste Ecke bog. Das Adrenalin und seine Neugier wurden mit jeder Sekunde zunehmend grösser und trieben ihn an. Vom Schatten der anliegenden Wand gedeckt, schlich er auf die vermeintliche Ecke zu und spähte dahinter.
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ADAM: Das Erbe des Empathen
ParanormalGeboren als Mensch. Gelebt als Mensch. Gejagt als Mensch. Gefühle wie ein Mensch. Fähigkeiten jenseits der menschlichen Natur. Adam besitzt die Fähigkeit, die Emotionen von Lebewesen mit blossem Auge wahrzunehmen und nach eigenem Ermessen zu manipul...