Die Straßen waren kalt, menschenleer und düster als Neuvillette Furina nach Hause eskortierte, die neben ihm hertorkelte. Allerdings schien es doch nicht so schlimm, wie er angenommen hatte, da sie auf dem Weg allmählich wieder munterer wurde. Nachdem sie Furinas Residenz erreicht hatten, machte Neuvillette ihr freundlicherweise die Tür auf, geleitete sie ins Haus und half ihr aufs Sofa. "Ich besorge Euch schnell ein Glas Wasser." Verkündete er und ging los. Die Küche war direkt neben dem Wohnzimmer, da war es nicht schwer zu finden, was er suchte.
Bisher war er erst ein einziges Mal bei Furina zu Besuch gewesen, jetzt wo sie hier lebte. Das war nach einem ihrer Auftritte, für den sie, wenig überraschend, sogar eine Auszeichnung verliehen bekam. Neuvillette war damals lediglich vorbei gekommen, um ihr zu gratulieren, woraufhin Furina ihn mehr oder weniger auf ein 'Kaffeekränzchen' ins Haus gezerrt hatte. Jedenfalls war das schon mehrere Monate her.
Wenig später kam er wie versprochen mit einem Glas Wasser in der Hand zurück und überreichte es Furina. Diese bedankte sich müde und trank einige Schlucke, bevor sie das Glas in den Schoß sinken ließ. "Kann ich Euch hier lassen, ohne dass Euch was zustößt?" Fragte Neuvillette besorgt. Furina nickte. "Klar, geh nur. Du wirst gebraucht." Sagte sie. "Das stimmt. Immerhin muss ich sicherstellen, dass auf dem Platz alles in bester Ordnung ist." Entgegnete er, drehte sich um und ging zur Tür. Bevor er die Klinke zu fassen bekam, sprach Furina erneut: "Von dem Ball rede ich gar nicht." "Wie meint Ihr das?" Fragte Neuvillette irritiert und sah sie mit dem Kopf zu ihr gedreht an. Furina kippte wie gedankenverloren das noch halbvolle Glas zwischen ihren Händen sacht hin und her.
Dann sah sie auf: "Tu nicht so ahnungslos. Der Herzog? Du warst doch so sehr in was auch immer ihr gemacht habt vertieft, dass du die Leute völlig vergessen hast, gib's doch zu!" Meinte sie. "Es stimmt wohl, dass ich viel Zeit mit ihm verbracht habe bisher, allerdings liegt das auch daran, dass wir uns zu heute verabredet hatten. Da ist das doch normal oder irre ich mich?" Verteidigte sich Neuvillette. Furina starrte ihn verblüfft an. "Wie jetzt, verabredet? Du verabredest dich außergeschäftlich mit Leuten?! Wer von euch beiden hat das Angebot denn gemacht?" Neuvillette mied verlegen den Blickkontakt. "Nun, Wriothesley hatte mich gefragt und... da ich persönlich nichts zu tun hatte, habe ich die Bitte angenommen." Erklärte er wahrheitsgemäß. Stille machte sich breit als Furina ihn weiterhin musterte. "Nun denn, ich gehe jetzt besser." Sagte Neuvillette flüchtig, legte die Hand auf die Türklinke und öffnete die Haustür. "Warte noch einen Moment! Ich muss dich was fragen." Rief Furina ihm nach.
Neuvillette drehte sich einfach gleich mit dem ganzen Körper zu ihr um. "Das da wäre?" "Du und der Herzog... wie steht ihr zueinander?" Neuvillette war überrascht über diese Frage. Er hatte ja wirklich mit allem gerechnet... "Pardon?" Kam die Gegenfrage. "Na, wie ihr zueinander steht." Wiederholte sie. "Ich meine, es scheint nicht gerade bloß professionell zu sein, sonst wärt ihr nicht gemeinsam auf dem Ball." Fuhr sie fort. "Das... das stimmt wohl. Nunja, Wriothesley und ich hegen in der Tat eine persönliche Beziehung, aber das ist alles." Furina reagierte mit Fassungslosigkeit. "Wie bitteschön definierst du denn 'persönlich'?!" Fragte sie verdutzt. "Hm? Naja, wir... kennen uns... persönlich?" Entgegnete Neuvillette verwirrt. Als hätte er schon eine Ahnung von solchen Sachen! Furina verstummte wieder, doch irgendwas lag ihr noch auf der Zunge, Neuvillette konnte das spüren.
"Sagt schon, was gibt es noch? Ich sollte nicht viel länger bleiben." "Weißt du... halt mich für verrückt, aber ich habe den Eindruck... du magst ihn mehr als du dir eingestehen willst." Antwortete Furina, scheinbar perplex über ihre eigene Aussage. Als Neuvillette ihr mit Verwunderung begegnete, fuhr sie fort: "Ich meine damit... mehr als nur persönlich und auch... mehr als freundschaftlich." Murmelte sie. Neuvillette mit seinem geschickten Gehör verstand sie allemal. "Das bedeutet?" "Dass ich den Eindruck habe, dass du... verliebt bist. Überleg doch nur mal, hättest du einem einfachen Kollegen oder Freund für heute Abend zugesagt?" Neuvillette sagte nichts. "Wie wärs mit Vautrin? Ihr wart damals Freunde und Arbeitskollegen. Wäre das ein ähnliches Szenario?" Fragte sie weiter. Urplötzlich fiel es Neuvillette wie Schuppen von den Augen. Nein. Nein, das hätte er sicher nicht. Nicht damals und auch nicht, wenn sein alter Freund zu dieser Zeit leben würde. Sie standen sich nah, natürlich, aber so nah? Was war bei Wriothesley also anders? War es wirklich, wie Furina sagte?
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Wenn der Damm bricht
FanfictionIn Fontaine steht ein Maskenball an. Wriothesley, der seit Jahren bereits ein Auge auf Neuvillette geworfen hatte, bekommt die Gelegenheit, endlich reinen Tisch mit ihm zu machen. Wären da nicht die Eigenheiten seines Schwarmes, die es ihm erschwere...