Milana
Ich grinse, auch wenn ich es irgendwie kindisch finde.
„Das ist dein Reich. Wie du sehen wirst, hast du alles was du brauchst. Auch eine kleine Küche, wo du dir alles machen kannst, falls du keine Lust hast, mit mir zu essen. Doch ich würde mich freuen“, sagt er und öffnet mir die Tür.
„Danke. Ich werde mit dir gern zu Abendessen. Schließlich müssen wir uns noch kennenlernen“, antwortet ich und gehe einen Schritt nach vorn um mein neues Reich in Augenschein zu nehmen.
„Wir sehen uns gleich“, sagt er und verschwindet.
Ich schaue mich ein wenig um und entdecke ein riesiges wunderschönes Himmelbett, das unter einem Dachfenster steht. Ich renne darauf zu und werfe mich mit Schwung hinein. Himmlisch.
So ein großes Bett hatte ich noch nie. Im Trailer hatte ich eine alte abgeranzte Couch, die man zum Bett ausziehen kann. Ich gehe rüber in mein alleiniges Badezimmer, was gleich neben meinem Schlafzimmer liegt und öffne die Tür. Ich bleibe erstarrt stehen. Das Bad ist so groß das eine Wanne sowie eine Dusche hier drinnen Platz hat. Ich stelle die Dusche an und entkleide mich. Das Wasser ist einfach herrlich. Nach fast 24 Stunden unterwegs sein, ist das hier der Himmel. Nachdembich fertig bin, steige ich aus der Kabine und wickle mich in ein flauschigen Handtuch. Auch meine Haare bekommen ein Handtuch, auch wenn sie bei der Hitze schnell trocknen würden.
Schnell streife ich mir ein Tarn farbenes Tank-Top über und schaue dabei nach draußen, wo ich meinen Vater und Travis entdecke, die sich angeregt mit Händen und Füßen unterhalten. In der Zwischenzeit wo ich beide beobachte, rubble ich meine Lockenmähne soweit trocken, dass ich mir danach gleich einen Zopf flechte kann. Damit er mir nicht weiter behindert, stecke ich ihn mir am Hinterkopf mit einer Spange fest.
Doch bevor ich wirklich nach unten gehe, streife ich mir meine bordeaux roten Springerstiefel über. Packe meine Kippen und Handy in die Tasche und schließe die Balkontür, die ein wenig zu quietschen scheint. Ich gehe zur Zimmertür, wo ich noch einen Blick zurück werfe und seufze. Das alles soll mein Reich sein. Hier soll ich leben, und das für immer. Doch ich schließe die Tür und mache mich auf den Weg nach unten. Auf der letzten Stufe bleibe ich stehen und schaue in Paolos lächelndes Gesicht.
„Trägt, man das hier so, oder soll ich besser etwas anders anziehen“, frage ich, auch wenn ich mich pudelwohl in meinem Sachen fühle.
„Sie sehen gut aus, für diese Temperaturen. Doch was ich ihnen vielleicht noch empfehlen würde, wäre Sonnencreme. Die Sonne hier ist ein wenig heftiger wie die in der Stadt. Und damit sie nicht so schnell rot werden“, sagt er.
„Ich bekomme keinen Sonnenbrand, falls du das meinst“, sage ich und lächle ihn an.
„Zur Sicherheit stelle ich ihnen eine Tube auf ihr Zimmer“, antwortet er und verschwindet wieder.
Normalerweise interessiert es mich nicht was andere über mich denken. Oder was meine Klamotten angeht. Ich ziehe immer das an, was mir gefällt, ob es zusammenpasst oder nicht. Es gab auch Tage, da habe ich zwei verschieden farbige Paar Socken an. Aber ich glaube er hat Recht, schließlich sind meine Tattoos mein Markenzeichen.
Ich weiß noch immer nicht wie ich über all das hier denken soll. Habe ich vielleicht noch Geschwister, von denen ich nichts weis. Oder hat Tobias die ganze Zeit monogam gelebt? Und immer nur meine Mom geliebt.
Zwanzig Jahre war Mom mein Dreh-und Angelpunkt und jetzt soll ich bei einem Wildfremden Mann leben? Was wird aus der Uni? Was wird aus dem Leben in New York? Schließlich bin ich dort groß geworden. Auch wenn ich gerade Semesterferien habe, glaube ich nicht, zurück nach New York gehen zu können, um mein Studium fortzuführen. Habe meine Freunde bzw. meine beste Freundin dort. Gerade als ich an Bianca denke, fällt mir ein, dass ich ihr Bilder schicken wollte. Schnell fische ich mein Handy aus der Tasche und mache noch ein paar Fotos vom Eingang. Dann schicke ich ihr alles.
„Bin gut angekommen. Hier ein paar Bilder. Melde mich heute Abend noch mal.“
Dann drücke ich auf senden.
Über das alles muss ich unbedingt mit Tobias, oder besser gesagt mit meinem Vater unterhalten. Ich habe mir nicht umsonst dreieinhalb Jahre den Arsch aufgerissen, nur damit ich jetzt kapituliere. Ich möchte unbedingt mein Studium beenden. Ich möchte in einer Bibliothek arbeiten, möchte den Kindern zeigen, was sie lesen können. Was es für tolle Bücher gibt. Sie sollen lernen, was es heißt in andere Universehen zu schweben. Alles vergessen zu können, wenn sie lesen. Ich möchte, dass sie vergessen wenn sie zu Hause oder in der Schule Stress hatten. Ich möchte sehen, wie ihre Augen glänzen, wenn sie in eine andere Welt eintauchen, in dem es um Magie, Liebe und auch Verrat geht. All das möchte ich ihnen zeigen.
