Kapitel 8

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KATI

"Himmelherrgott noch einmal, was zum Teufel ist mit euch passiert?!" Als Zsuzsa Bela und mich am nächsten Mittag abholen kam, war sie mehr als nur geschockt, uns zu sehen. Mein blaues Auge und die Würgemahle am Hals und an den Armen waren genauso blau wie Belas Auge und seine Rippen, die allerdings im Moment nicht zu sehen waren, er lief ja schließlich nicht oberkörperfrei herum! Andor war ziemlich sauer gewesen, weil Bela und ich weggehen würden und so wie er nun einmal war, hatte er uns beide vermöbelt. Ich hatte nicht alles mitbekommen, er hatte es mal wieder geschafft, mich bewusstlos zu schlagen und dann sonst etwas mit mir zu machen, aber ich wusste, dass Bela ihn ebenso verschlagen hatte. Deswegen war Andor auch heute nicht gekommen, es verletzte (zum Glück) seinen Stolz, dass Bela ihn fertig gemacht hatte. Bela hatte mich darüber ausgefragt, was Andor mir alles angetan hatte, aber das Einzige, das ich sicher wusste, war, dass er mich bewusstlos geschlagen hatte. Mir tat zwar alles weh, besonders im Schritt, aber beweisen konnte ich nichts. Wobei es nicht das erste Mal war, dass Andor mich missbrauchte. Als Antwort auf Zsuzsas Frage fuhr Bela sich durch seine schulterlangen, hellbraunen Haare und grinste so schelmisch wie immer.
"Du solltest mal Andor sehen", grinste er, während Zsuzsa ausstieg, damit Bela fahren konnte. Sie hatte uns zwar bei mir zuhause abgeholt, aber wir hatten beschlossen, dass Bela fuhr, weil mein Vater sonst wahrscheinlich durchgedreht wäre. Er hielt von Frauen hinter dem Steuer nicht viel, auch nicht von mir.
"Andor?!", fuhr Zsuzsa ihn sauer an, als wir im Auto saßen und Bela vom Hof fuhr. "Ich hasse diesen Kerl! Wenn ich ihn das nächste Mal sehe, bringe ich ihn um!"
"Da wirst du dich gedulden müssen, mein Engel, den ersten Messerstich habe ich Kati versprochen", wandte Bela grinsend ein, Zsuzsa wandte sich daraufhin mir zu.
"Was hat er dir dieses Mal angetan, Kati? Welche dumme Ausrede hatte er dieses Mal?", fragte sie forsch. Sie wusste, wie sehr ich Andor hasste und unter ihm litt, aber auch sie war definitiv machtlos gegen ihn. Dennoch wollte ich ihr nicht direkt auf die Nase binden, was passiert war, also schüttelte ich den Kopf.
"Ist nicht so wichtig. Aber danke, dass du das heute für mich tust, das bedeutet mir viel", wehrte ich ab, sie seufzte und nickte.
"Gerne. Aber sag Bescheid, wenn du reden willst, ja? Ich bin immer für dich da", sagte sie und drückte mich an sich, ich lächelte sie an und erwiderte die Umarmung.
"Das weiß ich, danke", erwiderte ich.
"Und jetzt sag schon: Weswegen willst du wirklich in die Stadt?", fragte sie neugierig nach, nachdem sie mich wieder losgelassen hatte.
"Kati ist der Meinung, dass sie aufs Ganze gehen und unbedingt einen Amerikaner besuchen muss, den sie gestern auf dem Markt kennengelernt hat", antwortete Bela an meiner Stelle und ich konnte sehen, dass er die Augen verdrehte.
"Ein Amerikaner? Was willst du bei dem?", fragte Zsuzsa nun ebenso skeptisch nach.
"Wir haben uns einfach gut verstanden, ich mag ihn. Und ich würde ihm gerne unsere Sprache ein wenig beibringen, solange er hier ist, verstehst du? Er... will etwas in der Welt verändern, so wie ich, aber er hat die besseren Mittel dazu. Also will ich ihn unterstützen, das ist alles", erklärte ich ihr, sie lächelte und nickte.
"Verstanden. Und es liegt nicht auch ein wenig daran, dass du ihn vielleicht ganz nett findest? Ohne dir zu nahe treten zu wollen, aber neben Andor ist jeder nett und ich könnte es dir nicht verübeln, wenn du etwas bessere Gesellschaft haben möchtest", hakte sie nach, ich musste lachen. Zsuzsa und ich trafen uns vielleicht nicht oft und sie war auch um einiges älter als ich, aber sie wusste trotzdem immer genau, was in mir vorging. Ja, ich fand Jordan ganz süß und ich freute mich auf unser Treffen heute. Vielleicht hatte sie ja recht damit, dass er mir gefiel. Aber dank Andor konnte ich mir den Gedanken abschminken, eine Romanze anzufangen. Wenn er Bela und mich halb in den Tod prügelte, nur, weil er eine Vermutung hatte, wollte ich gar nicht wissen, was er erst tun würde, wenn sein Verdacht zutraf und es dazu noch um einen Amerikaner ging.
"Mag sein", gab ich verlegen zu und fuhr mir nervös durch die Haare. "Aber es ist nicht so, als hätte ich eine Chance. Andor würde Jordan umbringen, wenn er wüsste, dass er existiert. Also kein Wort zu ihm, ja? Er darf nichts hiervon wissen."
"Natürlich nicht, mach dir keine Sorgen. Wir gehen heute schließlich nur nach Kleidern für mich schauen, richtig?", beruhigte Zsuzsa mich und zwinkerte mir zu, ich lächelte und nickte.
"Genau", stimmte ich schnell zu.
"Aber ernsthaft, Kati, diese Aktion ist echt riskant. Versprich mir bitte, dass nach heute Schluss mit diesem Amerikaner ist. Ich verstehe, dass du von Andor weg willst, jeder wünscht sich das für dich, aber es ist zu riskant. Wenn er oder dein Vater rausfinden, was du tust, hast du ein großes Problem - von uns mal ganz zu schweigen! Du solltest Andors Geduld nicht auf die Probe stellen, du siehst ja, was er mit uns gemacht hat!", wandte Bela nun ernst ein, ich seufzte. Er hatte ja recht, ich sollte so ein Risiko nicht eingehen und erst recht nicht Zsuzsa und Bela mit hineinziehen, aber ich musste eben einfach zu Jordan und ihn besser kennen lernen. Er war zu interessant, um es nicht zu tun, außerdem musste ich dringend weg von zuhause und Andor. Egal wie.
"Es wird nichts passieren, versprochen", beeilte ich mich zu sagen. "Das mit Jordan ist auch nur eine einmalige Sache. Ich meine, als ob ich überhaupt die Chance dazu hätte, mich zu verlieben oder neue Freunde zu finden! Diese Möglichkeit hat Andor mir schon vor Jahren genommen."

Tödliche LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt