Mit einem heftigen Aufprall landete Yuna in der klammen Zelle und musste schmerzerfüllt ihr Gesicht verziehen.
„Kann man nicht sanfter mit 'ner Frau umgehen?" Die empörte Stimme Ravis kam aus der anderen Ecke der Zelle.
„Abschaum verdient nichts anderes. Wegen diesem Gör muss nun die Hinrichtung hinausgezögert und besprochen werden."
Der Aufseher spuckte ihr vor die Füße.
Dann verriegelte sich das Gitter mit einem Klicken und ein Kraftfeld aktivierte sich mit einem Summen zwischen den Gitterstäben.Die beiden blieben in der düsteren Kammer zurück, dessen Kälte durch ihre dünnen Baumwoll-Klamotten kroch.
„Herzlichen Glückwunsch, wir haben soeben unseren Tod unterschrieben." Yuna starrte gerade aus und reagierte nicht auf Ravis Worte. Sie hatte die dümmste Entscheidung ihres Lebens getroffen.
Was ist nur in mich gefahren?
„Na wenigstens sterben wir zu zweit", kommentierte der Rotschopf weiter.
Die junge Frau lehnte ihren Kopf an die feuchten Steine.
Ihre Schultern schmerzten, genauso wie ihr rechter Oberschenkel.Sie begann zu zittern. Gestern war alles normal gewesen, bis sie gegen Ravi gelaufen war.
Und nun saß sie hier, wartete auf ihre Hinrichtung.
Das hätte Großmama auch nicht gewollt und war das Gegenteil von dem, was ihr noch vor wenigen Minuten durch den Kopf geschossen war.Plötzlich legte sich eine wollige Wärme auf ihre Haut und ein sanfter Schein erhellte die Zelle.
Verwirrt blickte Yuna auf.
Der Schuldige stand vor ihr und es verschlug ihr den Atem.In seiner Hand war eine kleine Kugel aus Licht, die sein rotes Haar golden schimmern ließ.
Seine olivfarbene Haut sah aus, als hätte er viele Stunden in der Sonne verbracht und seine Mundwinkel waren perfekt geschwungen.Hektisch schüttelte sie den Kopf. Was waren das für Gedanken?
Indem sie einmal tief einatmete, zwang sie ihren Verstand kühl zu bleiben.„Gut, wenn wir sowieso an der Schwelle des Todes stehen, kannst du mir endlich verraten, wie du den geheimen Garten finden konntest."
Ein Stich bohrte sich in Yunas Herz. Ihre kleine Oase würde sie auch nie wieder genießen können.
„Offensichtlich bin ich ein Avino. Ich beherrsche Licht und Feuer." Sie zog eine Augenbraue hoch.
„Naja, mehr oder weniger. Du hast leider schon alles gesehen, was ich kann."„Und was hat es mit dem Garten zu tun?"
„Lass mich doch aussprechen!"
„Komm zum Punkt, wir haben nicht die ganze Nacht Zeit." Gereizt verschränkte sie ihre Arme vor der Brust.
„Ja, ja. Avinos können Gefühle spüren. Weil die sind halt wie Feuer. Und in diesem Garten waren Gefühle abgespeichert, die ich irgendwie gespürt habe."
„Du möchtest mir weiß machen, dass es nur ein Gefühl war?"
Sie fühlte in seinem Gedankenstrom, dass er nur die halbe Wahrheit erzählte. Wie ein Fluss in zwei Arme floss und sich ein Arm in einer Höhle verbarg.
Dann fiel ihr das Bild ein, das sie gesehen hatte.
„Ravi", sie wandte sich mit sanfter Stimme an ihn, „deine Mutter. Sie ist gestorben, als du klein warst, nicht wahr? Hatte sie eine Verbindung zu ... Großmama?"
An Großmama zu denken, fiel ihr noch immer schwer. Doch sie wollte, nein, musste dem allen auf den Grund gehen.
Schlagartig weiteten sich seine Pupillen.
„Woher...?" Mit weit aufgerissenen Augen starrte er sie an.Das Licht wurde etwas schwächer, als er bedrückt zu Boden schaute.
„Ja. Sie ist gestorben, als ich vier war. Deine Großmama war die Ziehmutter von ihr. Auch wenn ich sie nie getroffen hab'. Als ich bei dir war, da habe ich die gespeicherten Gefühle so gespürt, dass ich einfach nachsehen musste." Gequält blickte er Yuna an. „Ich kann mich kaum noch an sie erinnern. Mir ist nichts geblieben."
„Oh Ravi, es tut mir so leid." Yuna richtete sich auf und streckte ihre Hand nach ihm aus.
„Ist schon okay", winkte er ab, „immerhin darf ich mit dir paar Quadratmeter teilen."
Er grinste wieder, doch seine Augen blieben betrübt.
Yuna fasste sich ein Herz. „Ich denke, wir sollten nicht einfach aufgeben."
„Aber wie? Dieses Kraftfeld ist elementsicher. Hier könnte ein Tornado toben, aber nix würde geschehen. Was drin ist, bleibt drin."
Doch sie wollte nicht tatenlos aufgeben.
Sie atmete tief aus. Nun war es an ihr, die Wahrheit zu sagen.
Entschlossen griff sie nach ihrer silbernen Strähne.„Ravi, hör zu. Ich bin eine Amarin."
Erneut an diesem Abend weiteten sich seine Augen. „Du meinst das Räubervolk? Die Wasser und Manipulation nutzen, um alle Dörfer auszurauben?"
„Ja, genau die." Yuna war nie stolz auf ihre Abstammung gewesen. Deshalb hatte sie ihre Haare mit Kastanien gefärbt.
Sie blickte ihm ernst entgegen. Wenn ihre Gene ihr helfen konnten, sie hier herauszubringen, war sie bereit, sie zu nutzen.
Sein Lächeln wurde noch breiter.
„Gut, my Lady, was auch immer du vorhast, ich bin dabei. Was brauchen wir?"„Einen verdammt guten Plan."
DU LIEST GERADE
Mein Beitrag zum Ideenzauber 2024
Short StoryDies ist mein Beitrag zum Ideenzauber 2024