Ich öffne die große Eingangstür und werde sofort von brüllender Hitze erschlagen. Die Temperaturen schwanken hier an einem Tag, so extrem, dass man nicht weiß was man anziehen soll. Auch wenn ich gerade mal ein paar Stunden hier bin, habe ich das Gefühl, das meine Klamotten die ich mitgebracht habe, nicht reichen werde.
Als ich vorhin hier ankam, war die Sonne nicht so knacken heiß, wie jetzt. Die Sonne steht so hoch am Himmel, dass man fast eingeht. In New York, ist die Sonne angenehm warm. Natürlich ist es auch mal über 30 Grad, aber hier füllen sich 30 grad an wie 40+. Gott sei Dank, hat Tobias einen Pool, wo man sich abkühlen und entspannen kann. Ich bin froh, dass ich mich für kurze Klamotten entschieden haben. Ich gehe auf Tobias und Travis zu und höre den beiden aufmerksam zu.
„Drei Maschinen müssen noch fertig gemacht werden, bevor ihr ins Wochenende gehen könnt“, sagt Tobias. Doch Travis schaut nur auf sein Handy. Während er auf sein Display starrt, sehe ich wie seine Mundwinkel sich zu einem kleinen Lächeln formen.
„Tobias spricht mit dir. Pack dein scheiß Handy weg, und höre ihm verdammt noch mal zu“, fauche ich ihn heftig an. Sofort schaut er mich an, steckt sein Handy aber nicht weg. Um nicht weiter Travis anzuschauen, drehe ich mich Tobias zu.
„Was glaubst du eigentlich wer du bist?“, spricht Travis mich jetzt an. Bevor ich etwas zu Tobias sagen kann, drehe ich mich um, und gehe ganz langsam auf Travis zu. Jetzt kann ich seine Augen glänzen sehen, als wir uns in die Augen schauen. Seine hellblauen Augen starren mich an.
„Willst du mich verarschen, Traviss“, zische ich ihn an. „Soweit ich weiß, bin ich die Tochter von diesem Kerl da drüben. Und du bist was, ach ja sein verdammter Angestellter. Also pack dein Handy weg, und höre ihm zu. Hast du verstanden“, brülle ich ihn an.
„Was für Maschinen sind es den ?“, richte ich mich an Tobias, schaue ihn aber nicht an. „Wenn ich mich richtig erinnere, ist es eine KTM 250, eine BMW 900, und eine Harley 750.“
Innerlich reibe ich mir bereits die Hände, denn es ist verdammt lange her, als ich das letzte Mal ein einem Motorrad herum geschraubt habe. Ich grinse Travis so selbstsicher an, dass ich sehe wie einer seiner Mundwinkel sich heben. Wie gern hätte ich jetzt meine KTM hier. Doch leider musste ich sie zurücklassen. Da meine Maschine neu ist, brauchte ich daran noch nichts zu reparieren. Ich drehe mich um und gehe auf Tobias zu, wobei ich meine Schachtel aus der Tasche ziehe und mir eine Kippe heraus nehme. Erst dann halte ich Tobis die Schachtel hin, damit er sich auch eine nehmen kann. Ich zünde mir eine Kippe an, ziehe genüsslich daran, und lasse den Qualm wieder frei.
Auch wenn ich erst seid ein paar Stunden hier bin, habe ich das Gefühl, dass es mir hier irgendwann in naher Zukunft gefallen könnte. Mom hat sich nie für mich oder meiner Leidenschaft interessiert, daher habe ich immer mein eigenes Ding gemacht. Seit ich denken kann, liebe ich Motorräder, egal in welcher Größe oder Farbe. Wobei mein Favorit immer eine KTM sein wird. Nachdem Tobias sich auch eine Kippe genommen hat, packe ich die Schachtel wieder weg, und warte was als Nächstes passiert.
Ich ziehe noch einmal an meiner Kippe, bevor ich die Glut zu Boden fallen lasse und sie austrete. Will gerade den Kippen Stummel in meine Tasche packen, als Tobias mir einen Aschenbecher hinhält. Ich nicke und lasse den Stummel in den Becher fallen. Nach dem wir fertig sind mit rauchen, schaue ich meinen Vater mit strahlenden Augen an.
„Wann geht es los?“, frage ich Tobias. „Jetzt. Eigentlich haben wir nur auf dich gewartet.“ Ich nicke. Sofort drückt Tobias einen Knopf an seinem Schlüssel, und vor uns geht ein riesiges Mettaltor auf. Die Garage ist mir vorhin bei meiner Ankunft gar nicht aufgefallen.
Vier schwarze Pickups stehen Seite an Seite und warten. Ich gehe auf den ersten zu und warte, bis auch Tobias sich in Bewegung setzt.
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Herbstfieber
RomanceSie hat sich zwei Jahre gegeben, um ihren Vater kennenzulernen! Zwei Jahre, um der Vergangenheit ihrer toten Mutter auf die Spur zukommen. Doch was sie nicht wusste, war, daß die Clique, wo sie dachte, dass es ihrer Freunde sind, sie so hintergehen...