Das Monster

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Halli Hallo zum vorerst letzten Oneshot. :D
Das hier hab ich Oktober 2023 anlässlich Halloween geschrieben... ein durchwachsener Versuch, ein bisschen Grusel zu Papier zu bringen. ^^'' (Und Ja: Ich war hier sehr stark von supernatural beeinflusst xD ). Ich bin mit dem Ergebnis tatsächlich recht zufrieden - besonders, weil die wirklich großartige Leezetera hat es geschafft, dieser kleinen Geschichte mit ihrer wunderbaren stimme Leben einzuhauchen! <3 Wer da reinhören will, kann das gerne tun - entweder direkt auf YouTube oder oben einfach abspielen lassen. :D
In jedem Fall: Viel spaß damit!
Eure Lichti :D

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Kanada, in der nähe von Toronto, Oktober 2023

Das Monster lächelte und zog die Zündschlüssel aus dem betagten Pickup. Sofort erstarb der Motor mitsamt Scheinwerfern. Die plötzliche Dunkelheit war so allumfassend wie die Stille im herbstlichen Wald. Zufrieden stapfte das Monster durch den Matsch, in dem es den Pickup festgefahren hatte und zog das tote Rehkitz von der Ladefläche. Kurz blickte das Monster auf die dunklen Schlieren, die der Kadaver auf dem Metall hinterlassen hatte. Allein der Anblick weckte den Hunger. Und erst der Geruch.

Wie hypnotisiert streckte es die Hand aus und zog erst die Fingerspitzen durch die rote Schlieren, dann die ganze Hand. Geradezu, als hätte jemand versucht, sich verzweifelt irgendwo festzukrallen, geradezu ästhetisch. Hunger. Fast war das Monster versucht, sich das kalte Blut von der bleichen Hand zu lecken. Es lechzte danach. Doch den Rausch des Blutes konnte das Monster jetzt nicht brauchen. Für Rache brauchte man einen klaren Kopf.

„Schnappt die Falle zu, ist die Maus tot", flüsterte das Monster dem Kadaver zu, während es sich die Hand an dem Fell abwischte. „Aber bis dahin müssen du und ich die Maus erst noch anlocken", beendete es seine Überlegung. Mit diesem Vorsatz schliff das Monster de Kadaver hinter sich her bis zu der verlassenen Hütte, die von Anfang an das Ziel gewesen war.

Schwungvoll öffnete das Monster die Tür. Drinnen war es noch dunkler als draußen, doch das störte das Monster nicht. Die Dunkelheit barg schon lange keine Geheimnisse mehr. Trotzdem hatte es eine Schwäche für stimmungsvolles Ambiente. Das wertete selbst dieses Loch auf. Also stellte es eine einzelne, rote Kerze ins Fenster.

Das helle Flämmchen am Docht tanzte unruhig. Es sah aus wie eine Einladung, an jeden, den es in dieser kalten Oktobernacht in den Wald verschlug. Perfekt. Die Spur war ausgelegt, fehlte noch der Köder. Mit einem Lächeln, das keines war, drückte das Monster auf den Knopf der tragbaren Lautsprecher. Fast schon trommelfellzerreißend laut ertönte ein einzelner, markerschütternder Schrei, der abrupt endete.


„Ich sag dir: Das Vieh hat geschrieen wie am Spieß, nachdem ich es einmal in Benzin getunkt hab!", witzelte Igor und ließ den Strahl seiner Taschenlampe über den matschigen Waldboden gleiten. Anscheinend hatte irgendein schweres Auto hier tiefe Spuren hinterlassen. Vielleicht war es das, was sie schon seit Tagen suchten? Langsam folgte er den parallel laufenden Linien. Das Handy in seiner anderen Hand ließ er weiterhin auf Lautsprecher, während er sprach: „Mal was anderes. Ich glaub, ich hab hier was. Vielleicht führt uns das ja zu dem zweiten Vieh. Sie sind doch immer zu zweit, oder?"

„Okay", tönte es knarzend aus dem altmodischen, aber robusten Telefon. „Wo-"

AHHHHHHH!

Der Schrei gellte so laut durch den Wald, dass ein paar verdorrte Blätter zu Boden segelten, ehe er abbrach. Mit einem dumpfen Geräusch fiel Igors Handy zu Boden. „Was war das, Junge?", schnarrte eine knarzige Stimme alarmiert aus den Lautsprechern.

Der Jäger tastete nach dem Gerät auf dem matschigen Boden, während seine Taschenlampe hektisch über die Umgebung glitt. „Das war sie", murmelte er verstört. „Ich schwöre dir, das war Rebekah! Dieses Vieh hat-"

„Junge! Nein!", mahnte die alte Stimme. „Du weißt nichts! Warte auf uns! Wir sind gleich da."

„Aber- !"

„Noch mal: Nein! Allein kannst du nichts ausrichten."

Igor hörte die Worte. Und er wollte stehen bleiben. Doch die tiefen Spuren im Matsch zogen ihn tiefer und tiefer in den Wald. „Ja. Klar.", murmelte er abwesend. „Ihr seht meine Karre am Straßenrand. Ich guck mich nur kurz-"

„Igor! Verdammt! Hörst du mir zu? Das Vieh ist älter als wir alle zusammen und-"

In dem Moment kam der Jäger vor dem grauen Pick-up zum stehen. „Hier ist überall Blut...", hauchte er leise ins Telefon und starrte auf die schmierige Ablagefläche des Fahrzeugs. Trotz des übelkeiterregenden Geruchs beugte er sich vor und fischte ein paar lange, blonde Haare von der Fläche. Atemlos starrte er sie an, verzweifelt darum bemüht, das Zittern zu unterdrücken, das einen Körper erfasst hatte.

„Igor! Behalte einen klaren Kopf!", beschwor ihn die Stimme aus dem Handy. „Du-"

„Becky", flüsterte Igor mit dem bitteren Geschmack der Gewissheit auf der Zunge. „Es hat Becky. Oh mein Gott – ich wusste es! Ich muss-"

„Gar nichts weißt du! Hörst du? Wir sind gleich da, Igor!"

Aber Igor hatte die Verbindung unterbrochen.

Mit seiner Waffe in der einen und der Taschenlampe in der anderen Hand hetzte der Jäger durch den Wald. Der Weg war leicht zu finden. Er musste nur den Schleifspuren folgen, die sich auf dem feuchten Boden abzeichneten. Die roten Tropfen, die sich hin und wieder daneben fanden, trieben ihn zu immer größerer Eile. Becky. Seine Becky. Er hatte sie seit heute morgen nicht erreicht. Das Ding musste sie haben. Ganz sicher.

Eine gefühlte Ewigkeit später sah er ein warmes Leuchten in der Dunkelheit des Waldes glimmen. Automatisch wurde der Jäger misstrauisch. Trotzdem verlangsamte er kaum seine Schritte. In seinen Ohren klingelte noch immer der Schrei seiner Geliebten.

Erst als er die Kerze im Fenster sah, hielt er keuchend an. Doch es war nicht das Licht, das ihn zur Vorsicht mahnte, sondern das Vibrieren seines Handys in seiner Hosentasche. Die anderen. Sie würden gleich da sein. Es wäre besser auf sie zu warten. Klüger.

Trotzdem – war das wieder Blut auf den Boden? Gestresst fuhr er sich über die Augen. Er konnte doch nicht NICHTS tun, wenn seine Becky dort in der Hütte war! Vielleicht war es noch nicht zu spät. Aber wenn er noch länger wartete... Mit fahrigen Händen fasste er sein Telefon. Elf Anrufe in Abwesenheit. Igor drückte die Rückruftaste. „Wie lange braucht ihr? Kann doch nicht so schwer sein, zu dieser Bruchbude zu kommen!"

„Also ist es wirklich die Hütte? Warte, Junge. Wir sind gleich da."

Ohne zu antworten legte Igor auf, während er um die Hütte herumschlich.

Da. Ein Schatten im Fenster. Waren das blonde Haare? Vorsichtig trat er näher, doch ein Knacken ließ ihn herumfahren.

„Du?", hauchte der Jäger mit vor Entsetzen brechender Stimme.

„Iiiiigorrrrr", säuselte das Monster. „Ich kann nicht sagen, dass ich überrascht bin, dich hier zu sehen."

Dann rannte es auf den Jäger zu.

Dark SecretsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt